Safety

LED-basierte Beleuchtung des Tamoios-Tunnels in Brasilien

12.10.2022 - Eine Lösung von Phoenix Contact steuert die LED-Beleuchtungen von Schréder situationsgerecht mit einer Kombination aus der Anschaltelektronik Lumgate und der Dali-Technologie.

Im brasilianischen Bundesstaat São Paulo schlängelt sich die Autobahn Rodovia dos Tamoios durch den Gebirgszug Serra do Mar. Vier Tunnel sollen die Verbindung vom Atlantik zum Landesinneren künftig kürzer und damit schneller machen. Eine Lösung von Phoenix Contact steuert hier die LED-Beleuchtungen von Schréder situationsgerecht. Dazu wird eine Kombination aus der Anschaltelektronik Lumgate und der Dali-Technologie verwendet.  

Die 82 Kilometer lange Serpentinenstraße Rodovia dos Tamoios, die sich durch den brasilianischen Regenwald windet, gehört zu den landschaftlich reizvollsten Verkehrswegen des Bundesstaats São Paulo. Führt sie entlang der steilen Klippen des Gebirgszugs Serra do Mar, bietet sie den Autofahrern einen traumhaften Blick auf die Ostküste des Atlantiks. Der Straßenname erinnert an die Tamoio, eine ethnische Gruppe der ursprünglichen Indianerstämme, die um 1500 die Küsten von Santos bis Espírito Santo bewohnten. Vier neue Tunnelanlagen sollen die wunderbare Aussicht nicht verwehren, aber die Fahrt zwischen der Küstenstadt Caraguatatuba und der Technologiemetropole São José dos Campos im Landesinneren verkürzen und zudem sicherer gestalten. Bei einem der Tunnel handelt es sich sogar um das längste entsprechende Bauwerk in Südamerika. 


Fertig konfektionierte Verkabelung

In den neu gebauten Tunnelanlagen setzt der Betreiber auf die LED-Beleuchtung des belgischen Leuchtenspezialisten Schréder. Gemeinsam mit Phoenix Contact hat das Unternehmen die komplette Beleuchtungsanlage geliefert. Der Blomberger Automatisierungsanbieter stellte dabei die gesamte Systempalette für die Bereiche Beleuchtungsautomatisierung und Verbindungstechnik zur Verfügung. Die zusammen entwickelten Lösungen ermöglichen eine schnelle und effiziente Installation und Inbetriebnahme vor Ort. Aufgrund des großen Leistungsspektrums sowie flexibel parametrierbarer Automatisierungskonzepte lassen sie sich nahezu weltweit einsetzen.     

Die Planung der Elektroinstallation wird beispielsweise durch Nutzung des QPD-In-stallationssystems erheblich reduziert. Die für die Tamoios-Tunnel notwendigen Leitungen sind dazu fertig in der jeweils erforderlichen Länge sowie mit Steckern konfektioniert und der relevanten Beschriftung versehen auf die Baustelle transportiert worden. Mit der bewährten Quickon-Anschlusstechnik verringert sich die Anschlusszeit für die Spannungsversorgungen der LED-Leuchten oder der im Tunnel befindlichen Treiberschränke somit deutlich. Das gilt auch für den Aufbau der Busstränge für die RS422-Netzwerke oder die Dali-Kommunikation. Integrierte Phasendrehungen in den Leistungsanschlusssystemen sorgen für eine gleiche Belastung der einzelnen Phasen. Das Quickon-Installationssystem arbeitet folglich nach dem Plug-and-Play-Prinzip.


