Safety

Strategien gegen Alkohol und Drogen am Lenkrad

23.11.2012 - Über einen klaren Kopf zu verfügen, ist bei der Arbeit ja anerkanntermaßen recht hilfreich. Schlägt ein Schreibtischarbeiter diese Weisheit benebelt in den Wind, bleiben die Folgen...

Über einen klaren Kopf zu verfügen, ist bei der Arbeit ja anerkanntermaßen recht hilfreich. Schlägt ein Schreibtischarbeiter diese Weisheit benebelt in den Wind, bleiben die Folgen freilich meistens überschaubar - zumindest wenn es um Leib und Leben geht. Riskanter wird's, wenn die Arbeit am Lenkrad stattfindet - etwa bei Speditionen, Bus- oder Taxiunternehmen. Wer sich nicht auf Vorschriften und Ermahnungen verlassen will, dem stehen Alkohol-Interlocks und Drogenmessgeräte zur Verfügung. GIT-SICHERHEIT.com sprach mit Herbert Glass von Dräger über den aktuellen Stand der Technik.

GIT-SICHERHEIT.com: Herr Glass, im Produkt-Portfolio von Dräger finden sich Messgeräte, die Alkohol und Drogen messen können. Das ist besonders interessant auch für Betreiber von Dienstfahrzeugflotten aller Art. Bleiben wir zunächst einmal beim ja schon seit längerem bekannten Alkohol-Interlock - bei Ihnen heißt es Interlock XT. Wie wird es genau benutzt?

Herbert Glass: Das Interlock XT besteht grundsätzlich aus zwei Komponenten, nämlich einer Steuereinheit und einem Handgerät. Die Steuereinheit sieht man im eingebauten Zustand nicht - sie ist unter dem Armaturenbrett eingebaut und blockiert den Anlasser. Dazu kommt das üblicherweise an der Mittelkonsole eingebaute Handgerät. Erst wenn eine hier abgegebene Atemprobe nicht beanstandet wird, lässt sich das Fahrzeug starten. Hier zeigt sich auch der wesentliche Unterschied zur Polizeikontrolle: Die Polizei unterbindet Alkoholfahrten, nachdem eine solche bereits stattgefunden hat, während das Interlock verhindert, dass man überhaupt erst alkoholisiert losfährt.

Aber die Funktionsweise der jeweiligen ­Geräte ist die gleiche?

Herbert Glass: Genau. Das Interlock arbeitet wie die Messgeräte der Polizei mit einem elektrochemischen Sensor, der sehr spezifisch auf Alkohol reagiert.

Wird man lange aufgehalten vom Interlock?

Herbert Glass: Überhaupt nicht. Es kommt natürlich ein bisschen auf die Temperatur an: Das Gerät funktioniert grundsätzlich bei Werten zwischen - 45 und +85 °C. Wenn es sehr kalt ist, dauert die Aufwärmphase des Handteils etwas länger. Generell braucht die Messung aber nur wenige Sekunden, so dass zwischen Einsteigen und Losfahren insgesamt vielleicht 20 Sekunden liegen.

Technisch ist das Ganze vermutlich heute ­völlig ausgereift?

Herbert Glass: Alkohol-Interlocks sind bereits seit den 1980er im Einsatz. Unser Interlock XT ist weltweit seit vielen Jahren bewährt. Zudem verfügen wir über einen enormen Erfahrungsschatz von fast 60 Jahrenbei der Atemalkoholmessung. Hier ist Dräger Weltmarktführer. Einbauen kann das Gerät jede Autowerkstatt - das ist keine technische Herausforderung.

Das Gerät könnte natürlich umgangen ­werden ...?

Herbert Glass: Das Interlock XT erfüllt die Anforderungen aus der Europa Norm, d. h. es erkennt, ob die Atemprobe von einer Person oder einem Gegenstand, z. B. durch eine Luftpumpe abgegeben wurde. Es erkennt auch, ob die Atemprobe direkt oder über Umwege auf den Sensor gelangt. Bei solchen Umgehungsversuchen verhindert das Gerät den Motorstart. Selbst wenn eine andere Person als der alkoholisierte Fahrer in das Alkohol-Interlock pustet: Während der Fahrt können Wiederholungstests angefordert werden - um diese dann zu bestehen, musste der nüchterne Beifahrer während der ganzen Fahrt im Auto sitzen - würde er dann nicht lieber selbst das Fahrzeug steuern?

