Security

Sicherheit im öffentlichen Raum - Schwerpunktbereich für Sicherheitsdienstleister

08.06.2020 -

Sicherheit ist ein Maßstab für Lebensqualität. Die individuelle Furcht vor Kriminalität schränkt diese Freiheit und Lebensqualität ein. Welche Faktoren spielen in Deutschland zusammen, um Sicherheit zu schaffen, und welche Rolle übernehmen dabei die privaten Sicherheitsunternehmen?

Ein Beitrag von Ralf Brümmer.

Ohne das mehr oder weniger große Dunkelfeld mit einzubeziehen, sind in jeder Stunde des Jahres 2019 in Deutschland durchschnittlich 123 Delikte der Straßenkriminalität registriert worden, sagt die Polizeiliche Kriminalstatistik. Hinzu kamen 41 Rauschgiftstraftaten, 29 Diebstähle von, aus und an Kraftfahrzeugen sowie – bezogen auf die Öffnungszeiten – rund 100 Ladendiebstähle. Kann man also die öffentlichen und öffentlich zugänglichen Räume (Hausrechtsbereiche) bei der Bewertung dieser Zahlen noch als sicher bezeichnen?

Für die öffentliche Sicherheit zu sorgen, ist in erster Linie Aufgabe der Polizeien des Bundes und der Länder. Zugleich sind die Kommunen in der Pflicht, für lokale Sicherheit Sorge zu tragen – ein Teil der kommunalen Daseinsfürsorge.

Welche Rolle spielt die private ­Sicherheitswirtschaft?
Auch die private Sicherheitswirtschaft trägt in vielfältiger Weise zur öffentlichen Sicherheit bei, stärkt das Sicherheitsgefühl von Passanten und im öffentlich zugänglichen Raum arbeitenden Menschen, entlastet die Polizei und unterstützt die Kommunen. Dabei gibt es viele Einsatzgebiete und Hilfeleistungen: Dazu zählt beispielsweise die Produktion, Installation und der Betrieb von Sicherheitstechnik zum Schutz des öffentlichen Raumes. Genutzt werden hierzu Videoüberwachungssysteme mit intelligenter Kamera- und Bildanalyse, technische Zufahrtsbeschränkungen und Eingangskontrollen sowie digitale Lösungen. Hier sei das Pilotprojekt „Bahnhof Südkreuz“ in Berlin erwähnt, das die Bundespolizei initiiert, gesteuert und gemeinsam mit Privatunternehmen umgesetzt hat.

Zu den eher klassischen Einsatzgebieten zählen Kaufhausdetektive und Streifen in Einkaufszentren. Dieser Tätigkeitsbereich könnte zukünftig auch zum Schutz von Einzelhändlern in Stadtzentren um mobile Einsatzkräfte erweitert werden.

Zu den ebenfalls bekannten Betätigungsfeldern gehört ferner der Sicherheits- und Ordnungsdienst für die Deutsche Bahn auf Bahnhöfen in Großstädten sowie im Rahmen von Einzelverträgen für Unternehmen des  Öffentlichen Personenverkehrs.

Aufgrund der Kooperationsvereinbarungen mit Innenministerien und Polizei zählen auch „Quasi Streifenfahrten“ zum Aufgabenbereich der privaten Sicherheitswirtschaft. Laut einer Vereinbarung zwischen dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) und seinen Landesverbänden mit den Landespolizeien sollen demnach Mitarbeiter von Sicherheitsfirmen bspw. bei Fahrten zwischen Betriebsstandorten und Schutzobjekten auf polizeirelevante Situationen achten. Über vorgegebenen Kommunikationskanälen werden diese dann der nächsten Polizeidienststelle gemeldet. Auf diese Weise erfolgt auch die Mitwirkung bei Öffentlichkeitsfahndungen.

Ein weiterer klassischer Tätigkeitsbereich ist der Schutz von Großveranstaltungen im öffentlichen Raum. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Vertrag zwischen Securitas und der Stadt München für das Oktoberfest.

Hinzukommen Streifendienste in einzelnen Kommunen auf unübersichtlichen und kriminalitäts- oder störungsbelasteten Plätzen bzw. Grünanlagen. Solche Einsätze erfolgen vornehmlich zur Nachtzeit und an Wochenenden, wenn Kräfte des kommunalen Ordnungsdienstes nicht zur Verfügung stehen.

Auswirkungen des Beschlusses des OLG Frankfurts
Bisher unterstützten außerdem Mitarbeiter der privaten Sicherheitswirtschaft die Verkehrsämter bzw. Ämter der öffentlichen Ordnung einzelner hessischer Städte (insbesondere Frankfurt und Darmstadt) bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs. Diese Unterstützungsfunktion ist nun allerdings aufgrund eines Beschlusses des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a. M. vom 3. Januar 2020 beendet worden. Die Überwachung des ruhenden Verkehrs und die Ahndung von Verstößen gegen Park- und Haltevorschriften seien hoheitliche Aufgaben, so das OLG, und daher die Überlassung von Mitarbeitern der Sicherheitsdienstleister nach dem AÜG zur Durchführung hoheitlicher Aufgaben unzulässig.