Hohe Verfügbarkeit der Beleuchtung

Die Ein- und Ausfahrtbeleuchtung der Tunnelanlagen muss auf die unterschiedlichen Lichtverhältnisse eingestellt werden. Es sind also intelligente Beleuchtungslösungen notwendig, um die Augen der Tunnelnutzer so sanft wie möglich an die Helligkeitsunterschiede heranzuführen. Schréder und Phoenix Contact haben hier ein umfassendes System entwickelt, das dieser Anforderung gerecht wird. Wesentliches Ziel der beiden Unternehmen war es, die LED-Leuchten effizient an ihrem besten Arbeitspunkt betreiben zu können, somit Energie einzusparen. Darüber hinaus sollten die einzelnen LED-Leuchten kontinuierlich überwacht und damit eine hohe Verfügbarkeit der Beleuchtung erreicht werden. Ist die Beleuchtung zum Beispiel in der Nacht erheblich herunterzudimmen, schaltet das Steuerungssystem bestimmte Leuchten aus und erhöht die Lichtstärke der verbleibenden Leuchten entsprechend. 

Auf diese Weise verlängert sich deren Lebensdauer, der Leistungsfaktor wird optimiert und die Blindleistung reduziert. In diesem Zusammenhang finden weitere Faktoren wie die Reinigungsintervalle oder altersbedingte Verluste Berücksichtigung. Die Anschaltelektronik Lumgate misst und überwacht ferner den Strom der einzelnen Leuchten. Dazu hat Schréder Lumgate direkt in die Leuchten oder die zugehörigen Treiberkästen eingebaut. Die Anschaltelektronik erlaubt dann die herstellerunabhängige Ansteuerung von frei wählbaren LED-Treibern. 

Über eine RS422-Schnittstelle kommuniziert Lumgate per Bussystem mit dem ATS-4-Masterschaltschrank. ATS steht dabei für Advanced Tunnel Solution. Im Schaltschrank befindet sich ein umfangreiches System, das sich einfach parametrieren und an die jeweiligen Anforderungen anpassen lässt – und das ohne eine Adaption der Software. Auf diese Weise beschleunigt sich die Inbetriebnahme. 

Der Betreiber kann die Ansteuerung der einzelnen LED-Leuchten für jeden Lichtpunkt separat festlegen. Zu diesem Zweck sind 50 vordefinierte Szenarien geschaffen worden, wobei spezielle Anforderungen durch höher priorisierte Ereignisse – beispielsweise einen Unfall im Tunnel – abgedeckt werden. Das System, das sich selbst adressiert, lässt sich durch den ATS-4-Schaltschrank überwachen. Verschiedene Funktionen – wie der Commissioning Mode – unterstützen bei der Inbetriebnahme. Integrierte Schnittstellen ermöglichen einen einfachen Datenaustausch mit dem überlagerten Tunnelleitsystem. 


Einfache Adressierung der Dali-Treiber

Um die Grundbeleuchtung in den Tunnelanlagen steuern zu können, setzt der Betreiber eine weitere Lösung von Phoenix Contact ein: das ATS-4-Dali-System. Aus einem Schaltschrank bestehend kommuniziert es über das vorhandene Tunnelnetzwerk mit sogenannten Dali-Boxen. Von diesen Boxen ausgehend lassen sich bis zu acht Dali-Buslinien aufbauen, welche die Daten mit der in die LED-Treiber eingebauten Dali-Schnittstelle austauschen. Die Dali-Boxen sind in den Technikräumen der Tunnelanlagen installiert; die Dali-Busleitung darf eine maximale Länge von 250 Meter haben. Auch in diesem Fall kann der Betreiber auf ein bestehendes Kabelsystem zurückgreifen. Nachdem die Installation abgeschlossen ist, wird das Dali-System ebenfalls über das am ATS-4-Dali-Masterschaltschrank angebrachte Bediengerät parametriert und überwacht. Aufgrund der vielen hilfreichen Funktionen gestalten sich die Adressierung der Dali-Treiber sowie die Inbetriebnahme unkompliziert. 

Zur Adressierung der Dali-Treiber hat Phoenix Contact ein entsprechendes System entwickelt, über das sich die einzelnen Treiber automatisch adressieren und kontrollieren lassen. Eine manuelle Adressvergabe ist also nicht mehr erforderlich. Ebenso wie der ATS-4-Masterschaltschrank kann das ATS-4-Dali-Mastersystem einfach über eine Aktivierung in der Visualisierung an überlagerte Systeme angebunden werden. Sämtliche Tunnellösungen basieren somit auf einem einheitlichen Standard. 


