Management

Expertise für Software trifft Leidenschaft für Technik

Tanja Rückert über ihre ersten 100 Tage im Amt

29.11.2018 -
Im August 2018 übernahm Dr. Tanja Rückert die Leitung des Geschäftsbereichs Bosch Building Technologies von Gert van Iperen. Vor ihrer Aufgabe bei Bosch war sie Leiterin des Gesc...

Im August 2018 übernahm Dr. Tanja Rückert die Leitung des Geschäftsbereichs Bosch Building Technologies von Gert van Iperen. Vor ihrer Aufgabe bei Bosch war sie Leiterin des Geschäftsbereich IoT und Digital Supply Chain bei der SAP SE. Die Erwartungen bei Bosch an die promovierte Chemikerin sind entsprechend hoch, die ausgewiesene IoT-Expertin soll die auf Vernetzung fokussierte Strategie von Bosch bei Produkten, Systemen und Lösungen vorantreiben, weiterentwickeln und umsetzen. Tanja Rückert verfügt über internationale Erfahrung als Führungskraft in der Software-Branche, was in Zeiten zunehmender Digitalisierung als gute Ergänzung zur Expertise von Bosch auf der Produktseite gesehen wird.

„Im IoT-Zeitalter werden Daten zum Kernbestandteil der industriellen Wertschöpfung und Software zum Nervensystem einer hochvernetzten Welt. Ich freue mich sehr darauf, dass ich meine Erfahrung in beiden Bereichen bei Bosch einbringen kann“, sagte Rückert bei ihrem Amtsantritt. Nach 100 Tagen im Amt stellte sich Tanja Rückert den Fragen der Presse in der Zentrale in Grasbrunn und präsentierte ein Fazit der ersten 100 Tage, sowie einen Ausblick auf die Zukunft von Bosch Building Technologies.

Fit für die Zukunftsthemen
Zu Beginn ihrer Präsentation erläuterte Tanja Rückert, wo und wie sie in den letzten zwanzig Jahren Erfahrung in der Softwarebranche gesammelt hat und wo ihre große Leidenschaft für die Zukunftsthemen künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, Machine Learning und IoT herrührt. Die Motivation für den Wechsel zu Bosch sieht sie zum einen in der spannenden Aufgabe, ihre Kenntnisse für die weitere digitale Transformation bei Bosch zu nutzen und zum anderen in der Wertschätzung, die das Unternehmen seinen Kunden, der Gesellschaft und den Mitarbeitern entgegenbringt. Die Werte und die Offenheit, die zum Teil noch auf den Firmengründer Robert Bosch zurückgehen, werden gelebt und sie durfte das schon in den ersten Monaten spüren. „Die Leidenschaft für technische Innovation, die ständige Suche nach Verbesserungen und die Engineering-DNA sind eine gute Basis für die digitale Zukunft des Unternehmens“, erläuterte Tanja Rückert und ergänzte: „Bosch investiert unter anderem über 300 Millionen Euro bis 2021 in die Zukunftstechnologie Künstliche Intelligenz  und verfügt über 25.000 Softwareentwickler. Zusammen mit unserer Kundennähe und der tiefen Produktkenntnis sind wir für IoT und KI bestens gerüstet“.

Projekterfahrung hilft Wachstums­märkte zu verstehen
Die Märkte für Sicherheits- und Gebäudetechnik sind angesichts des Internet der Dinge und der zunehmenden Vernetzung einem rasanten Wandel unterworfen. Anhand von zahlreichen Beispielen veranschaulichte Tanja Rückert, wie Bosch als Lösungsanbieter oder Partner an der Realisierung von hochwertigen Projekten beteiligt ist. Die dabei gesammelte Erfahrung in der Umsetzung vernetzter Lösungen zeigt Früchte und der Einsatz von künstlicher Intelligenz hat bereits zu ersten Ergebnissen geführt. Bei klassischen Gebäudeprojekten wie dem Bau des NOVE-Bürokomplexes in München, der Erstellung eines werkübergreifenden Brand- und Einbruchskonzepts bei der BMW AG, dem Shanghai Tower oder der Errichtung des internationalen Terminals am Flughafen in Cancun, steht die Vernetzung und Integration der Sicherheitsgewerke im Vordergrund. Bei einigen Projekten, z.B. wenn Videoanalysetechnik in Werkshallen und bei der Absicherung  des Eurasia-Tunnels zum Einsatz kommt, kann man bereits heute von künstlicher Intelligenz sprechen. Solche Lösungen verbessern die Sicherheit oder optimieren mithilfe von Sensoren und Datenanalyse die Energieeffizienz von Gebäuden und Anlagen. Im J-Village, der neuen Heimat des italienischen Traditionsclubs Juventus Turin sorgt eine integrierte Energielösung inklusive Wartung und Überwachung  für ein sehr effizientes Energiemanagement.

