Safety

Brandbekämpfung mit Hochdrucknebel

16.02.2015 - An ihrem Hauptsitz im hessischen Seeheim-Jugenheim entwickelt und fertigt die Firma Callies Hochdruck-Wassernebel-Löschsysteme für die mobile, halbstationäre und stationäre Brandbe...

An ihrem Hauptsitz im hessischen Seeheim-Jugenheim entwickelt und fertigt die Firma Callies Hochdruck-Wassernebel-Löschsysteme für die mobile, halbstationäre und stationäre Brandbekämpfung. Die Steuerung und Überwachung dieser Anlagen übernimmt die Sicherheits-Kompaktsteuerung Protect Select von Schmersal in einer OEM-Version, die speziell für diesen ungewöhnlichen und sicherheitssensiblen Anwendungsbereich entwickelt wurde.

"Wasser marsch" und Sprinkleranlage - das war gestern: Wenn ein Gebäude mit einer Hochdruck-Wassernebelanlage (HDWN) von Callies Brandbekämpfungssysteme ausgerüstet ist, muss der Betreiber weder auf die Feuerwehr warten noch große Wassermengen vorhalten. Wird der Anlage ein Brand gemeldet, aktiviert sie in der Brandzone Düsen, die mit einem Druck von 100 bar einen sehr feinen Wassernebel abgeben. Oliver Callies, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens: „Die fein verteilten Wassertröpfchen mit einem Durchmesser von ca. 20 bis 100 μm besitzen ein überaus hohes Wärmebindungspotenzial. Der Wassernebel inertisiert den Brand und erstickt ihn wirkungsvoll, weil er die Sauerstoffzufuhr unterbindet. Durch die Verdampfungsenthalphie wird Verbrennungsenergie absorbiert und Wärmestrahlung wirkungsvoll unterbunden."

Anders als bei einer Sprinkleranlage wird der Raum nicht dabei nur von oben benetzt. Vielmehr umgibt der Wassernebel die Gegenstände im Raum auch seitlich und von unten. Zudem wird die Bildung von Rauchgas und Ruß unterdrückt. Die Kühlwirkung ist aufgrund der sehr geringen Tröpfchengröße besser, und die peripheren Schäden werden im Vergleich zu traditionellen Sprinkleranlagen deutlich vermindert.

Aus diesen Gründen kommen die HDWN-Anlagen häufig in sensiblen Anwendungen zum Einsatz - etwa in Bibliotheken, Kliniken, Chemieanlagen, Sicherheitslaboren, Entwicklungszentren und Produktionsbereichen. Aber auch in ganz normalen Gebäuden bietet die Hochdruck-Wassernebeltechnik Vorteile. Projektingenieur Philipp Guth: „Man benötigt im Vergleich zu konventionellen Löschanlagen nur etwa 10 % der Wassermenge. Das vereinfacht sowohl die Vorhaltung und Zufuhr über das Rohrleitungsnetz als auch die Löschwasser-Rückhaltung".

Zuverlässige Steuerung gesucht
Für die einwandfreie Funktion der Hochdruck-Wassernebelanlagen ist eine hoch zuverlässige und anpassungsfähige Steuerung erforderlich - und es war nicht einfach, eine solche zu finden. Philipp Guth: „Wir benötigen ein modular aufgebautes, redundantes, eigensicheres bzw. selbstüberwachendes Steuerungssystem, das für die einzelnen Löschbereiche sowohl die Löschbefehlsverarbeitung, als auch die Leitungs- und Ventiltechnik kontinuierlich überwacht, um die einwandfreie Funktion der gesamten Anlage sicherzustellen."

Ein zuverlässiger Betrieb von Löschanlagen - gerade in sensiblen Bereichen - erfordert, dass die Steuerung nicht nur alle Betriebszustände, sondern auch die Fehler im gesamten System erkennt, anzeigt und entsprechend weiterleitet. Dieselben Anforderungen gelten auch für sichere Schaltsysteme im Maschinen- und Anlagenbau, und aus diesem Anwendungsbereich stammt die Steuerung, die Callies einsetzt: das Protect Select-System von Schmersal.

Einsatzbereich der Sicherheits­steuerung erweitert
Diese Sicherheits-Kompaktsteuerung wurde ursprünglich entwickelt, um die Signale von Sicherheits-Schaltgeräten auszuwerten, die dafür sorgen, dass Personen nicht in den Gefahrenbereich von Maschinen und Anlagen eindringen können. Es gibt mehrere Varianten, die jeweils für dezidierte und typische Anwendungsfälle vorkonfiguriert worden sind. Daneben steht aber auch eine „offene" Version mit der Bezeichnung Protect OEM zur Verfügung, für die das Application Engineering der Schmersal Gruppe individuelle Software entwickelt.