Fehlerfreie Steuerung auch ohne Verbindung zum Leitsystem

Zur Umsetzung der speziellen Anforderungen des Betreibers an die unterschiedlichen Tunnelprojekte hat Phoenix Contact das Tunnel Control System (TCS) konzipiert. In jedem Tunnel des Tamoios-Projekts ist TCS als Single Point of Entry für die Tunnelleitzentrale verbaut worden. Alle unterlagerten Systemlösungen der ATS-4-Master und ATS-4-Dali-Master kommunizieren über ihre vorhandenen Schnittstellen und das Tunnelnetzwerk mit dem Tunnel Control System. TCS tauscht sich wiederum mit der Tunnelleitzentrale aus und steuert den Datentransfer zu sämtlichen unterlagerten Einheiten. Das Tunnel Control System ist derart aufgebaut, dass es die Beleuchtung auch ohne Verbindung zum Tunnelleitsystem fehlerfrei steuert. Sollte das gesamte Netzwerk ausfallen, arbeiten die verschiedenen Systeme eigenständig weiter. Optional ist es möglich, dass TCS weitere Steuerungsaufgaben in den Tunnelanlagen übernimmt, zum Beispiel die Belüftung oder Drainage. Bei Bedarf kann das Tunnel Control System redundant aufgebaut werden. 

Nach jahrelanger Bauzeit wurden die vier Tamoios-Tunnel im Frühjahr 2022 eröffnet. Die Nutzer der Autobahn Rodovia dos Tamoios gelangen jetzt nicht nur schneller von der Küste nach São José dos Campos, sondern ebenfalls sicherer. Dazu trägt die Tunnelbeleuchtung bei, die sich einfach an die äußeren Gegebenheiten – Tag, Dämmerung, Nacht – anpasst und so für einen sanften Übergang zwischen den unterschiedlichen Lichtsituationen außer- und innerhalb des Tunnels sorgt. Die verschiedenen Beleuchtungs-, Automatisierungs- und verbindungstechnischen Lösungen von Schréder und Phoenix Contact funktionieren effizient und einwandfrei, selbst wenn das komplette Netzwerk nicht mehr funktioniert. 

Umfassende Begleitung über den gesamten Projektzeitraum 

Die Tunnelspezialisten von Phoenix Contact und Schréder begleiten die Betreiber von der Angebotserstellung über die Planung und das Engineering bis zur Verwaltung des intelligenten, zukunftssicheren Tunnelsystems: 

  • Agiles Projektmanagement: Die Zusammenarbeit mit dem Betreiber basiert auf einem kontinuierlichen Austausch. Er wird während des gesamten Projekts einbezogen und erhält regelmäßig Ergebnisse. Änderungen werden flexibel eingearbeitet, ohne den Projektverlauf dabei zu unterbrechen.
  • Umfangreiche Dokumentation: Neben einer präzisen Projektzeichnung bekommt der Betreiber eine umfangreiche Funktionsbeschreibung. Eine detaillierte Materialliste verschafft einen schnellen Überblick über den Projektumfang. Die Tunnelspezialisten von Phoenix Contact und Schréder unterstützen auch in der Ausschreibungsphase, indem sie relevante Informationen und Unterlagen bereitstellen.
  • Trainings und Tests: Vor dem Einsatz werden die Systeme umfassend geprüft. Nach erfolgreicher Werksabnahme (FAT) folgt ein Test in der Anwendungsumgebung (SAT). Ist der Einbau vor Ort durchgeführt, wird die komplette Anlage kontrolliert und anschließend in Betrieb genommen. Ergänzend bietet Phoenix Contact ein Schulungsprogramm zur Installation und Wartung des Systems an. 

 

Autor
Michael Rolf,
Infrastructure Applications & Projects,
Phoenix Contact Electronics GmbH
Bad Pyrmont

Kontakt

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