Safety

Die disruptive Kraft von Industrie 4.0

01.06.2017 - GIT SICHERHEIT: Herr Müller, Anfang 2016 sagten Sie im Rahmen einer Diskussionsrunde zum Thema Datensicherheit und Industrie 4.0, das Wichtigste ist es, die Datensicherheit herzust...

GIT SICHERHEIT: Herr Müller, Anfang 2016 sagten Sie im Rahmen einer Diskussionsrunde zum Thema Datensicherheit und Industrie 4.0, „das Wichtigste ist es, die Datensicherheit herzustellen“. Was hat sich inzwischen – rund ein Jahr später – hinsichtlich des Themas Datensicherheit getan?

Bernhard Müller: Es gibt mittlerweile die Konnektoren, die dazu notwendig sind, um Daten zu schützen und trotzdem für andere nutzbar zu machen. Sie sind verfügbar für Applikationen, die das Thema Daten-Security und Daten-Ownership als Notwendigkeit voraussetzen. Es wurden Beispielanwendungen im Bereich Logistik realisiert und es besteht die Möglichkeit, verschiedenartige Datenbanken anzubinden.

Obwohl zahlreiche Unternehmen ihre Maschinen und Anlagen bereits via Internet warten, sind sie zurückhaltend, wenn es um die Datenspeicherung in Clouds geht. Aber die Tür für Angriffe steht doch durch die Fernwartung schon offen?

Bernhard Müller: Die Zurückhaltung ist verständlich, da Datensicherheit noch nicht auf dem Stand ist, der wünschenswert wäre. Bei dem Thema ist aber heute die Tür zu den Angriffen deshalb nicht offen, da Fernwartung heute schon durch Hilfe und Kontrolle von einem Mitarbeiter zeitlich befristet und nur zu gewissen Themen ermöglicht wird. Sprich: Der Mitarbeiter muss die Datenleitung zu gewissen Zeiten öffnen und weiß, wer auf der anderen Seite der Leitung sitzt und wie dieser mit den Daten umgeht. Deshalb ist Fernwartung heute möglich und auch schon Usus.

Kann man denn seine Daten heute guten Gewissens in Clouds speichern?

Bernhard Müller: Private Daten sind seit Jahren in Clouds gespeichert, auch viele Applikationen in Firmen laufen über Clouds, zum Beispiel ist dies bei e-Shops und e-Commerce heute schon üblich. Für sensible Firmendaten ist die Datensicherheit eine Voraussetzung und Notwendigkeit, deshalb wird dieses Thema innerhalb der IDSA (Industrial Data Space Association), deren Gründungsmitglied Sick ist, weiterentwickelt.

Laut Fraunhofer IFF wird „die vierte industrielle Revolution den Wirtschaftsstandort Deutschland verändern“. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Bernhard Müller: Meiner Meinung nach werden in Zukunft immer mehr intelligente Daten aus den Maschinen kommen müssen. Und es geht dann darum, genau die intelligenten Daten weiterzureichen, die dazu beitragen, die Applikation zu verbessern. Wenn eine große Datenwolke einfach nur vorhanden ist und keiner etwas damit anfangen kann, hilft das nicht weiter. Daten müssen so vorbereitet sein, dass der Anwender etwas damit anfangen kann. Wenn alle Sensoren in die Datenwelt hineinsprechen, erhält man unendlich viel Traffic. Deshalb sagt man, manche Sensoren müssen einmal die Woche abgefragt werden, andere wiederum jede Mikrosekunde. Die Möglichkeiten, die durch die Benutzung dieser Daten aus der Wertschöpfungskette entstehen, werden die Wirtschaft generell verändern, nicht nur in Deutschland. Diese Veränderungen sind stark davon abhängig, welche Funktionalität in den Systemen entsteht.

Im Zusammenhang mit Industrie 4.0 spricht man häufig von industrieller Zukunft. Wie schaut es denn mit der Gegenwart aus?

Bernhard Müller: Wenn man sich ansieht, wie sich die Sensortechnik entwickelt, dann erkennt man, dass sie ganz normale Entwicklungsschritte macht. Es gab gestern Sensoren, die morgen verbessert werden. Industrie 4.0 dagegen ist etwas Disruptives, dabei geht es um die Daten. Die Sensoren liefern die Daten und es gibt ein Datenfeld, aus dem man die Applikation bekommt. Wir bei Sick meinen damit, dass die Daten nicht mehr der Applikation gehören, sondern die Daten unabhängig sind und die Applikation sich der Daten bedient. Sensoren müssen mit den Datenwelten kommunizieren können und damit liegt in der Kommunikationsfähigkeit der Sensoren das Hauptmerkmal für Industrie 4.0. Dass ein Sensor besser oder schneller ist, dass er plötzlich ein 3D-Sensor anstelle eines 2D-Sensors ist, das ist normal, das sind evolutionäre Entwicklungen. Aber das Disruptive ist, dass ein Sensor die Datenwelt bedienen kann und mit eben dieser Datenwelt umgehen kann. In der Gegenwart haben wir die Möglichkeit geschaffen, diese industrielle Revolution zu ermöglichen. Die Umsetzung in der Fläche ist etwas, was über die Zeit erst Wirkung zeigen wird. Es gibt heute schon Unternehmen, die sich dem Zukunftsbild industrieller Produktion stark angenähert haben.

Laut Ihrem Kollegen Claus Melder steht Industrie 4.0 erst am Anfang (Stand November 2016). Welche weiteren Schritte müssen folgen, um Industrie 4.0 voranzubringen?

Bernhard Müller: Die Daten werden dazu benutzt, neue Dienste und neue Funktionalitäten im Gesamtsystem der Produktion und der Industrie zu ermöglichen. Der Mehrwert besteht darin, dass sie mit Daten anderer Systeme kombiniert werden können, um neue Geschäftsmöglichkeiten zu ermöglichen. Dazu müssen aber unbedingt die Eigentums- und Nutzungsrechte der Daten technologisch und rechtlich geklärt werden. Deshalb engagiert sich Sick seit der ersten Stunde als Gründungsmitglied im Industrial Data Space e.V. Denn der Erfolg von Industrie 4.0 wird von eindeutigen und zuverlässig geregelten Eigentumsrechten abhängen. Und seit vergangenem Jahr hat man deutliche Fortschritte bei diesem Thema erreicht.

Wo sehen Sie Aufgaben und Möglichkeiten von Sick im Kontext von Industrie 4.0?

Bernhard Müller: Die Sensorik hilft, Maschinen besser und effizienter zu machen. Dies sehen wir als unsere Aufgabe und als große Chance. Wir stellen uns die Frage, welche Auswirkung Industrie 4.0 auf die Sensorik hat und welche Funktionalitäten Sensoren haben müssen, die in einer Industrie-4.0-Umgebung eingesetzt werden sollen. Dabei geht es hauptsächlich um Kommunikationsschnittstellen und die Frage, wie und welche Informationen von, die ein Sensor liefert, in die Datenwelt gelangen. Industrie 4.0-Sensoren, also spezielle hochkommunikative Sensoren, werden in naher Zukunft mehr und mehr gefragt sein, denn schließlich sind die Sensoren die Datenlieferanten für Industrie 4.0. Wir sind dabei, über das Thema IO-Link Funktionalitäten in Sensoren zu bringen, die man bisher nicht kannte und diese zugänglich zu machen. Damit beschäftigt sich nicht nur Sick, das machen auch andere Unternehmen.

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