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Gehörschutz: Die Wahl des richtigen Gehörschutzes ist entscheidend

10.09.2011 - Gehörschutz: Die Wahl des richtigen Gehörschutzes ist entscheidend. In Deutschland sind vier bis fünf Millionen Menschen am Arbeitsplatz lärmgefährdet tätig, d. h. sie arbeiten in ...

Gehörschutz: Die Wahl des richtigen Gehörschutzes ist entscheidend. In Deutschland sind vier bis fünf Millionen Menschen am Arbeitsplatz lärmgefährdet tätig, d. h. sie arbeiten in Bereichen, in denen der Schallpegel so hoch ist, dass das Gehör geschädigt werden kann. Für den Unternehmer besteht die Verpflichtung, diese Gefahr zu beseitigen oder gegebenenfalls zu minimieren. Dabei hat er bestimmte Randbedingungen zu berücksichtigen.

Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung

Die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) trat am 9.3.2007 in Kraft. Sie enthält zwei untere Auslösewerte von LEX,8h = 80 dB(A) und LpC,Peak = 135 dB(C) und zwei obere Auslöswerte von LEX,8h = 85 dB(A) und LpC,Peak = 137 dB(C). Bei Überschreitung dieser Werte verlangt die Verordnung die Durchführung bestimmter Maßnahmen.

Allgemein gilt in Europa das Prinzip, erst dann Persönliche Schutzausrüstung (PSA) anzuwenden, wenn alle anderen Möglichkeiten des Arbeitsschutzes ausgereizt sind. Man nennt dies das TOP-Prinzip. Danach müssen zuerst alle technischen, technologischen und organisatorischen Maßnahmen zur Lärmreduzierung ausgenutzt werden (z. B. Kleben statt Nieten, Maschinenkapselung). Sind diese Maßnahmen nicht geeignet, den Lärm unter einen Schallpegel von 80 dB(A) zu senken, muss nach der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung den betroffenen Mitarbeitern Gehörschutz zur Verfügung gestellt werden. Nach der Verordnung besteht die Verpflichtung zur Benutzung von Gehörschutz ab einem Schallpegel von 85 dB(A). Da dann auch das Risiko einer Lärmschwerhörigkeit steigt, ist das Benutzen des bereitgestellten Gehörschutzes besonders wichtig.

Die Verordnung enthält zusätzlich zwei maximal zulässige Expositionswerte LEX,8h = 85 dB(A) und LpC,Peak = 137 dB(C). Diese Werte sind zahlenmäßig gleich den oberen Auslösewerten, dürfen jedoch unter Gehörschutz nicht überschritten werden. Damit ist an die verwendeten Gehörschützer eine Mindestanforderung bezüglich der Schalldämmung zu stellen. Die Schalldämmung muss in jedem Fall so hoch sein, dass gleichzeitig der Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB(A) und der Spitzenschalldruckpegel von LpC,Peak = 137 dB(C) nicht überschritten werden.

Zur Entscheidungsfindung wird der tägliche Mittelwert der Schallpegel, der sog. "Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h" herangezogen. Er wird ermittelt aus dem gemessenen äquivalenten Dauerschallpegel LAeq einer oder mehrerer Tätigkeiten des Beschäftigten. Als Bezugszeit gilt eine 8-stündige Arbeitsschicht. Dieser Tages-Lärmexpositionspegel ist mit den Auslösewerten der LärmVibrationsArbSchV zu vergleichen.

Moderner Gehörschutz

Moderner Gehörschutz besitzt nicht so viel Schalldämmung wie möglich. Wird die Schalldämmung zu hoch gewählt, kommt es häufig zu Problemen mit der Sprachverständigung, mit dem richtigen Wahrnehmen von Maschinengeräuschen, zu Isolationsgefühlen oder sogar zum Überhören von Warnsignalen. Diese Situationen kann zur Ablehnung des Gehörschutzes führen, was man Überprotektion nennt.

