Management

Interview mit Dr. Urban Brauer, Geschäftsführer des BHE

07.03.2013 - Der BHE ist eine Gemeinschaft fachkompetenter Personen und Firmen mit rund 700 Mitgliedsunternehmen (etwa 77 % Errichter, 20 % Hersteller und 3 % Planer) und Kommunikations- und ­I...

Der BHE ist eine Gemeinschaft fachkompetenter Personen und Firmen mit rund 700 Mitgliedsunternehmen (etwa 77 % Errichter, 20 % Hersteller und 3 % Planer) und Kommunikations- und ­Informationsplattform für alle, die mit Sicherheit zu tun haben. In diesem Sinn fördert er den umfassenden Meinungsaustausch der Mitgliedsunternehmen untereinander sowie gegenüber Anwendern, Architekten und Sicherheitsbeauftragten. Unser wissenschaftlicher Schriftleiter Heiner Jerofsky sprach mit dem langjährigen Geschäftsführer Dr. Urban Brauer über Aktivitäten, Entwicklungen und Ziele dieses wichtigen Branchenverbandes.

GIT-SICHERHEIT.de: Sie sind seit vielen Jahren Geschäftsführer des BHE und haben durch Ihre Arbeit in diesem Fachverband dessen heutige Bedeutung und Stellung im Markt wesentlich mit geprägt. Worin sehen Sie die wichtigste Aufgabe des BHE und gibt es noch weitere Ziele oder neue Herausforderungen, an denen Sie für Ihre Mitgliedsunternehmen arbeiten?

Dr. Urban Brauer: Ja, beim BHE bin ich nunmehr seit fast 25 Jahren. In all diesen Jahren haben wir, d. h. der Vorstand, die Fachausschüsse und das Team in der Geschäftsstelle, versucht, die Bedeutung des BHE und seine Stellung im Markt positiv zu beeinflussen. Eine „wichtigste Aufgabe" in dem Sinne gibt es nicht, Verbandsarbeit ist immer sehr vielschichtig. Es gilt, die verschiedenen Anliegen der Mitglieder zu befriedigen. Denn es gibt ja nicht das Mitglied, sondern jedes Mitglied setzt andere Präferenzen und möchte möglichst individuell verstanden und betreut werden. Wir haben Errichter, Hersteller und Fachplaner als Mitglieder, die alle unterschiedliche Vorstellungen haben. Daneben kommt es darauf an, ob das Mitglied schwerpunktmäßig oder sogar ausschließlich im Bereich EMA, BMA oder in einem anderen Gewerk tätig ist. Wenn überhaupt, könnte man als wichtigste Aufgabe die bezeichnen, den Mitgliedsunternehmen Hilfestellung in ihrer Marktbearbeitung zu bieten. Nur wenn dies spürbar gelingt, sind die Mitglieder zufrieden und bleiben uns als Verbandsmitglieder erhalten. Dass uns dies ganz gut gelungen ist, zeigt die Mitgliederstatistik im Zeitablauf, allein in den letzten fünf Jahren kamen jedes Jahr durchschnittlich 55 neue Mitglieder dazu! Wichtig für den BHE ist es, dass die Mitglieder einen akzeptablen Markt für ihre Sicherheitsleistungen vorfinden, d. h., wir müssen, möglichst gemeinsam mit anderen Marktteilnehmern für fachmännische Sicherheitsdienstleistungen sensibilisieren. In Ermangelung eines eigenständigen Berufsbildes für den Sicherheitstechniker kommt hierbei auch der Aus- und Weiterbildung des Fachpersonals eine enorme Bedeutung zu. Weiter geht es darum, den Mitgliedsunternehmen die kaufmännische, juristische sowie die marketingmäßige Unterstützung zu bieten, damit sie sich auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren können.

Besondere Bedeutung haben die mittlerweile 14 verschiedenen Fachausschüsse. Wie sind diese besetzt, wie muss sich der Leser deren Arbeit vorstellen und wie wird das dort erarbeitete Wissen den Mitgliedern oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