Genau diese Version kommt bei Callies zum Einsatz. Wichtig ist hier eine eher ungewöhnliche Funktion: Alle Protect Select-Varianten sind mit zwei sicheren analogen Eingängen ausgestattet, die üblicherweise eine Integration von Anlagenfunktionen wie z. B. Temperatur, Durchfluss in den Sicherheitskreis ermöglicht.

Sichere Überwachung von Leitungen
In der OEM-Version von Callies werden die analogen Eingänge genutzt, um Löschbefehlsleitungen sicher zu überwachen. Dabei folgten die Software-Entwickler von Schmersal den Vorgaben der VdS 2540. Horst Rudolph, Leiter Application Engineering bei Schmersal: „Die Steuerungsmodule erfassen jeweils einen analogen Spannungswert, der in einer bestimmten Bandbreite bleiben muss. Zusätzlich haben wir einen Zeitfilter hinterlegt, damit kurze Peaks nicht zu Fehlermeldung oder Auslösung führen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass Störungen auf dem Signalweg sofort erkannt und gemeldet werden." Das gilt auch für Kurzschlüsse und Isolationsfehler: „Das System ist sehr sensibel und zugleich hoch zuverlässig, und alle Anlagenzustände werden protokolliert und dokumentiert."

„Es gibt keinen sicheren Zustand."
Einen ganz grundsätzlichen Unterschied galt es dabei zu berücksichtigen. Philipp Guth: „Im Unterschied zur Maschinensicherheit kennen wir keinen sicheren Zustand." Das heißt: Es gibt keine Rückfallebene, wenn ein Fehler erkannt wird. Eine Produktionsanlage kann dann in den sicheren Zustand gehen und abschalten. Für Löschanlagen gibt es in diesem Sinn keinen „sicheren Zustand", da die Gefahr einer Brandentstehung bei einem belebten Gebäude immanent ist. Eine Löschanlage muss löschen, wenn ein Löschbefehl eingeht, und sie darf unter keinen Umständen löschen, wenn kein Löschbefehl vorliegt. Ziel war es, diese Beiden Bedingungen sicher umzusetzen - auch im Falle von Isolationsfehlern, induzierter Spannung (Blitzschlag), Kurzschluss, Kabelbruch und sekundärseitigen Spannungsschwankungen in der Löschbefehlsabfrage. Störgrößen werden umgehend erkannt und gemeldet. Das System bleibt jedoch weiter einsatzbereit, sofern es der Störungsumfang zulässt.

Die fest programmierte OEM-Version bietet weitere Vorteile, die die Sicherheit und Zuverlässigkeit der HDWN-Anlage erhöhen: Weil alle Module identisch sind, können und müssen während der Installation keine individuellen Anpassungen vorgenommen werden. Das erhöht die Sicherheit und die Stabilität des Systems. Außerdem kann man die Module im Servicefall einfach tauschen.

Neuer (Steuerungs-)Weg bei Brand­bekämpfungsanlagenJedes Protect-Modul kann je nach gewünschtem Sicherheitslevel eine oder zwei Anlagensektionen überwachen. Dieses gut skalierbare System ist jetzt die Standardsteuerung für alle stationären HDWN-Anlagen von Callies - und es wird nicht nur zur Überwachung der einzelnen Sektionen und der Löschmittelsteuerung verwendet, sondern auch für weitere, sicherheitsrelevante Zustandsabfragen innerhalb der Zentrale. Für diese Aufgabe gibt es jeweils ein eigenes Modul. Eine konventionelle SPS ist zwar auch noch an Bord, sie wird aber nur für nicht sicherheitsgerichtete Aufgaben wie dem schreiben eines Ringspeichers, zur Strangbelebung etc. verwendet.

Sicherheitsschalter zur Überwachung der Ventilstellung
Neben der Protect OEM setzt Callies noch ein weiteres Produkt aus dem Schmer-sal-Programm ein. An sicherheitssensiblen Ventilen wie zum Beispiel den Entleerungsventilen sorgt ein codierter Sicherheitsschalter vom Typ AZ 17zi für eine sicherheitsgerichtete Ventilstellungsüberwachung. Wenn das Ventil manuell geöffnet wird, erfolgt eine entsprechende Meldung auf dem Bedienpanel der HDWN-Anlage. Eine Rückstellung des Ventils ist nur über einen Schlüsselschalter durch Bedienpersonal mit entsprechender Berechtigungsstufe möglich. Auch diese sicherheitsgerichtete Ventilstellungsüberwachung trägt zur hohen Zuverlässigkeit der gesamten Anlage bei. Die Codierung des Schalters gewährleistet darüber hinaus, dass die Sicherheitseinrichtung nicht manipuliert werden kann.