Vom Produkt-Geschäft zum ­Daten-basierten Geschäft
Während ihrer ersten 100 Tage bei Bosch hat Tanja Rückert viele Gespräche mit Kunden und Partnern geführt, die ihr bestätigt haben, dass auf die Qualität und Innovation der Produkte von Bosch Verlass ist. Nach ihrer Einschätzung ist an der Konnektivität der Produkte in den letzten Jahren viel gearbeitet worden und auch der nächste Schritt, produktnahe Services wie Analytics und Prozessoptimierung zu intelligenten Lösungen zusammenzufassen, ist schon in der Umsetzung. Videobasierte Branderkennung mit Bosch-Kameras und dem Aviotec-System sind ein Beispiel dafür.

Die nächsten Schritte auf dem Weg zum Daten-basierten Geschäft sieht Tanja Rückert in Mehrwertdiensten wie „Security as a Service“, wenn Produkte zum Service werden, und schließlich im Angebot datenbasierter, digitaler Geschäftsmodelle, Ökosysteme und Plattformen. Auf dem Weg dahin vertraut Bosch auf den starken Kundenfokus, der Integration von Sensoren, Software und Services und der Anwendung neuer Technologie. Diese Technologie muss nicht zwangsläufig in der eigenen Abteilung entwickelt werden, sondern kann auch aus anderen Bereichen kommen, wie z.B. dem Automotive-Bereich von Bosch, wo die Entwicklung von vernetzten Sensoren und IoT-Anwendungen sehr präsent sind.

„Unsere Kunden vertrauen uns und wir haben die richtigen Mitarbeiter, die Technologien und den Teamgeist. Nach 100 Tagen kann ich mich nur bei allen für die Unterstützung bedanken und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit“, war das persönliche Fazit von Tanja Rückert nach 100 Tagen.

Im Anschluss an die Pressekonferenz nahm Tanja Rückert sich Zeit, einige Fragen der GIT SICHERHEIT zu beantworten. Wir haben sie nach IoT-Anwendungen heute und in Zukunft und nach Datenschutzaspekten befragt.

Frau Rückert, nach dem Wechsel von SAP zu Bosch, sind Sie nun näher dran am Internet der Dinge oder weiter weg?
Tanja Rückert: In der Softwarebranche ist man auf den ersten Blick näher dran am Internet und an Cloudanwendungen. IoT gehört hier zum Grundvokabular. Wenn man die Sache aber eher augenzwinkernd betrachtet, könnte man aber auch spöttisch vom „Internet ohne Dinge“ sprechen. An den „Dingen“, das heißt an den Sensoren, den Geräten, Aktoren und damit auch an den Daten bin ich hier bei Bosch deutlich näher dran.