Das Gerät ist ja vor allem auch für Fuhrparks, im Bereich Logistik, für Werksdienste und dergleichen interessant. Wie verbreitet sind die Interlocks hier in der Praxis - und schrecken nicht viele Unternehmen ein wenig davon zurück, solche Geräte generell einzubauen?

Herbert Glass: Die Alkohol-Interlocks sind seit den 1980er Jahren weltweit im Einsatz, wobei die größten Märkte die USA, Kanada, Australien und hier in Europa Skandinavien sind. Es sind insgesamt mehrere Hunderttausend davon im Einsatz. Was die Motivation z. B. von Spediteuren betrifft, geht es übrigens nicht darum, die Mitarbeiter unter Generalverdacht zu stellen. Das größere Problem ist eher eine unterschätzte Gefahr, gegen die Prävention durch Messung hilft: Die wenigsten kommen ja betrunken zur Arbeit - allerdings wird die Höhe des Restalkohols nach einer Feier am Vorabend oft nicht richtig eingeschätzt, wenn man morgens frisch geduscht und vermeintlich fit zur Arbeit geht. Dieses Risiko lässt sich per Interlock vollständig ausschalten.

Die Rechtslage ist sicherlich überall auf der Welt unterschiedlich?

Herbert Glass: Wir sprechen hier von einem präventiven Einsatz, der gesetzlich vorgeschieben ist. Diese Konstellation gibt es in Frankreich und Finnland, wo Schulbusse mit Alkohol-Interlocks ausgerüstet sein müssen. In Schweden werden in behördlichen Ausschreibungen für das Transportgewerbe Alkohol-Interlocks gefordert, so dass in den meisten LKW oder Taxis alkohol-sensitiven Wegfahrsperren installiert sind. Außerdem gibt es Länder, in denen - anders als bei uns in Deutschland - einem Alkoholsünder vorgeschrieben werden kann, sich ein Interlock auf eigene Kosten einzubauen. Das bietet sich bei Leuten an, die das Auto beruflich dringend brauchen. In den Niederlanden, Belgien, Schweden und Finnland gibt es das - auch in den USA, Kanada, Australien und Neuseeland. Für rein präventive, freiwillige Anwendungen in Unternehmen bedarf es einer individuellen, also arbeitsvertraglichen Vereinbarung bzw. der Zustimmung durch den Betriebsrat. Angesichts der Nützlichkeit auch für den Mitarbeiter selbst, sollten beide Parteien Interesse an einer klaren Regelung haben.

Kommen wir zu Ihrem Drogenmessgerät DrugTest 5000 - das ist ein stationäres Gerät?

Herbert Glass: Ja, diese sind nicht als Interlock-Systeme konzipiert, auch weil sie mit Speicheltests arbeiten. Der DrugTest 5000 misst auf diese Weise sieben Substanzklassen, die man mit einem Atemtest nicht messen kann: Amphetamine, Designer-Amphetamine, Opiate, Kokain, Benzodiazepine, Cannabis (THC) und Methadon. Durch letzteres erfasst man auch Menschen, die sich im Drogenentzug befinden. Spediteure können das Gerät in der Tat zum gelegentlichen Testen von Mitarbeitern nutzen Die Voraussetzungen dafür müssen ebenfalls in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein

Wie lange dauert dieser Test?

Herbert Glass: Bereits nach etwa fünf Minuten liegt das Analyseergebnis vor. Lediglich der Nachweis von Cannabis dauert durch die besonders hohe Nachweisempfindlichkeit etwa drei Minuten länger.

Es gibt ja auch Urintests - wo liegt da der Unterschied?

Herbert Glass: Die Untersuchung des Speichels zeigt grundsätzlich das Vorhandensein des Wirkstoffs selbst, während im Urin grob gesagt die Abbauprodukte von Drogen nachweisbar sind. Der Speicheltest zeigt also, ob der Getestete gerade im Augenblick der Probenentnahme unter Einfluss einer Droge steht, während ein Urintest zeigt, dass man generell einen Drogenkonsumenten vor sich hat.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Glass.

 

Kontakt

Drägerwerk AG & Co. KGaA - Archiv

Moislinger Allee 53-55
23558 Lübeck
Deutschland

+49 451 882 0
+49 451 882 2080