Management

Sicherheit für Geldinstitute: Rainer Hannich, Schutzbeauftragter der Nord/LB rät zur Schaffung alarmtechnischer Wertesicherung

19.07.2011 - Sicherheit für Geldinstitute: Rainer Hannich Schutzbeauftragter der Nord/LB rät zur SAchaffung alarmtechnischer Wertesicherung. Im ersten Teil seiner Artikelserie (GIT SICHERHEIT 1...

Sicherheit für Geldinstitute: Rainer Hannich Schutzbeauftragter der Nord/LB rät zur SAchaffung alarmtechnischer Wertesicherung. Im ersten Teil seiner Artikelserie (GIT SICHERHEIT 10/2007) zu aktuellen Herausforderungen an die Sicherheit in Kreditinstituten zeichnete Rainer Hannich, Zentraler Schutzbeauftragter der Nord/LB, das moderne Bild des Sicherheitsmanagers einer Bank. Die Ausführungen des Autors zur gewandelten Erwartungshaltung an diese Position und seine zunehmend wichtiger werdenden kommunikativen Fähigkeiten kann auch für viele andere Branchen als richtungweisend angesehen werden. In den kommenden beiden Beiträgen befasst sich Rainer Hannich insbesondere mit der Sicherheit in den einzelnen Filialen.

Zum Schutz der Mitarbeiter und Werte wurden in den Filialen der Nord/LB neben gesetzlichen und versicherungsrechtlichen Vorgaben eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen realisiert. Diese basieren auf langjährigen Erfahrungen aber auch Ereignissen und werden stets aktuell den praktischen Erkenntnissen von über 110 Objekten angepasst. Dazu vermittelt der folgende Beitrag einen umfassenden Überblick.

Überfallmeldeanlagen

In Filialen von Kreditinstituten ist die Installation von Überfallmeldeanlagen (ÜMA) zur Auslösung bei einem Raubüberfall laut Unfallverhütungsvorschrift Kassen gesetzlich vorgeschrieben. Zur Erfüllung dieser Anforderungen sind konzeptionelle Überlegungen anzustellen, welche Meldertypen an welchen Stellen mit Bargeldverkehr verdeckt und dennoch leicht erreichbar anzubringen sind. Insbesondere in offenen Kundenhallen bzw. beim Einsatz von mitarbeiterbedienten Geräten mit Überfallcode-Eingabe gilt es, sorgfältig vorzugehen und die Mitarbeiter, z. B. bei Schulungen, in die Abläufe einzubeziehen.
Derartige ÜMA bieten mit relativ vertretbarem Aufwand die Möglichkeit der Erweiterung. Damit können weitere Risiken minimiert oder vermieden werden. Zur Verhinderung oder bei evtl. Geiselnahmen können spezielle Auslösemöglichkeiten geschaffen werden, die - für den Täter unbemerkt - während der Bedrohung betätigt werden. Ferner kann auch eine technische Meldung beim Betreten der Filiale nachkommenden Mitarbeitern signalisieren, dass alles in Ordnung ist.

EMA außerhalb der Dienstzeiten

Ein weiteres wichtiges Element ist die Schaffung einer alarmtechnischen Wertesicherung. Dies bedeutet, dass Geldschränke, Tresore, Geldautomaten usw. außerhalb der Dienstzeiten durch eine Einbruchmelde-Alarmanlage (EMA) geschützt werden. Je nach Konzeption sollen damit gewaltsame Angriffe auf diese Wertbehälter sofort detektiert und zu einer Alarminterventionsstelle gemeldet werden. Diese durch die EMA gesicherten Wertbehälter lassen sich in vergleichsweise einfacher Form um die Räume erweitern, die ein Täter beim (nächtlichen) Eindringen in das Objekt betreten muss, um später Personal abzufangen und zu bedrohen. Durch diese Raumsicherung kann ein wirkungsvoller Schutz gegen Geiselnahme geschaffen werden.
Wesentlich ist in diesem Zusammenhang auch, welche technischen Komponenten zur Übertragung der Alarme aus dem Objekt zur hilfeleistenden Stelle gewählt werden. Hier können ggf. auch hauseigene IT-Leitungen kostengünstig mitgenutzt werden. Bei dieser Lösung würde jedoch vorschriftenbedingt nicht mehr die Polizei als erster Adressat der Alarme in Frage kommen. Vielmehr müssten hausinterne Sicherheitsleitstellen oder externe Dienstleister als Alarmempfangsstelle fungieren. Diese würden dann die Alarme - ggf. nach Verifizierung - an die Polizei weiterleiten. Ob das Kreditinstitut diesen von der Polizei aufgrund der Zeitverzögerung kritisierten Ablauf akzeptieren wird, ist im Rahmen einer Gefährdungsanalyse zu entscheiden. Zu beachten ist an dieser Stelle, dass es hier erhebliche Kostendifferenzen gibt - bedingt u. a. durch unterschiedliche Wartungsintervalle. Schließlich sollte unbedingt auch der Sachversicherer in Planungen/Konzeptionen einbezogen werden, um deren Vorgaben aber auch möglichen Konzessionen hinsichtlich Prämien zu berücksichtigen.

