Brandschutz

Wie man mit spezifischen Brandrisiken von Lithium-Ionen-Akkus umgeht

27.09.2022 - Neben vielen Vorzügen haben die kompakten Lithium-Ionen-Akkus in Elektrogeräten auch einige Nachteile: Sind sie beschädigt, können die Akkus in Flammen aufgehen oder explodieren. Ein Beitrag von Jörg-Uwe Strauß, Geschäftsführer Deutsches Institut für vorbeugenden Brandschutz (DIvB).

Kabellos, handlich, leistungsstark – Elektrogeräte mit eingebauten Lithium-Ionen-Akkus sind aus privaten Haushalten und aus Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Neben vielen Vorzügen haben die kompakten Energiepakete in Mobiltelefon, Laptop, Bohrmaschine oder Akkuschrauber jedoch auch einige Nachteile: Sind sie beschädigt, können die Akkus in Flammen aufgehen oder explodieren. Da mit den E-Bikes, Pedelecs sowie den Hybrid- und Elektroautos der Mitarbeiter zahlreiche weitere, große Lithium-Ionen-Akkus auf dem Betriebsgelände anzutreffen sind, wird es für Unternehmer, Brandschutz- und Sicherheitsbeauftragte Zeit, sich mit deren Risiken und insbesondere dem Brandschutz zu beschäftigen.

Ein Lithium-Ionen-Akkumulator, auch Lithium-Ionen-Akku genannt, ist ein wiederaufladbarer Speicher von elektrischer Energie mit elektrochemischen Zellen auf der Basis von Lithium-Verbindungen. Im Vergleich zu anderen Akkumulatortypen haben Lithium-Ionen-Akkus unter anderem eine höhere spezifische Energie, sie können bei vergleichbarem Gewicht eine größere Energiemenge speichern und wieder abgeben. Teilladungen und -entladungen mindern ihre Leistung kaum, man spricht daher von einem geringen Memory-Effekt. Außerdem ist ihre Lebensdauer größer als die herkömmlicher Akkus. Ihre so genannte Zyklenhaltbarkeit, die Anzahl der möglichen Vollladungen bis zum Ablauf der Lebensdauer, ist deutlich höher.


Brandrisiko Selbstentzündung

Spezifische, von Lithium-Ionen-Akkus ausgehende Gefahren sind die Selbstentzündung sowie heftige Brandereignisse in Verbindung mit einer schnellen Brandausbreitung, hohen Temperaturen und der Freisetzung giftiger und zerstörerischer Gase. Als besonders riskant gilt die Ladephase. Während dieser entstehen die meisten Akkubrände. Solche Brände sind vor allem bei kleineren Akkus so lange unproblematisch, wie sich eine Brandausbreitung gefahrlos verhindern lässt. Ein brennender Laptop, der bei ersten Anzeichen eines möglichen Brandes auf einer feuerfesten Fläche im Freien abgestellt wurde, stellt kein großes Risiko für das Unternehmen und seine Mitarbeiter dar. 

Brand- und Löschversuche haben zwischenzeitlich gezeigt, dass Brände von Lithium-Ionen-Akkus grundsätzlich mit dem Löschmittel Wasser beherrschbar sind. Einen brennenden Akku löscht man möglichst lange mit Wasser. Die Besonderheit: Sind die Flammen gelöscht, muss weiter gekühlt werden. Einmal entzündet können die einzelnen Zellen von Lithium-Ionen-Akkus nämlich zeitverzögert reagieren, indem sie intakte Nachbarzellen in Brand setzen. Solange die chemischen Prozesse im Inneren der Akkuzellen andauern, kann es zu neuer Flammenbildung kommen.


Brandrisiken vermeiden

Um das Brandrisiko zu verringern, sollten Mitarbeiter die Geräte mit Lithium-Ionen-Akkus verwenden, die wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen kennen. Die Geräte sollten mitsamt Ersatzakkus und Ladezubehör stets auf einer nichtbrennbaren Unterlage geladen und gelagert werden. Ebenso wichtig ist ein ausreichender Abstand zu brennbaren Materialien. Eine regelmäßige Sichtprüfung auf Beschädigungen hilft ebenfalls Brandrisiken zu vermeiden. Dasselbe gilt für den Fall, dass ein Akkugerät nach einem harten Aufprall plötzlich nicht mehr funktioniert. Besteht der Verdacht einer Beschädigung, muss das Gerät beziehungsweise der Akku umgehend ausgetauscht und das defekte Teil sicher gelagert werden. 

Wird ein Lithium-Ionen-Akku ungewöhnlich heiß, verformt er sich oder tritt Elektrolytflüssigkeit aus, ist höchste Vorsicht geboten. Bis zu ihrer fachgerechten Entsorgung sollten solchermaßen beschädigte Akkus sicherheitshalber in einem wassergefüllten Behälter aufbewahrt werden. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn ein Lithium-Ionen-Akku bereits in Brand geraten ist. Auch hier gilt: Mit Wasser kühlen und idealerweise vollständig damit bedecken und bei größeren Akkus wie zum Beispiel denen von Elektrofahrzeugen umgehend die Feuerwehr informieren. So kann aus dem Akkubrand kein Firmenbrand werden.


