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Wirk-Prinzip-Prüfung – Brandschutz smart und sicher

10.09.2019 - Ein globaler Trend: immer stärkere Vernetzung, natürlich auch im Bereich der TGA. Die Vorteile sind bekannt hinzu kommen allerdings gerade im Brandschutz zahlreiche zusätzliche Ge...

Ein globaler Trend: immer stärkere Vernetzung, natürlich auch im Bereich der TGA. Die Vorteile sind bekannt – hinzu kommen allerdings gerade im Brandschutz zahlreiche zusätzliche Gefahrenquellen.

Defekte sind in der Elektrik schon seit Jahren primärer Brandauslöser (IFS-Studien). Somit entstehen gerade in komplexen Objekten ständig neue, teils sogar unbekannte, Risiken:

  • Funktionieren die Ansteuerungen noch, wenn in einem brennenden vernetzten Gebäude (nicht nur digitales) Chaos herrscht?
  • Was bewirkt die plötzliche Informationsfülle eines Notfalls bei der integrierten Leit- und Prozesstechnik?

Wie jeder Techniker weiß: zunehmende Vernetzung heißt zunehmende Komplexität und damit vielfache Störfaktoren.

Ein Mittel zum Gewährleisten der nötigen Sicherheit ist die „Wirk-Prinzip-Prüfung“ (WPP). Sie belegt die Verlässlichkeit der Brandfallsteuermatrix in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der Gleichzeitigkeit. Hier werden keine einzelnen Anlagen geprüft, sondern das bauliche Objekt (weil z.B. die Funktion eines Feuerschutzvorhanges in der Einzelprüfung mangelfrei sein kann, während die WPP zeigt: gleichzeitige maschinelle Entrauchung bewirkt ein Aufblähen des Vorhanges und damit, zusätzlich zur Gefahr frühen Versagens, einen Restspalt, durch den sich bestimmte Türen in Rettungswegen nicht mehr öffnen lassen.)

Ziel der Prüfung
Ziel dieser relativ neuen Art der Prüfung ist es zu verhindern, dass Nutzer wie Betreiber im Ernstfall plötzlich von ungeahnten Fehlreaktionen der vernetzten Gebäudetechnik, von zerstörerischen Sekundärsteuerungen etc. überrascht werden.

Rechtliche Vorgaben
Bauordnungsrechtlich findet man den Begriff der Wirk-Prinzip-Prüfung bereits seit 2012 in den Prüfverordnungen einiger Bundesländer. Anfänglich in Niedersachsen und Bremen, inzwischen existiert die Verpflichtung in insgesamt neun Ländern und wird zudem namentlich in der Muster-Prüfverordnung erwähnt. Gefordert ist bei Inbetriebnahme von Sonderbauten eine WPP durch anerkannte Sachverständige. (Wiederholungsprüfungen dann alle 3 Jahre. Oft auch Bestandteil des behördlichen Brandschutznachweises.)

Relevantes Hintergrundwissen
In vielen Bauvorhaben werden neben der geforderten Brandfallmatrix Matrizen weiterer Gewerke, auch hier übergreifend, erstellt. Ein Teil dieser Matrizen entzieht sich der Prüfung durch TGA-Planer, weil sie die Prozessabläufe in Einrichtungen betreffen, die nicht dem Baurecht unterliegen (z.B. Förderanlagen oder Produktionslinien). Im Brandfall wird dann die gut gemeinte Information dieser Sicherheitsgewerke teilweise als Befehl verstanden und löst unabhängige Steuervorgänge aus. Häufiges Ergebnis: konkurrierende Befehle – wodurch die angesteuerten Gewerke im Gefahrenfall oft nicht den gewünschten und sicherheitstechnisch geplanten Zustand erreichen. Besonders interessant wird es, wenn innerhalb einer Steuermatrix mehrere sicherheitsrelevante Quellen mit gleichem Schutzzielanspruch vorhanden sind, zB bei der häufigen Kombination von Feuerlösch- und Brandmeldeanlagen.

Was genau? Information zur Prüfungsdurchführung
Für die erfolgreiche Durchführung einer Wirk-Prinzip-Prüfung ist eine abgestimmte Brandfallsteuermatrix erforderlich. In der Praxis sieht das meist leider anders aus: Die Steuermatrix als Resultat der Umsetzung des Brandschutzkonzeptes wurde nie erstellt – also fertigt der BMA-Errichter eine Matrix an. Nach bestem Wissen und Gewissen, aber eben allein anhand der ihm vorgelegten Auszüge aus dem Brandschutzkonzept (üblicherweise jene, die direkt mit der Brandmeldeanlage in Zusammenhang stehen). An anderen Stellen des gesamten Gebäudekonzeptes definierte Steuerungen als Kompensation für bauliche Abweichungen sind dem Ausführenden zu oft nicht bekannt. So hat die meist ausschlaggebende BMA-Matrix mit der eigentlichen Steuermatrix wenig gemein.

Das führt dann auch zur zweiten zwingenden Voraussetzung der Durchführung einer Wirk-Prinzip-Prüfung. Alle beteiligten Gewerke müssen mangelfrei in Betrieb gesetzt sein. Bei baurechtlich prüfpflichtigen Anlagen müssen die mangelfreien Prüfberichte der jeweiligen Sachverständigen vorliegen. Für alle weiteren betroffenen Anlagen sollten zumindest Nachweise einer mangelfreien Sachkundigen-Prüfung vorliegen.

Für die Durchführung der Wirk-Prinzip-Prüfung sollte der Betreiber bzw. Auftraggeber der Prüfung aus den Prüfsachverständigen der prüfpflichtigen Anlagen einen Experten als führenden Sachverständigen benennen – wie dies VdS zur Erleichterung aller Prozesse und des finanziellen wie zeitlichen Gesamtaufwandes anbietet. Der beauftragte Sachverständige definiert, möglichst in Abstimmung mit dem Brandschutzkonzeptersteller, die zu prüfenden Szenarien und erstellt auch die zugehörigen Prüfpläne. Voraussetzung für die Durchführung einer Wirk-Prinzip-Prüfung ist übrigens die Anwesenheit aller Prüfsachverständigen sowie der Sachkundigen der „anderen Anlagen“. Demzufolge ist der Aufwand für die Terminkoordination nicht zu unterschätzen.

Wichtig zu wissen
Die ständige Erweiterung und selbst schon die Verbesserung der TGA-Gewerke birgt immer die Gefahr negativer Auswirkungen auf die etablierten Steuermatrizen. Das gilt erfahrungsgemäß speziell bei der nachträglichen Installation zusätzlicher Sicherheitssysteme, z.B. von Löschanlagen. Diese stellen im Sinne von Ursache und Wirkung (Cause & Effect) eine besondere Quelle für Ansteuerungen dar.

Der Autor Torsten Pfeiffer studierte Nachrichtentechnik in Wolfenbüttel. Er ist Produktgruppenleiter für BMA und damit auch für Wirk-Prinzip-Prüfungen bei VdS, Europas größtem Institut für Brandschutz. Die VdS-Sachverständigen koordinieren und leiten bei Bedarf die komplette Wirk-Prinzip-Prüfung – inklusive gewohnt konkreter Praxistipps zur schnellen Minimierung entdeckter Risiken.

Weitere Informationen und Kontaktdaten: vds.de/wp

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