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Terapon Consulting: Kriminalpsychologe und Traumaspezialist Dr. Christian Lüdke über Opferbetreuung

01.11.2011 - Terapon Consulting: Kriminalpsychologe und Traumaspezialist Dr. Christian Lüdke über Opferbetreuung. Brutale Überfälle auf Rentner, Gewalt an Schulen – wer die Zeitung aufschlägt, ...

Terapon Consulting: Kriminalpsychologe und Traumaspezialist Dr. Christian Lüdke über Opferbetreuung. Brutale Überfälle auf Rentner, Gewalt an Schulen – wer die Zeitung aufschlägt, hat den Eindruck, dass Kriminalität und Gewalt auch in Deutschland zunehmen. Die Folgen für die Opfer sind häufig traumatisch. GIT SICHERHEIT hat sich darüber mit Dr. Christian Lüdke unterhalten. Dr. Lüdke ist Geschäftsführer der zur Kötter Unternehmensgruppe gehörenden Firma Terapon Consulting. Er zählt zu den renommiertesten Kriminalpsychologen und Traumaspezialisten in Deutschland.

GIT SICHERHEIT: Nehmen Gewalt und Kriminalität aus Ihrer Sicht in Deutschland zu oder ist dieser häufig zu hörende Eindruck falsch?

Dr. C. Lüdke: Diesen Eindruck haben viele Menschen, er lässt sich allerdings nicht durch die polizeiliche Kriminalstatistik belegen. Denn in der langfristigen Entwicklung ist die Kriminalitätsrate in Deutschland rückläufig. Trotz dieser Entwicklung gibt es aber nach wie vor Bereiche, die für erhebliche Aufmerksamkeit und Besorgnis sorgen. Dazu zählen speziell die Gewaltkriminalität von Jugendlichen und die Straßenkriminalität, die zugenommen haben.

Gewalt wird außerdem nicht nur körperlich, sondern oftmals subtiler durch psychische Gewalt ausgeübt. Dabei gibt es vielfältige weitere Bedrohungsformen durch Mobbing, Stalker u. ä. Führungspersonal kann darüber hinaus auch durch unzufriedene oder entlassene Mitarbeiter bedroht werden.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass sich – statistisch betrachtet – z. B. jeden Werktag Überfälle auf Bank- oder Postfilialen ereignen und zudem der Einzelhandel zunehmend zur Zielscheibe von Kriminellen wird. Aber dies sind nicht die einzigen Schlüsselerlebnisse, die zu einem Trauma führen können. Der schreckliche Unfall in einem Unternehmen, eine Naturkatastrophe oder eine lebensbedrohliche Erkrankung können das ganze Leben verändern, obwohl man selbst keine körperlichen Schäden erlitten hat.

Lassen sich solche Erlebnisse von den Betroffenen überhaupt jemals verarbeiten?

Dr. C. Lüdke: Dies hängt entscheidend vom Umgang mit dem Erlebten ab. Von zentraler Bedeutung ist, dass die Betroffenen noch vor Ort eine professionelle Betreuung erfahren und auch in den Folgewochen nicht mit dem Erlebten allein gelassen werden. Nur auf diese Weise lassen sich Langzeitschäden möglichst verhindern.

Wie sehen die Symptome solch traumatischer Erlebnisse aus?

Dr. C. Lüdke: Ein traumatisches Erlebnis zieht ganz außergewöhnliche und belastende Symptome nach sich. Rund ein Drittel der Betroffenen erkrankt auf Grund von Langzeitschäden wie z. B. Angstzuständen, Schlafstörungen, Erschöpfung oder Depression. Bei nicht wenigen führen die Folgen eines Traumas sogar zur Berufsunfähigkeit. Andere wechseln den Job, um nicht ständig an das Erlebte erinnert zu werden bzw. weil sie die Bilder des furchtbaren Ereignisses nicht mehr aus dem Kopf bekommen. So z. B. nach Banküberfällen und Geiselnahmen, bei denen das Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins besonders gravierend ist.

Nicht zuletzt gibt es einen großen Anteil – speziell bei Männern –, die glauben, sprichwörtlich zur Tagesordnung übergehen zu können. Gerade dies hat zumeist gravierende Konsequenzen, weil sich solche Erlebnisse eben doch nicht einfach verdrängen lassen.

… und das Thema Prävention?

Dr. C. Lüdke: Gerade der Gewaltprävention kommt eine zentrale Bedeutung zu. Dies bedeutet: Solche Situationen lassen sich nicht gänzlich vermeiden, wir können ihnen aber offensiv begegnen. Mit Verhaltenstrainings und Schulungsmaßnahmen vermittelt Terapon Consulting z. B. Methoden zur Deeskalation bei typischen Bedrohungssituationen in Beruf und Freizeit. Selbstbewusstes Auftreten ist dabei ein zentraler Schlüssel für die Gewaltprävention.

Darüber hinaus gilt es, Gefahren frühzeitig erkennen und einschätzen zu können.

Sie haben angeführt, dass die Prävention und Betreuung bei traumatischen Ereignissen auch wirtschaftlich erhebliche Relevanz hat.