Automatischer Check

Eine weitere sicherheitserhöhende Maßnahme ist die Integration eines automatischen Checks, ob die EMA auch tatsächlich nachts und am Wochenende eingeschaltet ist. Denn wenn das Personal beim Verlassen der Filiale vergisst, die Alarmanlage einzuschalten, ist die erforderliche Sicherheit nicht vorhanden. Dieses Risiko wird erst am nächsten Werktag - u. U. mit fatalen Folgen - bemerkt. Wird jedoch täglich zu einer bestimmten Uhrzeit automatisch eine Zustandsmeldung zwischen Filiale und einer Sicherheitsleitstelle abgeglichen, können nicht scharf geschaltete Filialen selektiert und festgelegte Interventionsmaßnahmen veranlasst werden.
Schließlich gilt es organisatorisch sicherzustellen, dass die hilfeleistende Stelle mittels Polizeiinformationskarteien stets in die Lage versetzt wird, sofort über wichtige Informationen zum Objekt wie bspw. Schlüsselträger Erreichbarkeit, Kontaktdaten und Objektbeschreibungen zu verfügen.

Geldautomatensicherheit

Ein Kreditinstitut ohne Geldautomat (GA) ist heute kaum mehr vorstellbar. Einhergehend mit der steigenden Anzahl von GA haben auch die gewaltsamen Angriffe zugenommen.
Da sind zum einen nächtliche Taten durch blitzartiges, gewaltsames Herausreißen ganzer Automaten mit Gabelstaplern oder Radladern sowie der Einsatz von Stahlseilen und der spätere Abtransport in Fahrzeugen. Die daraus resultierenden Probleme sind vielfältig: Nicht nur der GA ist verschwunden oder unbrauchbar und ggf. das enthaltene Bargeld verloren; vielmehr sind regelmäßig massive Gebäudeschäden die Folge. Eine weitere Deliktsform ist das Einführen von Gasen in das GA-Gehäuse und anschließende Sprengen, womit Täter an die einzelnen Geldkassetten gelangen. Auch hier gilt: Massive Gebäudeschäden und eine Gefährdung von Anwohnern der Filialen nehmen die Täter billigend in Kauf.
Hier hat die Sicherheitsbranche eine Vielzahl von Produkten entwickelt. Z. B. kann bei einem Gewaltangriff Tinte die Geldscheine großflächig markieren oder es werden Ortungssysteme installiert, die es der Polizei (per Satellit) ermöglichen, den Aufenthaltsort des Senders zu lokalisieren. Beide Systeme unterstützen zweifellos die Fahndungsmaßnahmen der Polizei. Ein systembedingter Nachteil bleibt bestehen: Die Taten selbst werden nicht verhindert, die Schäden entstehen dennoch, und der erhoffte Erfolg der kostenintensiven Technik bleibt ungewiss.
Empfehlenswerter ist es, primär wirkende Schutzmaßnahmen zu schaffen. Die GA sollten daher nicht in der Nähe von Außenfronten als Solitär anreizfördernd aufgestellt werden. Alternativ ist häufig eine Platzierung in rückwärtige Bereiche des Foyers oder noch besser ein Einbau in Wände unbedingt empfehlenswert. Derartige Standorte bieten noch ein weiteres erhebliches Sicherheitsplus. Die Ver- und Entsorgung der GA kann in diesen Fällen aus einem rückwärtigen Raum erfolgen und geschieht somit praktisch ohne Risiko eines Überfalls mit vielfältigen Risiken für Personal und Kunden.

Bargeldreduzierung

Bargeld stellt für Raubüberfalltäter, Geiselnehmer oder Diebe nach wie vor einen hohen Anreiz dar. Zwar sinkt seit Jahren die Zahl der bundesweit auf Kreditinstitute verübten Überfälle, während im statistischen Vergleich das Risiko Opfer eines Überfalls in einer Tankstelle zu werden, rund vier Mal höher ist. Allgemein werden diese Gegebenheiten auf die insgesamt bei Kreditinstituten als hoch einzustufenden Sicherheitsmaßnahmen zurückgeführt.
Die Verringerung der Bargeldbestände in Kreditinstituten ist augenfällig, da es kaum noch von Mitarbeitern bediente Kassen gibt. An deren Stelle sind die Ein- und Auszahlungsautomaten getreten. Dort, wo Kassen doch noch vorhanden sind, sind durch gesetzliche Vorschriften die griffbereiten Banknotenbestände limitiert. Soweit dazu technische Systeme verwendet werden, geben diese die Banknoten nur noch zeitgestaffelt frei. Diesen Ablauf können Mitarbeiter nicht beeinflussen. Um an den gesamten Hauptbestand eines sog. Automatischen Kassentresors zu gelangen, müsste der Täter zehn Minuten warten. Soviel Zeit nimmt sich dieser kaum.
Hinzu kommt, dass es bereits reine Automatenstellen gibt, in denen die Mitarbeiter über keinerlei Möglichkeiten mehr verfügen, an das Bargeld zu kommen. Ein Zugriff auf die Bestände in den Automaten ist generell nur durch den externen Geld- und Werttransporteur möglich. Damit ein Täter nicht dem fatalen Irrtum unterliegt und bedrohte Mitarbeiter in Argumentationsnöte während einer Bedrohung kommen, wird durch entsprechende Schilder erklärt, dass die Mitarbeiter keinerlei Zugriff auf Bargeldbestände haben. Sollten gelegentlich doch noch Bargeldbestände in einer Filiale gelagert werden, so empfiehlt die Berufsgenossenschaft, sog. Hintergrundbestände unter Zeitverzögerung oder nachts unter unüberwindbarer Zeitsperre zu nehmen.
In der kommenden Ausgabe von GIT SICHERHEIT ergänzt Rainer Hannich das Thema Geldautomatensicherheit durch Ausführungen zu Einfärbesystemen und Farbrauchsystemen. Außerdem wird es um Videoüberwachung in Bankfilialen gehen.

 

Kontakt
Rainer Hannich
Nord/LB, Hannover
Tel.: 0511/361-2808
Fax: 0511/361-4446
rainer.hannich@nordlb.de
www.nordlb.de