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Logistik: Leistung, Service und Sicherheit

22.05.2012 - Deutschland ist Europas attraktivster Logistikstandort. Waren und Güter werden heute wie nie zuvor über Ländergrenzen bewegt. Der Transport und Logistikmarkt ist heute hinter der A...

Deutschland ist Europas attraktivster Logistikstandort. Waren und Güter werden heute wie nie zuvor über Ländergrenzen bewegt. Der Transport und Logistikmarkt ist heute hinter der Automobilindustrie und der Chemieindustrie der drittstärkste Wirtschaftssektor der Bundesrepublik Deutschland, und er wächst weiter. Die Transportkosten sind ein beträchtlicher Teil der Gesamtkosten eines Produktes und stellen damit Logistiker vor sehr komplexe Aufgaben. 2,6 Millionen Beschäftigte in mehr als 60.000 Unternehmen, rund 200 Mrd. € Jahresumsatz und Wachstumszahlen, die deutlich über denen des Bruttoinlandsprodukts liegen - der Logistikmarkt in Deutschland boomt seit Jahren. GIT SICHERHEIT fragt: Wie steht es um die Sicherheit innerhalb der Lieferketten? Wie hoch sind Verluste und Verzögerungen? Welche Kriminalitätsformen bedrohen diese wichtige Branche und was kann repressiv und präventiv getan werden?

Wachstum
Laut dem Bundesamt für den Güterverkehr (BAG) stieg einhergehend mit dem anhaltenden konjunkturellen Aufschwung der deutschen Volkswirtschaft die Verkehrsnachfrage auf dem deutschen Güterverkehrsmarkt im 1. Halbjahr 2011 dynamisch an. Die im Straßen-, Eisenbahn- und Binnenschiffsgüterverkehr beförderte Gütermenge wuchs im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 12,4 %, die Verkehrsleistung um 4,3 % (ohne Straßengüterverkehr ausländischer Fahrzeuge in Deutschland). Während auf der Schiene und der Straße deutlich mehr Güter befördert wurden und überproportionale Mengen- und Leistungszuwächse zu verzeichnen waren, verließ die Binnenschifffahrt den Wachstumspfad des Vorjahres. Ihre Mengen- und Leistungswerte blieben angesichts schwieriger Rahmenbedingungen hinter den Vergleichswerten aus dem 1. Halbjahr 2010 zurück. Ihr Anteil am Modal Split (Verteilung des Transportaufkommens) ging zugunsten des Lkw und der Eisenbahn zurück.

Bei den Außenhandelsströmen setzte sich die positive Entwicklung des Vorjahres fort. Sowohl Exporte als auch Importe lagen wieder über dem Vorkrisenniveau. Deutlich erholt haben sich ferner die Investitionen, speziell die Ausrüstungsinvestitionen. Die Aufwärtsbewegung schwächte sich im zweiten Quartal des Jahres 2011 ab. Leicht wachstumshemmend könnte u. a. die Störung internationaler Produktionsketten infolge der Naturkatastrophe in Japan gewirkt haben. Gleichzeitig stiegen die Importe im zweiten Vierteljahr stärker als die Exporte. Die Märkte haben sich längst erholt, und laut Bundesregierung befindet sich Deutschland auch im Jahr 2012 weiterhin auf Wachstumskurs.