Dr. C. Lüdke: Volkswirtschaftlich ist das Thema von erheblicher Bedeutung. Für das einzelne Unternehmen können die Kosten durch Krankheit, Ausfall bewährter Mitarbeiter und Stellenneubesetzung nicht selten mehrere zehntausend Euro betragen. Angesichts von jährlich über 200.000 Gewaltdelikten in Deutschland sowie zahlloser Unfälle etc. wird die Relevanz von Prävention und Opferbetreuung zusätzlich unterstrichen.

Dabei gilt: Nicht Schnelligkeit entscheidet bei der Herstellung der Gesundheit, sondern das richtige Timing.

Modernes Gesundheitsmanagement gilt zudem als Image- und Wettbewerbsfaktor.

Dr. C. Lüdke: Dies ist tatsächlich ein weiterer zentraler Punkt: Durch entsprechende Präventionsangebote und umfassende Betreuung bei traumatischen Ereignissen können Unternehmen ihr Verantwortungsbewusstsein gegenüber den eigenen Mitarbeitern und Kunden unterstreichen.

Wie sieht ein solches professionelles Gesundheitsmanagement aus?

Dr. C. Lüdke: Heilung und Prävention sind kein Zufall. Dies heißt: Wir können das Erlebte zwar nicht verhindern, die Folgen sehr wohl aber reduzieren. Hierfür bietet Terapon Consulting ein breites Spektrum, das von Beratung und Risikoanalysen über Diagnostik bis hin zu Akutintervention und Rehabilitation reicht.

Können Sie diese Angebote näher erläutern?

Dr. C. Lüdke: Im Rahmen der Prävention entwickeln wir für unsere Partner Konzepte, wie sie Mitarbeiter möglichst optimal auf mögliche Krisensituationen vorbereiten können. So finden z. B. Trainings statt, bei denen die Teilnehmer das Verhalten in und den Umgang mit entsprechenden Ereignissen lernen. Wichtiger Bestandteil ist zudem ein psychologischer Check-up, wie er analog zur Kontrolle der körperlichen Belastbarkeit längst Standard ist.

Im Zuge der Risikoanalyse bieten wir den Kunden durch moderne und wissenschaftlich abgesicherte Verfahren eine zuverlässige und sichere Prognose auf höchstem Niveau und mit Langzeitwirkung.

Wenn es zu einem solch einschneidenden Vorfall kommt: Wie kann den Betroffenen schnell und wirksam geholfen werden?

Dr. C. Lüdke: Im Mittelpunkt steht hier die sog. Akutintervention, bei der die Opfer von Gewalttaten, Arbeitsunfällen etc. noch vor Ort betreut werden. Ziel ist es, durch eine schnelle psychologische Hilfe das Entstehen von Langzeitfolgen zu verhindern.

Dabei gibt es professionelle Hilfe aus einer Hand: psychologische Akutbetreuung, Diagnostik, Vermittlung ambulanter oder stationärer Therapien und Rehabilitation bis zur Genesung. Unser bundesweites Netzwerk erfahrener Psychologen ist per Hotline rund um die Uhr zu erreichen.

Unsere Philosophie richtet sich darauf, die Ressourcen der Betroffenen und ihre individuellen Stärken zu fördern. Denn jeder Mensch hat seine eigenen Mechanismen, wie er ein solches Erlebnis am besten verarbeitet. Der eine braucht viel Abstand zum Erlebten, während es dem anderen z. B. hilft, möglichst schnell wieder am Berufsleben teilzunehmen.

An wen richten sich die Angebote?

Dr. C. Lüdke: Die Angebote richten sich unter anderem an Kreditinstitute und den Handel, die in besonderem Maße von Überfällen betroffen sind. Gleiches gilt für die Logistikbranche, wo Berufskraftfahrer wegen der wertvollen Lkw-Fracht häufig zur Zielscheibe krimineller Akte werden.

Allerdings zielen die Betreuungsangebote nicht allein auf Gewaltakte und ähnliche Krisenereignisse ab. Auch andere Unternehmen und Institutionen können auf die Kompetenzen der Experten vertrauen – etwa, wenn es um den Schutz vor Mobbing und Hilfen nach schweren Unfällen geht oder internationale Konzerne ihre Mitarbeiter auf den Einsatz in Krisenregionen vorbereiten wollen.

Bei Umfragen steht aber nicht die Angst vor Kriminalität an erster Stelle, sondern vor wirtschaftlichen Veränderungen.

Dr. C. Lüdke: Dies ist in der Tat ein äußerst wichtiges Themenfeld, wenn es um psychisch belastende Ereignisse geht. Immer mehr Arbeitnehmer sehen sich mit wachsenden Anforderungen konfrontiert bzw. fürchten, diese nicht erfüllen zu können und haben Angst um den Arbeitsplatz. Unser umfassendes Gesundheitsmanagement beinhaltet deshalb unter anderem auch die Schulung in Mitarbeiterführung und die Begleitung tief greifender Umstrukturierungsprozesse in den Unternehmen.

Und sind die Erfolge von Prävention und professioneller Betreuung auch messbar?

Dr. C. Lüdke: Die Wirksamkeit der Maßnahmen wird durch konkrete Zahlen belegt. Bei dem oben angeführten Drittel von Patienten mit schweren seelischen Belastungen kann die Zahl derjenigen, die dauerhaft unter einem chronischen Trauma leiden, durch intensive Betreuung auf unter zehn Prozent reduziert werden.

Herr Dr. Lüdke, vielen Dank für das Gespräch.

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