Security

Wenn Einbruchschutz nach hinten losgeht

10.10.2022 - Sascha Puppel, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, stellt aktuelle Überwindungsarten von
Einbruchmeldeanlagen und entsprechende Gegenmaßnahmen vor.

Corona-Schutzmaßnahmen sollen vor der Infektion schützen – sie schützen aber unter Umständen auch den Täter vor der Detektion. Seit Herbst 2020 – und verstärkt seit 2021 – mussten wir mehrere Überwindungen von Einbruchmeldeanlagen im Bereich des Einzelhandels begutachten. Insbesondere Kassenbereiche werden seit dem Ausbruch der Pandemie mit Covid-19-Schutzmaßnahmen ausgestattet wie Schutzwände aus Glas, Plexiglas oder transparenter Folie, um Kunden und Mitarbeiter vor Infektionen durch Tröpfchen in der Atemluft bzw. Aerosole zu bewahren.

Diese Schutzmaßnahmen haben auch Täter mittlerweile für sich als ganz eigene Art des Schutzes vor einer Detektion durch Bewegungsmelder von Einbruchmeldeanlagen erkannt und schätzen gelernt. Insbesondere durch das oftmals umfangreiche Abschotten von Kassenbereichen mittels solcher zum Teil zwei oder mehr Meter hohen Abtrennungen, sind die hier installierten Bewegungsmelder stark im Überwachungsbereich eingeschränkt, da die klassischen Infrarot-Bewegungsmelder diese nicht durchdringen können. Somit ergeben sich in der Praxis oftmals große Überwachungslücken, welche Täter für ihre Zwecke ausnutzen.

Gegenmaßnahmen aufzeigen

Errichter von Einbruchmeldeanlagen, aber auch Planer sollten ihre Kunden hierüber informieren und mögliche Gegenmaßnahmen aufzeigen. Oftmals ist in der Praxis eine solche Anpassung durch das Versetzen oder das Ergänzen von Bewegungsmeldern möglich. Infrarot-Bewegungsmelder mit einer Vorhangoptik, die nur einen schmalen Detektionsbereich haben, sind oftmals deutlich feinmaschiger und können somit kleinere Bewegungen in schmalen Detektionsbreiten detektieren. Eine solche Überwachung auf Durchstieg ist insbesondere bei langsam auf dem Boden kriechenden oder gebückt gehenden Tätern von wesentlicher Bedeutung.

Hier ist jedoch zu prüfen, ob der geplante Vorhangmelder auch für die Überwachung auf Durchstieg durch VdS zertifiziert wurde und welchen maximalen Überwachungsbereich der Melder für diesen Zweck hat. Oftmals haben Vorhangmelder zur Überwachung auf Durchstieg eine verminderte Reichweite (z. B. normale Detektionsreichweite 25 m, bei Überwachung auf Durchstieg 10 m). Hinzu kommt, dass Infrarot-Melder mit Vorhangoptik meist geringere Detektionsbreiten benötigen. Somit können ­schmale Bereiche z. B. Gänge zwischen oder vor Kassen, aber auch zwischen Verkaufsständern etc. deutlich zuverlässiger überwacht werden.

Weiterhin sollten bei allen Instandhaltungsarbeiten (Inspektion, Wartung, Instandsetzung, Verbesserung) durch Techniker darauf geachtet und entsprechende notwendige Anpassungen mit dem Kunden besprochen werden. Dies gilt auch für die Begehung. Die Begehung liegt gemäß DIN VDE 0833-1 in der Verantwortung des Betreibers, jedoch im Sinne der VdS-Richtlinie 2311 (Einbruchmeldeanlagen, Planung und Einbau) ist die Begehung Bestandteil der Inspektion und somit durch die Fachfirma auszuführen. Im Rahmen der Begehung ist im Wesentlichen zu prüfen, ob bauliche oder nutzungstechnische Änderungen erfolgt sind und ob Beschädigungen, Verschmutzungen vorliegen. Dies gilt insbesondere für alle störenden Beeinflussungen, die die Einbruchmeldetechnik nicht selbstständig erkennen und nicht betriebsmäßig auswerten kann.

Verdrehte Melder

Die Veränderung des Überwachungsbereichs durch das Verdrehen von Bewegungsmeldern nimmt bei den Tätervorgehensweisen zur Überwindung von Einbruchmeldeanlagen deutlich zu. Mit steigender Tendenz mussten wir in den vergangenen Jahren in unterschiedlichsten Objekten und Betriebsarten Einbruchschäden in Verbindung mit überwundenen – also nicht ausgelösten – Einbruchmeldeanlagen begutachten. Hierbei versuchen Täter die Lage bzw. die Ausrichtung der Melder für ihre Zwecke zu verändern. Dies erfolgte zum Teil im Tagbetrieb, als Kunde, Gast oder Museumsbesucher getarnt, als auch in der Nacht durch unterschiedlichste Hilfsmittel.

Werden Bewegungsmelder nicht ausreichend mechanisch stabil befestigt, so lassen sich diese ggf. leicht verdrehen oder anderweitig die Überwachungsbereiche verändern. Dies gilt insbesondere für Melder, die nicht direkt mit der gesamten Montagefläche auf die Wand oder mittels der meist um 45° abgeschrägten Seitenflächen in eine Raumecke montiert werden können. Werden Melder beispielsweise im 45° Winkel lediglich auf einer Seitenfläche befestigt, so lassen sich diese oftmals mit geringem Kraftaufwand verdrehen oder nach oben drehen. Diesen Umstand nutzen Täter gerne aus, um durch eine solche Lageveränderung den Überwachungsbereich des Melders zu ihren Gunsten anzupassen. Abhilfe schafft hier eine sinnvolle Auswahl des Montageortes, der Befestigungsart und eine Abhebeüberwachung des Melders.  In der Praxis werden leider oftmals Melder mit einer Abhebeüberwachung nicht entsprechend der Montageanleitung installiert und somit ist diese Überwachung dann nicht funktionstüchtig. Hier gilt der Slogan: „Montageanleitung lesen, bringt kein Unglück!“ Kugelgelenke an Bewegungsmeldern sind leider oft kontraproduktiv, wenn diese nicht über eine ausreichende Stabilität verfügen.

Fazit

Die dargestellten Überwindungsarten waren in den meisten der begutachteten Schäden für den Täter von Erfolg gekrönt. Bei der Planung und Projektierung von Einbruchmeldeanlagen sollten mehrstufige Überwachungsmaßnahmen (Stichwort: Gürtel und Hosenträger) realisiert werden. Die möglichen Überwachungsmaßnahmen müssen auf Basis eines allumfassenden Sicherheitskonzeptes zielgerichtet geplant und bei Änderungen ggf. angepasst werden.

Kontakt

Sachverständigen- und Planungsbüro Sascha Puppel GmbH

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