Lagern, aber wo und wie?
Es beginnt bei der Planung der Logistikimmobilie. Ideale Standorte sind in unmittelbarer Nähe von Ballungszentren, Autobahnen, Bundestraßen, Häfen oder Flughäfen. Das Objekt sollte Rampen, Ladetore, Rangier- und Abstellflächen haben. Es wäre auch nicht schlecht, wenn die Nähe zu Polizei, Sicherheitsdiensten und Feuerwehr in die Überlegungen einbezogen würden. Deutschlandweit sind laut der FAZ im vergangenen Jahr Logistikimmobilien mit einer Gesamtfläche von 3,92 Mio. Quadratmetern vermietet oder für die Eigennutzung errichtet worden. Das ist Rekord. Doch passende Flächen in den Ballungsräumen wie Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Stuttgart oder München werden langsam knapp. Immer mehr Unternehmen weichen deshalb in ländliche Bereiche aus. Hier wird oftmals an der Sicherheitstechnik und am -personal gespart, und damit wird das Logistiklager selbst zur Schwachstelle. In jedem Fall müssen diese Objekte neben den allgemeinen produktabhängigen Lagerbedingungen einer gründlichen Sicherheitsanalyse unterzogen werden, damit die Schäden durch Kriminalität möglichst gering bleiben. Das maßgeschneiderte Sicherheitskonzept beginnt meist mit ausreichendem Perimeterschutz, vollständiger Ausleuchtung bei Dunkelheit, mechanischen Sicherungen, Brand-, Überfall- und Einbruchmeldeanlagen, Transpondern, Videoüberwachung, Zutrittskontrolle und endet mit der Auswahl und Qualifikation des Sicherheits-, Lager- und Fahrerpersonals.

Auf Achse, Schienen, zu Wasser und in der Luft
Auch beim Transport der Waren bestehen weitere Sicherheitsrisiken durch Verluste, Raub- und Diebstahlskriminalität. Knapp 80 % der Konsumgüterhersteller und Einzelhändler in Deutschland beklagen Ladungsverluste durch Sicherheitsmängel. Laut Europäischer Union entsteht im Straßentransport allein durch Diebstahl europaweit ein Schaden von mehr als 8 Mrd. € pro Jahr. Besonders hohes Schwundrisiko besteht beim Transport auf der Straße, während der Ruhezeiten, beim Umladen und Zwischenlagern. Möglichkeit zur Verbesserung sehen zwei von drei Unternehmen bei den beauftragten Logistikern. Das ist das Ergebnis der Studie „Branchenkompass Transport 2010" von der Unternehmensberatung Steria Mummert Consulting und dem F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen.

Ähnliche Probleme gibt es auf Schienen, beim Transport zu Wasser und beim Lufttransport, wenn die Transportkette Schwachstellen aufweist. So sind z. B. im Jahr 2010 über 3.200 Briefe und Pakete auf dem Weg vom Absender zum Empfänger verschwunden. Die Polizei berichtet von einer steigenden Tendenz. Die Beamten vermuten zudem eine hohe Dunkelziffer, weil die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) nur die Verstöße gegen das Post- und Fernmeldegeheimnis erfasst, beispielsweise das Öffnen von Briefen. Frachtdiebstahl auf dem Schienen-, Wasser- oder Luftweg im großen Stil ist mit einem hohen logistischen Aufwand verbunden und erfordert daher eine Arbeitsteilung von mehreren Tatbeteiligten und entsprechende Abnehmer für die Waren. In vielen Großverfahren, die in Deutschland durchgeführt wurden, handelte es um sich organisierte Kriminalität.

So konnten beispielsweise vor Jahren im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Frachtdiebstahls am Frankfurter Flughafen mit einer Schadenssumme von 4,6 Mio. € insgesamt 24 Beschuldigten ermittelt werden. Dabei werden besonders die Innentäterproblematik und die versteckten Schwachstellen in den Betriebsabläufen beim Frachthandling deutlich. Dort sind danach die Sicherheitslücken beseitigt worden, doch bei vielen Logistikern können Täter und Innentäter weiter agieren, wenn nicht umfangreiche Präventivmaßnahmen getroffen werden.

Lkw-Diebstähle nehmen zu
In Deutschland werden jährlich mehr als 2.200 Lkw gestohlen. Jährlich steigt diese Kriminalitätsform laut Bundeskriminalamt (BKA) um ca. 2 %. Etwa 800 Lkw, Zugmaschinen und Sattelschlepper werden später wieder ohne die meist wertvolle Ladung aufgefunden. Der Rest verschwindet mit der Ladung dauerhaft. In vielen Fällen handelte es sich dabei um gemietete oder geleaste Fahrzeuge. Allein den für die Leasingbanken entstandenen Schaden schätzt das BKA auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Illegale Absatzmärkte gestohlener Lkw befinden sich hauptsächlich im Nahen Osten.

