Security

Datenübertragungstechnologien in Schließ- oder Zutrittskontrollsystemen

26.04.2011 - In modernen Schließ- und Zutrittskontrollsystemen werden oft Daten und Informationen per Funk zwischen einem PC und den Endgeräten übertragen - z. B. zur Programmierung der Schließ...

In modernen Schließ- und Zutrittskontrollsystemen werden oft Daten und Informationen per Funk zwischen einem PC und den Endgeräten übertragen - z. B. zur Programmierung der Schließungen und zum Auslesen der Zutrittliste. Das hat den Vorteil, dass insbesondere in bestehenden Gebäuden im vollen Betrieb Verkabelungsarbeiten für die Installation entfallen. Der folgende Beitrag von Thomas Weber, Leiter Produktmanagement bei Simons-Voss Technologies, gibt dem Planer einen Überblick über die angebotenen Technologien, die Unterschiede und deren Auswirkungen in Planung, Installation und Betrieb.

Fast 33 Millionen Handys haben die Deutschen im Jahr 2007 gekauft - das sind 92 Mobiltelefone pro Quadratkilometer in nur einem Jahr. Man kann davon ausgehen, dass in einem normalen Bürogebäude nahezu jede darin befindliche Person über ein eingeschaltetes Mobiltelefon verfügt. Hinzu kommen Laptops und Handhelds, IPads und IPods.

Die Dichte der WLAN-Hotspots steigt ständig an und die Investitionen in den Ausbau der Funk und Sattelitentechnologien überschreitet Jahr für Jahr neue Höchstgrenzen. Für UMTS-Lizenzen werden Höchstpreise erzielt, die selbst hartgesottene Finanzminister euphorisch werden lassen. Die Frage ist, wie können alle diese Geräte über Funk miteinander kommunizieren ohne sich zu stören? Und im Weiteren kann man sich fragen, ob es überhaupt sinnvoll ist, jetzt noch zusätzlich alle Türen, Heizkörper, Brandmelder oder Alarmanlagen über Funk zu vernetzen?

Standards strikt einhalten
Damit alle Funksysteme störungsfrei nebeneinander arbeiten, wurden weltweit einheitliche Standards vereinbart. Die dafür zuständige Institution ist das IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers). Dieses Institut hat im Rahmen des IEEE 802 Standards für vernetzte Systeme eine Reihe von untergeordneten Richtlinien für die drahtlose (wireless) Vernetzung eingeführt:

802.11 Wireless LAN (WLAN)/Drahtlose Netze
802.14 Breitband-Cable-TV (CATV)
802.15.1 Wireless Personal Area Network (WPAN) - Bluetooth
802.15.3a UWB - Ultra Wideband Wireless
802.15.4 Wireless Personal Area Networks (WPAN) - Zigbee
802.16 Broadband Wireless Access (BWA/WMAN) - WiMAX
802.20 Mobile Broadband Wireless Access (MBWA)/Drahtlose Breitbandnetze

Diese Standards sind übrigens im Internet frei zum Nachlesen verfügbar. Meistens jedoch nur in englischer Sprache.

Geringer Energieverbrauch und ­Investitionen
Energie und Investitionen sind die entscheidenden Faktoren für elektronische Schließ- oder Zutrittskontrollsysteme. Für die Vernetzung von Komponenten im Rahmen der Schließ- und Zutrittskontrolltechnik wird heute auf den WPAN (Wireless Private Area Network/drahtloses privates Netzwerk) entsprechend dem Standard „IEEE 802.15.4 zurückgegriffen. Erste Prototypen aus dem IEEE 802.15.1-Standard wurden auf der Sicherheitsfachmesse Security in Essen im Oktober 2010 vorgestellt. Diese WPAN-Technologieentscheidungen werden aus folgenden Gründen getroffen:

1. Energieverbrauch
In elektronischen Schließ- und Zutrittskontrollsystemen bestimmt der Batteriebetrieb der Endgeräte die Grenzen der Funktechnologie. Alle WLAN/WIFI Technologien fallen in diesem Marktsegment wegen des sehr hohen Energieverbrauches aus.

2. Niedrige Investitionen
Diese WPAN Standards liegen mit ihren Frequenzen und Bandbreiten in den ISM-Bändern (Industrial, Scientific, Medical). ISM-Bänder sind lizenzfrei und die dort eingesetzten Geräte benötigen nur eine allgemeine Zulassung, welche vom Hersteller selber, typischerweise im Rahmen einer CE Zulassung, erstellt werden kann.

Innerhalb der o. g. WPAN-Standards stehen nun drei Frequenzbänder zur Verfügung
Zwei dieser Bänder, nämlich 2.400 MHz oder 868 MHz (in Europa), sind für den Einsatz in ­Europa bekannt.