Dr. Urban Brauer: Alle BHE-Mitglieder haben das Recht zur aktiven Mitarbeit in den Fachausschüssen. Durchschnittlich sind ca. 15-20 Personen in einem Fachausschuss aktiv. Die Fachausschüsse treffen sich zweimal im Jahr, dazwischen tagen eigens eingerichtete Arbeitskreise, Detailarbeiten werden von den Mitarbeitern der BHE-Geschäftsstelle erledigt. In den Fachausschüssen werden aktuell relevante Fragestellungen diskutiert, bearbeitet und ggf. - d. h. bei Interesse für die Mitglieder oder den Markt - in Info-Papieren veröffentlicht. Den Mitgliedern werden diese Informationen per Post, per E-Mail oder über eine interne Homepage bekannt gemacht. Der Öffentlichkeit sind relevante Themen ebenfalls über die BHE-Homepage, per Post oder über allgemeine Informationsveranstaltungen zugänglich. Bestimmte Themenbereiche, z. B. „Mehr Sicherheit für Schulen", werden in eigenständigen Broschüren gedruckt und den interessierten Kreisen zur Verfügung gestellt.

Besondere Aktivitäten entwickelt der BHE auf dem Gebiet des Einbruchschutzes und der Gefahrenmeldeanlagen. Die auf dem Markt angebotenen Techniken entsprechen nicht immer den Anforderungen von Polizei und BHE. Was raten Sie dem Kunden vor Auftragsver­gabe bzw. auf was soll er achten?

Dr. Urban Brauer: Die Kunden sind in aller Regel bei der Auswahl der Sicherheitsanbieter überfordert, da sie weder die Produkte noch die Fachfirmen kennen. Die Kunden sollten gezielt nach Fachfirmen für Sicherheitstechnik suchen. Der BHE bietet z. B. eine gute Hilfestellung mit seiner Landkarte, in der Interessenten in ihrer Postleitzahlenregion Fachfirmen für unterschiedlichste Gewerke auswählen können. Weiter bietet der BHE Checklisten als Hilfestellung für die Auswahl von Fachfirmen an.

Es ist besonders wichtig, vertrauenswürdige und fachkundige Fachfirmen vor Ort zu haben. Welche besonderen Qualifikationen bzw. Zertifizierungen müssen Errichter und Fachplaner nach­weisen, wenn sie von Ihnen empfohlen werden?

Dr. Urban Brauer: Die BHE-Mitglieder müssen die gültigen Normen und Richtlinien im jeweiligen Sicherungsgewerk einhalten, erforderliche Zertifizierungen, z. B. BHE-Zertifikat, DIN-14675 oder VdS-Anerkennungen, nachweisen. Die Mitarbeiter in den Unternehmen müssen über die jeweils erforderlichen Qualifikationen verfügen. Die Kunden müssen sich darauf verlassen können, dass die Fachfirmen einen qualifizierten Instandhaltungsdienst anbieten können.

Nahezu alle namhaften Hersteller von Sicherheitssystemen sind Mitglieder des BHE. Welche Rolle spielen diese Firmen, die zum Teil Konkurrenten sind, in Fachausschüssen, bei Vorträgen oder bei technischen Empfehlungen?

Dr. Urban Brauer: Das liegt in der Natur der Sache, dass bestimmte Hersteller untereinander in Wettbewerb stehen, dies trifft jedoch auch bei Errichterfirmen in den Regionen zu. In den Fachausschüssen profitieren Hersteller und Errichter vonein­ander. Da in den Gremien immer mehrere Hersteller vertreten sind, wird schnell klar, dass diese nicht ihre Einzel- bzw. Firmeninteressen zum Nachteil anderer vertreten können. Deshalb ist in Fachausschüssen, Seminaren und bei technischen Empfehlungen nur eine herstellerunabhängige Bearbeitung von Themen möglich. Neue Delegierte aus Herstellerfirmen erkennen diese Systematik immer sehr rasch bzw. werden im Rahmen der Gremien­arbeit entsprechend „erzogen".

Ihr Fachverband bietet seit vielen Jahren zahlreiche Veranstaltungen, Kongresse und Seminare an, die der Weiterbildung und dem Erfahrungsaustausch dienen. Welche Themen stehen im Jahr 2013 im Vordergrund und welche Messen sind in einem securityfreien Jahr für den BHE und seine Mitglieder von Bedeutung?

Dr. Urban Brauer: Die erste Großveranstaltung ist der Brandschutz-Kongress Ende Februar. Hier erwarten wir, dass wir wieder viele Interessenten wg. Überfüllung ablehnen müssen. Anfang November haben wir unsere traditionellen Essener Sicherheitstage, die wir in Kooperation mit der Messe Essen durchführen. Evtl. werden wir bei dieser Veranstaltung etwas Neues testen, das wird aber erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Neuland haben wir bei den SAS-Zertifizierungsseminaren betreten, hier bieten wir allein zwei Veranstaltungen im ersten Quartal an. Welche weiteren Seminare wir über das bisherige Seminarangebot hin­aus durchführen, wird abhängig von aktuellen Entwicklungen und Erfordernissen entschieden. Stärker engagieren werden wir uns mit sogenannten Webinaren, bei denen unsere Interessenten via Internet die Vorträge präsentiert bekommen. Der Vorteil liegt darin, dass für die Teilnehmer deutliche Zeit- und Kosteneinsparungen entstehen. Im Sommer ist der BHE traditionell auf der SicherheitsExpo München mit einem kleinen Messestand vertreten. Weiter wird derzeit geprüft, ob wir evtl. im 4. Quartal noch mit einem Gemeinschaftsstand auf einer Spezialmesse vertreten sein werden.

Können Sie uns Arbeit, Aufgaben und Ziele der BHE-Akademie GmbH beschreiben?

Dr. Urban Brauer: In der BHE-Akademie-GmbH werden die wirtschaftlichen Aktivitäten des BHE durchgeführt, d. h. die Seminare und Kongresse. Darüber hinaus verkaufen wir dort bestimmte Produkte für Kunden, z. B. Betriebsbücher, Zeichensymbole oder Fachbücher.

Was bieten Sie in Ihrem Web Shop an und können dort auch Nichtmitglieder bestellen?

Dr. Urban Brauer: Im Web Shop können alle Interessierten, ob Mitglied oder Nichtmitglied, einkaufen. Angeboten werden Seminarunterlagen, Praxis-Ratgeber, Betriebs­bücher, personalisierte Firmenausweise, Zeichensymbole als CD-ROM oder Schablone, digitale Mess­geräte u. v. m.

Wie schätzen Sie die aktuelle Sicherheitslage in Deutschland und Europa ein und glauben Sie, dass dies Auswirkungen auf die Geschäfte Ihrer Mitglieder haben kann?

Dr. Urban Brauer: Die Sicherheitslage ist weder in Deutschland noch in Europa so einfach zu beschreiben. Hier fehlen oft die statistischen Zahlen, kaum jemand ist bereit, Klartext zu reden. Kaum ein Unternehmen gibt zu, dass es ein Sicherheitsproblem hat oder eine Straftat stattgefunden hat. Auch die Polizei hält sich hier häufig sehr bedeckt. Im Privatmarkt sieht es aktuell etwas anders aus. Hier wurde 2012 erstmals vom Bundesinnenministerium Alarm geschlagen. Dass man selbst von einer besorgniserregenden Situation spricht - die Wohnungseinbrüche haben zum 3. Mal in Folge zugenommen, allein in 2011 um 9,3 % -, ist schon erstaunlich. Wenn das Signal in der Bevölkerung ankommt, sollte dies positive Auswirkungen auf den Sicherheitsmarkt haben. Da in Deutschland aber nach wie vor bzgl. der Prävention eine Vollkaskomentalität nach dem Motto, der Staat möge bitteschön für meine Sicherheit sorgen, vorherrscht, wird deutlich, dass hier kein Automatismus wirksam wird.

Welche technischen Schutz- und Sicherheitseinrichtungen werden nach Ihrer Ansicht in den nächsten Jahren besonders stark nachgefragt? Werden die Sicherheitssysteme kompatibler, bedienerfreundlicher und kostengünstiger? Wird sich der Markt weiter positiv entwickeln?

Dr. Urban Brauer: Die Einfachheit und Benutzerfreundlichkeit wird mit Sicherheit im Vordergrund stehen. Die Anwender wollen verstehen, was wie funktioniert. Sicherheitstechnische Einrichtungen sollen die Anwender in ihrer Bewegungsfreiheit nicht behindern, sondern Zusatznutzen bieten. Auch die Bedienbarkeit über mobile Geräte wird zunehmen. Die Preise für Sicherheit sind bereits heute günstig, daher kommt es nicht darauf an, noch kostengünstigere Produkte bzw. Leistungen anzubieten, sondern Anwender vom Nutzen der Systeme zu überzeugen. Der Markt wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter positiv entwickeln, die Ausgangsbasis ist noch vergleichsweise gering.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitgliedern ein erfolgreiches Jahr 2013 und bedanke mich für Ihre offenen Worte sowie den interessanten Einblick in die umfangreichen Aktivitäten Ihres Fachverbandes.

 

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