Höhere Brandwahrscheinlichkeit

Während die Brandrisiken von betrieblichen genutzten Lithium-Ionen-Akkus inzwischen aus jahrelanger Praxis bekannt sind, stellt der fortschreitende Ausbau der Elektromobilität (E-Mobilität) Unternehmer, Brandschutz- und Sicherheitsbeauftrage vor zusätzliche Herausforderungen. Immer mehr Mitarbeiter legen den Arbeitsweg mithilfe von E-Bikes, E-Rollern, Hybrid- und Elektroautos zurück. Mit der Anzahl der Elektrofahrzeuge wächst auch der Bedarf an entsprechenden Lademöglichkeiten auf dem Firmengelände und gleichzeitig die statistische Wahrscheinlichkeit, dass der Lithium-Ionen-Akku eines dieser Fahrzeuge in Brand gerät. 

Während in vielen Betrieben das Aufladen von Smartphones oder anderen privaten, akkubetriebenen Geräten inzwischen schon zur (oftmals stillschweigend) geduldeten Praxis entwickelt hat, sollten Unternehmer für das Laden von Elektrofahrzeugen klare Regeln aufstellen. Unabhängig davon, dass die Nutzung des auf dem Betriebsgelände vorhandenen Stroms allein dem Unternehmen zusteht und von diesem auch bezahlt werden muss: Die elektrische Infrastruktur muss auf die Belastung weiterer Ladevorgänge ausgelegt sein. Sonst drohen zusätzliche Brandrisiken, die nicht in Zusammenhang mit der Akkutechnik stehen. Werden zum Beispiel mehrere Elektrofahrzeuge über eine Mehrfachsteckdose geladen, ist ein Kabelbrand quasi vorprogrammiert.


Sicheres Laden

Die Belegschaft muss daher darüber aufgeklärt werden, ob und in welcher Form das Unternehmen das Laden von Elektrofahrzeugen gestattet. Um gute Fachkräfte zu halten und für neue Mitarbeiter attraktiv zu sein, richten immer mehr Arbeitgeber Ladestationen für die Fahrzeuge ihrer Mitarbeiter sowie die ebenfalls zunehmend elektrifizierten, firmeneigenen Dienstwagen ein. Dass diese idealerweise im gut belüfteten Freien und fernab von anderen Fahrzeugen oder Firmengebäuden liegen sollten, liegt auf der Hand. Ideal wäre ein separater, abgegrenzter Parkplatz mit hinreichendem Abstand zu brennbaren Materialien. 


Schwieriges Löschen

Ladestationen in Tiefgaragen sind dagegen als wesentlich problematischer anzusehen. Mit dem Einbau der Ladetechnik sollte dort auch die Brandschutztechnik überprüft und angepasst werden. Für die Löschung eines brennenden Elektroautos wird zum Beispiel wesentlich mehr Wasser benötigt als für ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, was eine entsprechend leistungsfähige Versorgung der Tiefgarage mit Wasser für den Löschangriff der Feuerwehr erfordert. Da die Lithium-Ionen-Akkus in der Regel unter dem Fahrzeug verbaut sind, bleiben Sprinkleranlagen in der Brandbekämpfung meist wirkungslos. Zudem ist ein spezieller wassergefüllter Kühlcontainer für den Abtransport des Fahrzeugs erforderlich. 

Aufgrund der eingeschränkten Deckenhöhe lässt sich ein in Brand geratenes Hybrid- oder Elektroauto von der Feuerwehr jedoch häufig nicht wie sonst üblich in dem Container versenken. Auch die Entlüftung einer Tiefgarage von größeren Mengen schlagartig freigesetzter, giftiger Brandgase sowie die Entsorgung von kontaminierten Löschmitteln ist problematisch. Daher empfehlen Brandschutzexperten für Ladebereiche in Tiefgaragen die Bildung von Brandabschnitten, die durch feuerfeste Materialien eine Ausbreitung des Brandes verhindern können. Auch sollte die Anschaffung spezieller Löschtechnik für die Bekämpfung von E-Fahrzeugbränden erwogen werden.


Gesetzgeber ist gefragt

Wer bei der Einrichtung von firmeneigenen Ladestationen Hilfe braucht, kann sich an einen Brandschutzfachplaner, Brandschutzsachverständigen oder die Feuerwehr wenden. Die aktuelle Gesetzgebung ist in puncto Brandschutz wenig aussagekräftig, da sie mit der Verbreitung von größeren Lithium-Ionen-Akkus und ihrer Ladetechnik bislang nur bedingt Schritt gehalten hat. 

Um deren neuartigen und speziellen Brandschutzanforderungen gerecht zu werden, wird eine Änderung beziehungsweise Ergänzung zahlreicher Rechtsnormen erforderlich: Angefangen von der Muster-Bauordnung und den Bauordnungen der Länder, sowie der Musterverordnung den Bau und Betrieb von Garagen und Stellplätzen, über den Erlass allgemeiner Sicherheitsauflagen für den Handel, der Rechtsnormen zur Lagerung und zum Transport von Lithium-Ionen-Akkus, Regelungen für die Verwendung von ausgedienten Fahrzeugbatterien als stationäre Stromspeicher, bis hin zur Entsorgung und zum Recycling sind viele Themen rund um die Akkus noch ungeregelt. 

Brandschutzverbände wie das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz (DIvB) versuchen derzeit die in der Praxis erworbenen Erfahrungen verschiedener Anspruchsgruppen aus Verbänden, Herstellern, der Feuerwehren und der Politik zu bündeln, damit die wachsende E-Mobilität sowie die weitere Verbreitung der Lithium-Ionen-Akkutechnik nicht zulasten des Brandschutzes gehen.

Kontakt

Deutsches Institut für vorbeugenden Brandschutz e.V. (DIvB)

Brunnenstr. 156
10115 Berlin
Deutschland

+49 3025732102