Die Grundsatzentscheidung des OLG ändert jedoch nichts daran, dass es unter Effizienz- und Kostenaspekten durchaus sinnvoll ist, die Überwachung des ruhenden Verkehrs durch Mitarbeiter privater Sicherheitsdienstleister durchführen zu lassen. Dabei ist stets vorausgesetzt, dass das Personal – entsprechend ausgebildet und spezifisch geschult – organisatorisch wie disziplinarisch in die Kommunalverwaltung eingegliedert wird und seine Aufgaben aufgrund von Weisungen und unter der Kontrolle der zuständigen kommunalen Behörde erfüllt.

Arbeitsentwurf für ein Sicherheitsdienstleistungsgesetz
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, hat sich daher nachdrücklich für den weiteren Einsatz von Beschäftigten privater Sicherheitsdienstleister ausgesprochen. Zudem forderte er die staatliche Ermächtigung zu ihrer Beleihung mit der Überwachungs- und Ahndungskompetenz.

Um eine Bestreifung wirksam durchzuführen, bedürfen private Sicherheitskräfte „niedrigschwelliger“ hoheitlicher Befugnisse. In seinem Eckpunktepapier „zur Schaffung eines eigenständigen Gesetzes für private Sicherheitsunternehmen“ regt auch der BDSW daher eine solche Beleihung ausdrücklich an. Dabei ist zu erwähnen, dass der Gesetzgeber in mehreren Bundesländern solche „einfachen“ hoheitlichen Befugnisse unterhalb der Schwelle des staatlichen Gewaltmonopols sogar den Bürgern zuerkannt hat, die als ehrenamtliche Mitglieder einer Sicherheitswacht oder eines freiwilligen Polizeidienstes vor allem durch Streifentätigkeit die Polizei unterstützen.

Ein informeller Arbeitsentwurf eines Sicherheitsdienstleistungsgesetzes sieht vor, dass Sicherheitsmitarbeiter gewerberechtlich im Rahmen der Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit befugt sind, Personen anzuhalten, die durch ihr Verhalten gegen Vorschriften der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder gegen kommunale Vorschriften verstoßen, ihre Personalien im Rahmen des Datenschutzrechts festzustellen und sie – bei beharrlicher Weigerung, ihr rechtswidriges oder bedrohliches Verhalten einzustellen – vom Platz zu verweisen. Der Entwurf sieht ferner vor, dass die rechtswirksame Feststellung von Verstößen gegen Vorschriften der StVO, die gebührenpflichtige Verwarnung gegen solche Verstöße und die Anordnung des Versetzens oder Abschleppens von Fahrzeugen die Beleihung der Sicherheitsmitarbeiter mit den dafür erforderlichen Hoheitsbefugnissen voraussetzt.

Fazit und Ausblick
Securitas setzt sich seit Jahren für die engere Vernetzung von Sicherheitsinstitutionen und Privater Sicherheitswirtschaft ein. Auch die Politik hat die Relevanz der Dienstleister als einen Baustein der inneren Sicherheit in Deutschland mehrfach benannt. Gemäß Koalitionsvertrag sei auch der Wechsel der ministeriellen Zuständigkeit für die privaten Sicherheitsunternehmen vom Wirtschaftsministerium auf das Innenministerium beschlossen, so Stefan Mayer (CSU), parlamentarischer Staatsekretär beim Bundesminister des Inneren.

Viele private Sicherheitsdienstleister investieren hohe Summen in neue Technologien und digitale Lösungen. Damit erhöhen sie zugleich die Messlatte für die Qualifizierung der eingesetzten Sicherheitskräfte. Es entsteht eine neue Qualität der Sicherheit, verbunden mit modernen technischen Lösungen, die für eine intelligente Kooperationsstrategie zwischen Privatwirtschaft und Staatlichen Institutionen als Baustein der inneren Sicherheit eine ideale Grundlage schaffen kann.

Die anhaltende Coronakrise hat dazu geführt, dass viele Aufträge für Sicherheitsdienstleistungen im öffentlichen Raum deutlich reduziert wurden. Soweit Sicherheitsmitarbeiter im Rahmen fortbestehender Verträge weiterhin operative Funktionen wahrnehmen, um vor allem systemrelevante Infrastrukturen zu schützen, sind natürlich Hygienevorschriften ein- und Schutzmittel vorzuhalten. Das gilt insbesondere für das Personal, das bei seiner Tätigkeit nicht immer Kontakte zu anderen Personen vermeiden kann. Gerade im Zuge der Lockerungsmaßnahmen, der Wiedereröffnung zahlreicher Geschäfte, wurde ersichtlich, wie vorbildlich sich die eingesetzten Sicherheitsmitarbeiter verhalten. Das ist sehr wohl wahrgenommen worden und hat die Reputation des Sicherheitsgewerbes gestärkt