Ein geeignetes Mittel zur richtigen Auswahl ist die Berufsgenossenschaftliche Information "BGI 5024- Gehörschutzinformationen". Hier werden die richtigen Auswahlmethoden beschrieben. Grundsätzlich soll die Schalldämmung der Gehörschützer so gewählt werden, dass der Schallpegel am Ohr zwischen 70 und 80 dB(A) beträgt.

Während man alle Auslösewerte am Arbeitsplatz mit einer Messung überprüfen kann, lässt sich diese maximal zulässige Lärmexposition nur rechnerisch überprüfen. Methoden dazu findet man auf der Homepage des FA "Persönliche Schutzausrüstungen" (www.hvbg.de/d/fa_psa/ sach/gehoersch/ hand_gehoer.pdf) oder man verwendet die aktualisierte BGIA-Positivliste.

Richtige Wahl von Gehörschutz

Bei der Auswahl von Gehörschutz sind nicht nur die Grenzwerte aus der Verordnung und die Überprotektion zu beachten. Auch die Arbeitsumgebung hat entscheidenden Einfluss auf die Auswahl des Gehörschutzes. Auch hier kann man die BGI 5024 zur Hilfe nehmen. Liegt z. B. eine starke Verschmutzung vor, sollten Gehörschutzstöpsel nur ein Mal verwendet werden. Wieder verwendbarer Gehörschutz ist dann nicht geeignet.

Muss Gehörschutz häufig auf- und abgesetzt werden, sollten Kapselgehörschützer oder Bügelstöpsel ausgewählt werden.

Ist Sprachverständigung während der Benutzung von Gehörschutz wichtig, muss man auf die Verteilung der Schalldämmung bei hohen und bei tiefen Frequenzen achten. Sind die Schalldämmwerte ungefähr gleich, ist in den meisten Fällen von einer guten Sprachverständigung auszugehen.

Im Einzelfall müssen Frequenzanalysen durchgeführt werden. Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung von pegelabhängig dämmendem Gehörschutz. Er hat die Eigenschaft, während leiser Arbeitsumgebung den Schall nur wenig zu dämmen und in lauten Arbeitsphasen durch Erhöhung der Schalldämmung den notwendigen Schutz zu bieten.

Schalldämmung in der Praxis

Bei der Auswahl des Gehörschutzes ist zu berücksichtigen, dass die im Labor ermittelte und auf der Verpackung aufgedruckte Schalldämmung in der Praxis fast nie erreicht wird. Von der angegeben Schalldämmung müssen deshalb Abschläge gemacht werden. Man geht davon aus, dass in der Praxis vor Gebrauch zu formende Gehörschutzstöpsel eine um 9 dB, Kapselgehörschutz und wieder verwendbare Stöpsel eine um 5 dB, Otoplastiken (mit Funktionsprüfung) eine um 3 dB und Otoplastiken (ohne Funktionsprüfung) eine um 6 dB geringere Schalldämmung besitzen.

Nur bei richtiger Benutzung wirkt Gehörschutz

Die Verordnung fordert als Bestandteil der Unterweisung die sachgerechte Verwendung von Gehörschutz. Das bedeutet auch die Durchführung praktischer Übungen zum Einsetzen von Gehörschutzstöpseln. Damit kann man die verringerte Schalldämmung der Gehörschützer in der Praxis minimieren. Anleitungen dazu findet man ebenfalls auf der Homepage des FA "Persönliche Schutzausrüstungen" oder in der BGI 5024.

Zu beachten ist auch, dass die Zeitdauer der Nichtbenutzung die Wirkung des Gehörschutzes dramatisch reduziert. Wird Gehörschutz mit 30 dB Schalldämmung nur 5 Min. im Lärm nicht getragen, reduziert sich die Schutzwirkung auf weniger als 20 dB. Bei richtiger Auswahl und richtiger Benutzung bietet Gehörschutz einen vollständigen Schutz gegen Arbeitslärm.

 

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Dipl.-Physiker Peter Sickert
Berufsgenossenschaft Metall Süd, Nürnberg
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