Die Hauptverbringungsroute verläuft laut der Behörde auf dem Landweg über die Türkei nach Syrien, dort erfolgt die weitere Verschiebung der Fahrzeuge. Die Ware wird sofort nach dem Fahrzeugdiebstahl einem Hehler übergeben und wird illegal über Mittelsmänner abgesetzt. In den meisten Fällen wird das Ladegut auf Bestellung gestohlen und wird oft nur kurz oder gar nicht zwischengelagert. Gestohlen wird alles, was sich problemlos und rasch vermarkten lässt und hohe Profite verspricht - Computer, Mobiltelefone, Autoradios, Fernseher, aber auch Lebensmittel, Spirituosen, Zigaretten oder Kosmetikartikel. Es boomt auch der Diebstahl von Maschinen und Metallen jeglicher Art. Hier handelt es sich um eine Form von organisierter Kriminalität mit einem hohen Anteil von Insiderbeteiligung. Ganze Lkw werden geklaut oder mitsamt den Fahrern entführt. Oft werden Speditionen, Fahrzeuge und Ladevorgänge tagelang ausgespäht, um bei passender Gelegenheit zuschlagen zu können. Nur durch intensive aufwendige Ermittlungsverfahren, oft unter Beteiligung von speziellen Detekteien, kann das kriminelle Netz aufgedeckt werden.

Auf Bestellung
Ob Geräte für die Elektronikindustrie, Kameras, Textilien, Silberbarren, Neufahrzeuge, Maschinenteile, Lebensmittel oder Eventausrüstungen für Konzerte, Ausstellung oder Expeditionen, Treibstoffe oder Baumaterialien: Alles wird geklaut! Laut dem LKA Niedersachsen sind jährlich etwa 200.000 Transporte auf deutschen Straßen von Frachtdiebstählen betroffen. Dadurch entstehen in den EU-Staaten volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Laut Angaben der EU-Kommission belief sich der Gesamtschaden im Jahr 2010 auf 8,5 Mrd. €, davon rund 3,5 Mrd. € allein in Deutschland. Durch die Unterbrechung der Lieferkette komme es oft zu massiven Produktionsausfällen und Betriebsstörungen in ganzen Industriezweigen. „Nicht selten ist der Folgeschaden fünfmal so hoch wie der Warenwert", berichtete Michael Wortmann von der weltweit tätigen Frachtschutzorganisation TAPA (Transported Asset Protection Association), einem Zusammenschluss von mehr als sechshundert Warenherstellern, Versicherern, Logistikdienstleistern und Strafverfolgungsbehörden. Zusätzlich, beklagt die TAPA, sorge die von Hehlern zu Dumpingpreisen verhökerte Beute auch noch für Wettbewerbsverzerrungen.

Prävention durch GPS-Tracking
Um Frachtdieben das Handwerk zu erschweren, ist nicht zuletzt die Wahl eines zweckmäßigen Fahrzeugs wichtig, das je nach Ladungswert und Fahrtroute entsprechend ausgerüstet ist. Dazu gehören neben stabilen mechanischen und elektronischen Schließ- und Sicherungssystemen an Fahrzeugen und Verpackungsbehältern beispielsweise auch Königsbolzenschlösser oder Deichselsicherungen, wie Erwin Abele vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Berlin, erklärte. Wenn, wie geschehen, Autoradios im Wert von 260.000 € in einem Lkw mit Planenaufbau von Deutschland nach Frankreich gefahren werden und der Fahrer auf einem unbewachten Parkplatz in Belgien pausiert, so der Verkehrshaftungsexperte, dürften er und sein Spediteur sich nicht wundern, wenn Diebe die Plane aufschlitzten und 356 Autoradios mitnähmen. Mit Kofferaufbau wäre das vermutlich nicht passiert, zumal, wenn der Lkw mit einer Alarmanlage ausgerüstet gewesen wäre, so Abele. Bei der Fahndung nach gestohlenen Fahrzeugen steigert die Objektverfolgung mittels des satellitengestützten GPS-Navigationssystems (GPS-Tracking) nach Ansicht des GDV-Rechtsexperten zudem die Erfolgsaussichten bei der Aufklärung des Diebstahls durch die Strafverfolgungsbehörden (Quelle: vdi nachrichten).