2.400 MHz oder 868 MHz
Je nach Hersteller der elektronischen Schließanlage bzw. des Zutrittskontrollsystems trifft man auf diese beiden Bänder und kann sich fragen, wo denn die Unterschiede sind. Gerade hier kommen die Investitionen ins Spiel. Denn ein potentieller Nutzer wird sich in der Regel für die Variante mit den niedrigsten Kosten entscheiden. Wobei die Kosten der Systeme maßgeblich durch die notwendige Anzahl der Router oder Repeater in einer funkvernetzten Anlage bestimmt werden. Und die Anzahl der Router wiederum hängt von dem erreichbaren Abstand zwischen zwei Kommunikationsteilnehmern ab. Der Sende-/Empfangsabstand (Funkreichweite) zwischen zwei Geräten wird vor allem von folgenden Faktoren direkt bestimmt:

  • die „Effizienz" der Empfangs- und Sendeantenne (Verstärkung durch Richtwirkung bzw. Verlust der Antennen),
  • die Signalempfindlichkeit des Empfängers,
  • die Sendeleistung des Senders,
  • die Dämpfung der Umgebung (Pfadverlust durch Absorption, Fading,...)
  • Störungen durch andere Funkgeräte und Umgebung (durch Reflexion, Fading,...),

Dabei spielt bei den letzten zwei Faktoren (Dämpfung und Störung) die Übertragungsfrequenz (hier im 868 MHz- oder 2.4 GHz-Band) eine große Rolle. Setzt man nun voraus, dass die Signalempfindlichkeit, die Sendeleistung, die Effizienzen der Antennen und die Einsatzumgebung für beide Frequenzbänder gleich sind, dann bleibt für den Sende-/Empfangsabstand nur noch der Frequenzunterschied relevant. Und es stellt sich die Frage, welchen Einfluss hat die Frequenz auf die notwendige Anzahl der Router/Repeater?

Auswirkung der Frequenz auf die Reichweite
Um einen Überblick über die Auswirkung der Frequenz auf die Reichweite zu bekommen, kann man sich die Formel (siehe Bilder) für den Pfadverlust (Verlust an elektromagnetischer Leistung P zwischen Sender und Empfänger) im freien Raum ohne Störeinflüsse anschauen:

Wobei:
L= Pfadverlust in dB (Dezibel)
f = Übertragungsfrequenz
d= Sende- /Empfangsabstand
c= Lichtgeschwindigkeit

Ohne jetzt näher auf die genauen Werte einzugehen, kann man sehen, dass eine hohe Frequenz einen höheren Pfadverlust bedeutet und umgekehrt. Für eine Betrachtung der tatsächlichen Größenordnungen kann man auf den Standard IEEE 802.15.4 Abschnitt E.5.3 (Path Loss Model) zurückgreifen. Hier wurde anhand von Testmessungen ermittelt, dass der tatsächliche Unterschied innerhalb von Gebäuden zwischen den beiden Frequenzen ca. 9 dB beträgt. Das heißt: Der Sende-/Empfangsabstand bei 2.400 MHz geht auf 35,7% des Abstandes bei 868 MHz in einem typischen Gebäude zurück. Wie man aus der Flächengrafik (Grafik 1) ersehen kann, benötigt man - theoretisch - bei 30 % der Reichweite für „zweidimensionale" Installationen die neunfache Anzahl der Router, und für „dreidimensionale" Installationen (Netzwerkknoten auf mehreren Etagen des Gebäudes) sogar die 27-fache Anzahl der Router um die gleiche Fläche/Raum abzudecken. Da in der Regel oft ein linearer Aufbau vorgesehen wird (entlang eines Flures), kann für eine tatsächliche Installation in einem Gebäude davon ausgegangen werden, dass zwischen der dreifachen und im Extremfall bis zur 27-fachen Anzahl der Router für eine 2.400 MHz Installation im Vergleich zu einer 868 MHz Installation benötigt wird.

Störer?
Zur Zeit gibt es über die reinen Labordaten hinaus eine Diskussion unter Anwendern, inwieweit Geräte aus der WLAN- oder Bluetoothtechnologie die Kommunikation im WPAN-Bereich beeinflussen können. Insbesondere spielen sich diese Diskussionen rund um das 2.400 MHz Band ab. Denn die WLAN- und Bluetooth-Frequenzen liegen sehr dicht an diesem Band. Artikel in der Fachpresse scheinen eine Beeinflussung zu belegen, wobei diese besonders schädlich ist, wenn die WPAN-Sender und -Empfänger (aus Kostengründen, um Router zu sparen) weiter voneinander entfernt sind und hohe Eingangsempfindlichkeiten aufweisen müssen. In solchen Situationen wurde im Einzelfall festgestellt, dass schon ein einzelnes Mobiltelefon eine Datenübertragung komplett behindern kann. Die ZigBee-Alliance hingegen, die speziell für den WPAN-Bereich 2.400 MHz-Transceiver herstellt, weist darauf hin, dass solche Einflüsse auch schon bei metallischen Oberflächen in unmittelbarer Nähe der Empfänger ähnliche Effekte haben können. Jedoch, wenn sich alle Komponentenhersteller exakt an die Regeln halten, dürften keine Beeinflussungen vorkommen. Unstrittig ist auf jeden Fall, dass ein Übersprechen in den 868 MHz Bereich bislang nicht festgestellt wurde.

Aussichten
In der Zukunft ist davon auszugehen, dass der WPAN-Markt zunehmend interessanter für die Chiphersteller wird. Das wiederum wird zu neuen Chipdesigns mit noch geringerer Leistungsaufnahme, noch höheren Reichweiten und verbesserten automatischen Anpassungen an eine gegebene Umgebung führen.

Kontakt

*SimonsVoss Technologies GmbH

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