Wo stehen wir beim Thema IoT in der Sicherheitsbranche und was kann IoT für die Branche leisten?
Tanja Rückert:  IoT-Anwendungen sind heute schon gelebte Praxis. Mit der cloudbasierten Plattform EffiLink bieten wir zum Beispiel Remote und Online Services für Sicherheitssysteme. Ein vernetzter Brandmelder kann uns zum Beispiel sagen, dass er schon seit 45 556 Stunden in Betrieb und inzwischen zu 51,6 Prozent verschmutzt ist. Ein solcher Dialog ist ein lebhaftes Beispiel für das oft abstrakt anmutende Internet der Dinge. Das vorhin vorgestellte Beispiel der videobasierten Brand­erkennung eingebettet in ein Sicherheits-, Alarmierungs- und Evakuierungssystem zeigt, als eines von vielen Beispielen, die Kraft von IoT. Wenn es uns gelingt, mehr Geräte – und dabei denke ich auch an Geräte von anderen Anbietern – zu integrieren, sind wir auf dem besten Weg unsere Welt sicherer und komfortabler zu machen, proaktiv zu agieren und unsere Ressourcen besser zu nutzen.

Sie haben den offenen Ansatz angesprochen. Für die effiziente Nutzung des Internet der Dinge und eine herstellerunabhängige Integration sind Standards nötig. Welche Erwartungen hat Bosch dabei an die neu gegründete Open Security & Safety Alliance und welche Rolles spielt SAST, das Bosch-Start-Up?
Tanja Rückert: Die neue Industrieallianz, die wir zusammen mit Hanwha Techwin, Milestone, Pelco und Vivotek gegründet haben, hat das Ziel, genau diese Standards und Spezifikationen vor dem Hintergrund des Internet of Things zu entwickeln. Sie soll Standards und Spezifikationen für ein branchenspezifisches Betriebssystem, die benötigte IoT-Infrastruktur sowie gemeinsame Leitlinien zu Datensicherheit und Datenschutz entwickeln. Unser Bosch-Start-up Security and Safety Things (SAST) entwickelt für diese Allianz eine gemeinsam nutzbare IoT-Plattform.

SAST soll also sozusagen für das Betriebssystem sorgen?
Tanja Rückert: Ja, gemeinsam nutzbare Anwendungen laufen nur, wenn man sich auf ein gemeinsames Betriebssystem, Spezifikationen und Standards einigt. Mit dieser Initiative legen wir den Grundstein für den Aufbau eines sicheren und zuverlässigen Ökosystems für die Sicherheitsbranche, für einen gemeinsamen Marktplatz. Die Allianz und SAST bringen somit Hardwarehersteller, Softwareentwickler, Integratoren, Planer, Berater, Nutzer und weitere Parteien zusammen.

Der neue Geschäftsbereich heißt jetzt Bosch Building Technologies statt wie bisher Bosch Security Systems. Was war der Hintergrund?
Tanja Rückert: Der neue Name umfasst besser als der alte Name die Gesamtheit unseres Geschäfts. Wir bieten Sicherheits- und Kommunikationslösungen und sorgen mit dem regionalen Errichtergeschäft in ausgewählten Ländern für Lösungen und Dienstleistungen für Gebäudesicherheit, Energieeffizienz und Gebäudeautomation, sind also nicht auf ­Sicherheit beschränkt.

In manchen Ländern wie z. B. in China werden KI-Anwendungen ohne große Genehmigungsprozesse getestet und weiterentwickelt. In Deutschland hat man manchmal den Eindruck, dass der Datenschutz über allem steht und auch sinnvolle Projekte verhindert. Sehen Sie den Datenschutz als Innovationsbremse?
Tanja Rückert: Datenschutzbestimmungen wie GDPR und IT Security-Anforderungen sehe ich zunächst einmal als Chance für uns, weil wir uns seit Jahren z. B. in der Videoüberwachung für technologisch sichere Systeme mit einem Mehrfachschutz durch Verschlüsselung und Zertifikate einsetzen. Bosch hat sehr hohe ethische Standards was den Datenschutz angeht und behandelt alle Daten vertraulich und sicher. Der Grundsatz, zunächst einmal auch ethische Fragen zu klären, bevor die Technik unkontrolliert zuschlägt, ist nicht verkehrt. Wir müssen aber die Kommunikation mit der Öffentlichkeit verbessern, damit die Gesellschaft bei Themen, wie Big Data und Künstliche Intelligenz  zuerst an die Leistungen und die positiven Effekte denkt und nicht an Einschränkungen und Gefahren. ◾

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