Spezialisierte Detekteien
Neben den polizeilichen Ermittlungen ist es in vielen Fällen durch spezialisierte Detekteien gelungen, die Hintermänner, Hehler und die beteiligten Fahrer bzw. Angestellten der Spedition zu überführen. Der Chef der Detektei QSD Ermittlungs- und Sicherheitsdienst mit den Niederlassungen in Hirschau bei Amberg (Bayern) und Mössingen bei Tübingen (Baden-Württemberg), Christian Thomeczek, erklärt dazu: „Organisierte Kriminalität fügt den Logistikunternehmen, deren Versicherungen und Auftraggebern hohe Schäden zu. Von einem Rückgang der kriminellen Handlungen innerhalb dieser Branche können die Verantwortlichen nicht ausgehen.

Schließlich kann man nicht unbedingt auf die fortwährende Schadensübernahme durch die Versicherungen zählen, da nach diversen Vorfällen auch hier genauso wie in anderen Bereichen Toleranzgrenzen erreicht werden. Zukünftig zu entrichtende Versicherungsbeiträge könnten zudem leicht in bemerkenswerte Höhen klettern. Die Verursacher, die statistisch erwiesen meist einen nicht gerade geringen Schaden anrichten, sollten hierfür schließlich auch durch den Einsatz von erfahrenen Ermittlern inklusive rechtskräftiger Beweisführung zur Rechenschaft gezogen und dadurch Schadenswiedergutmachung erzielt bzw. die Vermeidung weiterer Verluste realisiert werden. Da private Ermittler keinem Strafverfolgungszwang wie beispielsweise polizeiliche Behörden unterliegen, ist eine anderweitig effektive und Erfolg versprechende Arbeitsweise mit abschließender Übergabe des Ermittlungsvorgangs an die staatlichen Strafverfolgungsorgane für interessierte Unternehmen sehr gut nachvollziehbar.

Containerdiebstahl
Auch komplette Container bzw. deren Ladungen sind, wenn sie unbewacht abgestellt werden, nicht vor Diebstahl sicher. Die Diebe verfügen über geeignete Transportfahrzeuge und haben in vielen Fällen auch Erkenntnisse über den Wareninhalt. In einigen Fällen werden solche Straftaten auch unter „Mitarbeit" der Fahrer begangen, die je nach Beuteerwartung am Gewinn beteiligt werden. Auch gefälschte Papiere werden verwendet, um die Freigabe der Container aus dem Containerterminal zu erwirken. Oft spielen dabei Angestellte der Transportunternehmen bzw. die Importeure selbst eine Rolle. Wichtige Daten über den Transportweg von Containern werden auch durch Hacker, die in fremde Computernetze eindringen, in Erfahrung gebracht. Die Container werden bei vielen Taten schnell und unauffällig geöffnet und mit neuen Plomben sowie Vorhangschlössern versehen, ohne dass die Fahrer dies zunächst bemerken.

Auch TAPA kann helfen
Die Vereinigung TAPA (Transported Asset Protection Association) ist ein einzigartiger Zusammenschluss von internationalen Herstellern, Logistikdienstleistern, Frachtunternehmen, Strafverfolgungsbehörden und anderen Beteiligten mit dem gemeinsamen Ziel, Verluste in der internationalen Lieferkette zu reduzieren. Die TAPA kann den Logistikunternehmen durch vielfältige Aktivitäten helfen, Frachtdiebstahl wirksam zu bekämpfen, wie z. B. durch standardisierte Sicherheitsanforderungen, Datenerfassung und -austausch über gestohlene Güter und enge Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden.