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Industrieversicherer FM Global leistet sich millionenschweres Forschungs- und Testzentrum

17.10.2012 - „Forschung ist gelebtes Risikomanagement", sagt Risikoexperte Frank Drolsbach mit Überzeugung. Versicherer, die Unternehmen beim Identifizieren von Risiken und Gefahrenquellen unte...

„Forschung ist gelebtes Risikomanagement", sagt Risikoexperte Frank Drolsbach mit Überzeugung. Versicherer, die Unternehmen beim Identifizieren von Risiken und Gefahrenquellen unterstützen, müssten nicht nur einen Blick fürs Detail mitbringen, sondern auch in Forschung und Entwicklung investieren. Wir sprachen mit dem Direktor und Operations Engineering Manager beim Industrieversicherer FM Global in Deutschland.

GIT-SICHERHEIT.de: Herr Drolsbach, Sie legen großen Wert auf das Risikomanagement ihrer Kunden. Bedeutet das nicht, dass diese dann weniger Versicherungsschutz benötigen - und Sie weniger Geschäft machen?

Frank Drolsbach: Ein guter Versicherungsschutz ist für jedes Unternehmen wichtig und kann in Krisensituationen sogar überlebenswichtig sein. Bedenken Sie aber, dass dieser Schutz, so umfassend er auch angelegt ist, niemals das gesamte Risikopotential eines Unternehmens abdecken kann. Materielle Schäden können ersetzt werden, aber keine Versicherung der Welt kann Imageschäden oder den Verlust der Marktposition kompensieren. Auch wenn sich manche Sachrisiken nicht vermeiden lassen, so können wir gezielt dafür sorgen, dass die Schäden keine katastrophalen Folgen für die betroffenen Unternehmen haben. Risikomanagement ist wichtig, um Schäden durch Feuer oder Naturgefahren, aber auch wirtschaftliche Risiken durch daraus resultierende Betriebsunterbrechungen vermeiden zu können. Im letzten Jahr waren zum Beispiel viele Unternehmen auf der ganzen Welt von den Naturkatastrophen in Japan und Thailand betroffen. Denn im Zeitalter globalisierter Lieferketten machen sich Schäden bei Zulieferern schnell auch durch Produktionsausfälle bei den Abnehmern bemerkbar.

Was empfehlen Sie Ihren Kunden, damit sie besser abgesichert sind?

Frank Drolsbach: Das kommt ganz auf den Kunden an. Jede Branche, jede Region und jeder Standort kann ganz unterschiedliche Risiken aufweisen. Deshalb führen wir zusammen mit unseren Kunden Risikoanalysen an allen seinen relevanten Standorten durch. Ziel ist es, die ­Risikosituation an jedem seiner Standorte genau zu verstehen, alle Risiken zu identifizieren und daraus letztlich praktikable und effektive Schutzmaßnahmen abzuleiten. Ein Plus an Schutz bedeutet zweifellos mehr Sicherheit für Mitarbeiter, Anlagen und Maschinen, kann sich aber auch in Form höherer Deckungssummen oder niedrigerer Prämien bemerkbar machen.

Dazu ist aber auch eine Menge Fachwissen erforderlich. Kann ein Versicherungsfachmann in Sachen Risikomanagement und Schadenverhütung eigentlich immer auf dem neuesten Stand sein?

Frank Drolsbach: Ein solches Fachwissen kommt natürlich nicht von ungefähr. Einen großen Teil macht die Erfahrung aus - wir befassen uns seit mehr als 175 Jahren mit Industrieversicherungen. Noch wichtiger ist für uns aber unser technikzentrierter Ansatz, um die individuellen Risiken eines Standorts zu ermitteln. Dazu verfügen wir über 1.500 Risikoingenieure weltweit; das ist einzigartig in unserer Branche. Die Risiken werden nicht anonym von Aktuaren, also Versicherungsmathematikern, ermittelt, die zwar auf gewaltige Statistiken zurückgreifen können, ihren Schreibtisch jedoch nicht verlassen. Stattdessen setzen wir auf Ingenieure, die sich direkt vor Ort beim Kunden die Gebäude, Anlagen und Maschinen ansehen und auch die nötige Fachkenntnis in der jeweiligen Branche mitbringen, um die Risiken beurteilen zu können. Die Kunden akzeptieren uns als Fachleute, die Empfehlungen geben, wie sich bestimmte Risiken gezielt verringern oder vermeiden lassen. Aus diesem Grund investiert FM Global auch so stark in sein Forschungs- und Testzentrum in West Glocester, Rhode Island in den USA.

Heißt das, FM Global wird selbst aktiv, wenn es darum geht, Risiken genauer zu erforschen?

Frank Drolsbach: Genau das. Forschung ist für uns gelebtes Risikomanagement. Auf unserem „Research Campus" nehmen wir die Erforschung von Risiken selbst in die Hand, und das schon seit 1967. Mit über 600 Hektar Fläche ist er eines der größten Zentren für Schadenforschung weltweit. Wir haben dort 140 Mitarbeiter, die mit FM-Global-Ingenieuren aus der ganzen Welt Methoden erforschen, um Elementar-, Explosions- und vor allem Brandschäden zu vermeiden oder zumindest so gering wie möglich zu halten. Hier steht auch eine der größten Brandhallen der Welt. Sie ist 3.000 Quadratmeter groß und knapp 20 Meter hoch. In ihr können Industriebrände mit einer Wärmefreisetzung von bis zu 1.000 Grad Celsius im Originalmaßstab nachgestellt werden. Wir betreiben im Research Campus aber nicht nur Grundlagenforschung. Regelmäßig sind konkrete Fragestellungen aus dem Alltag unserer Kunden Gegenstand der Untersuchungen. Zugleich haben wir letztes Jahr in Norwood, nahe Boston, noch ein Zentrum für Schadenverhütung errichtet. Im Mittelpunkt der Anlage steht die SimZone, ein hochmoderner Lernsimulator im Wert von rund fünf Millionen Dollar, an dem Gefahren wie Feuer, die Freisetzung brennbarer Flüssigkeiten, Gebäuderisiken, Anlagendefekte und Elektrogefahren untersucht und veranschaulicht werden können.

Das klingt sehr aufwendig. Kann sich so etwas für eine Versicherung rechnen?

Frank Drolsbach: Auf jeden Fall. Die 80 Millionen Dollar, die FM Global bisher in den Aufbau und die ständige Modernisierung des Research Campus investiert hat, sind gut eingesetztes Geld. Bedenken Sie, wie viele Schäden sich durch ein verbessertes Risikomanagement vermeiden lassen. Die Erkenntnisse, die wir durch unsere Forschung gewinnen, können wir eins zu eins zur Verbesserung der Risikosituation bei unseren Kunden einsetzen. Das geht aber nur, wenn man sich als Versicherer genau mit den Risiken und Gefahrenquellen auseinandersetzt. Und damit meine ich nicht nur ein intensives Aktenstudium, sondern eben auch einen wissenschaftlich-praktischen Ansatz, bei dem tatsächlich im Brandlabor Großbrände mit leicht entzündlichen Flüssigkeiten oder Leerpaletten angesetzt werden, um die optimale Einstellung von Sprinklern zu erforschen.

Und ihre Kunden sehen das genauso?

Frank Drolsbach: Wir sind ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Das heißt, unsere Kunden sind Mitglieder im Versicherungsunternehmen und haben deshalb immer auch ein Interesse daran, dass nicht nur bei ihnen selbst, sondern auch bei den anderen Mitgliedsunternehmen die Schäden möglichst gering ausfallen. Sie wollen nicht in erster Linie ihre Schäden nachträglich ersetzt bekommen, sondern von vorn­herein Schäden vermeiden. Denn ist der Schaden erst einmal entstanden, kann dieser schnell die Existenz des Unternehmens gefährden, wenn beispielsweise ein Standort aufgrund von Nachlässigkeiten beim Brandschutz niederbrennt oder wenn Zulieferer ausfallen, die wichtige Bauteile liefern, welche nicht kurzfristig über andere Zulieferer beschafft werden können. Dann drohen langfristige Produktionsunterbrechungen, Kunden wandern ab und Marktanteile gehen verloren. Die zahlreichen Naturkatastrophen 2011 haben gezeigt, dass die meisten Schäden, die Unternehmen uns meldeten, so genannte Rückwirkungsschäden waren, also Schäden, die sich bei einem Zulieferer ereignet hatten und die zu Lieferkettenunterbrechungen und Produktionsausfällen führten. Das Jahr zeigte aber auch, dass sich Risikovorsorge und Schadenverhütung auszahlen. Wer seine Lieferketten genau kannte und deshalb auf andere Zulieferer ausweichen konnte oder über genügend Lagerbestände kritischer Bauteile verfügte, war klar im Vorteil. Und wer seine Standorte in Asien gegen Überschwemmung und Erdbeben abgesichert hatte, konnte die Schäden ebenfalls gering halten. Hier wollen wir ansetzen und unsere Forschung noch weiter intensivieren.

Herr Drolsbach, wir bedanken uns für das Gespräch.

 

 

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