Brandschutz

Gefeiert wird digital - Interview mit Vizepräsidentin Dr. Anja Hofmann-Böllinghaus

70 Jahre vfdb – gefeiert wird digital und 2021 auf der Interschutz

17.09.2020 -

Vor 70 Jahren, am 22. Mai 1950, wurde die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) in Stuttgart-Bad Cannstatt gegründet. Ziel war es von Anfang an, den gesamten deutschen Brandschutz wissenschaftlich und technisch weiterzuentwickeln. Damals konnte noch niemand ahnen, wie rasant sich in den folgenden Jahrzehnten die Technik wandeln würde. Entsprechend dynamisch wuchs die vfdb aus­ ­kleinen Anfängen zu einem kompetenten Expertennetzwerk für Schutz, Rettung und Sicherheit. Über Vergangenheit und Zukunft der vfdb sprachen wir mit Vizepräsidentin Dr. Anja Hofmann-Böllinghaus. Sie ist zugleich Vorsitzende des Technisch-wissenschaftlichen Beirats.

GIT SICHERHEIT: Frau Hofmann-Böllinghaus – 70 Jahre vfdb sind sicher ein Anlass zum Feiern. Wann steigt die große Party?

Anja Hofmann-Böllinghaus: In der Tat hätten wir allen Grund zur Geburtstagsfeier. Das war auch geplant. Welch besseren Rahmen hätte es geben können als die große Interschutz in Hannover. Aber bekanntlich ist die Weltleitmesse wegen der Corona-Pandemie auf das kommende Jahr verschoben worden. Und weil sich wegen der allgemeinen Beschränkungen für größere Veranstaltungen in diesem Jahr ein besonderes Event verbietet, werden wir im kommenden Jahr auf der Interschutz 2021 die Gelegenheit nutzen, noch einmal an unser 70-jähriges Bestehen zu erinnern. Aber auch in diesem Jahr ist das Ereignis ja keineswegs unter den Tisch gefallen. Auf unserer Homepage und in den sozialen Netzwerken haben wir die vergangenen sieben Jahrzehnte in Wort und Bild digital Revue passieren lassen. Die Resonanz war und ist immer noch bestens.

Was waren die Highlights in diesen 70 Jahren, welche Ereignisse würden Sie hervorheben?

Anja Hofmann-Böllinghaus: Jedes Jahrzehnt hatte seine Besonderheiten. Dabei haben wir von Anfang an unser wichtigstes Ziel nicht aus den Augen gelassen: den deutschen Brandschutz wissenschaftlich und technisch weiterzuentwickeln. Natürlich ahnte damals, 1950, noch niemand, wie der technische Fortschritt voranschreiten würde. Und auch: wie sich die Themenbreite vergrößern würde. Denn heute beschäftigen wir uns mit allen Aspekten rund um Schutz, Rettung und Sicherheit. Natürlich sehen wir weiter den Brandschutz als unsere Kernaufgabe. Aber zurück zu den Highlights: Dazu gehören unsere Jahresfachtagungen, die auch international auf großes Interesse der Experten stoßen. Mit ihren aktuellen Themen ergänzen sie als wichtige Fach- und Fortbildungsveranstaltungen die Grundlagenarbeit unserer Fachreferate und Arbeitsgruppen. Die bedeutendste Veranstaltung aber, deren Ursprünge übrigens auf die Initiative der vfdb zurückgehen, ist die schon erwähnte Interschutz. Sie wurde bereits drei Jahre nach der vfdb-Gründung quasi von dem Ersten Vorsitzenden, August Ortloph ins Leben gerufen. Nach Stationen in Essen, Köln, Frankfurt, Augsburg und Leipzig hat sie heute ihre Heimat in Hannover gefunden. Und auch das ist ein Highlight: Seit inzwischen 40 Jahren besteht zwischen uns und der Deutschen Messe AG eine enge Partnerschaft. Die Messe AG ist der Veranstalter der Interschutz, die vfdb ideeller Träger.

Die Interschutz 2020 wurde ja nun verschoben – was erwarten Sie für 2021?

Anja Hofmann-Böllinghaus: Wir haben von Messe zu Messe neue Superlative an Besucherzahlen und Ausstellern erlebt. Unser Part ist ja die Organisation des ideellen Teils und natürlich unser eigener Stand, den wir übrigens gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren – AGBF Bund – betreiben. Was sich schon im Laufe unserer Vorbereitungen für 2020 abzeichnete, wird im kommenden Jahr sicher noch einmal mit neuen Rekordzahlen übertroffen. Schon 2015 war die Interschutz, wie unser Präsident Dirk Aschenbrenner damals resümierte, die größte und beste Interschutz, die es je gab. Ich bin überzeugt, dass er da im kommenden Jahr einen neuen Superlativ wird finden müssen.

Abgesehen von den Highlights – es gibt ­sicher auch viel Alltagsarbeit, die nach außen nicht so spektakulär erscheint und dennoch wichtig ist...

Anja Hofmann-Böllinghaus: So ist es. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen: Merkblätter, Positionspapiere, Richtlinien, Stellungnahmen und vor allen Dingen Forschungsarbeit, die wir nach der Jahrtausendwende noch einmal intensiviert haben. Wichtige Institution in der Arbeit ist der Technisch-Wissenschaftliche Beirat TWB, dessen Vorsitzende ich sein darf. Er besteht seit fast 60 Jahren und ist als ein Beratungsgremium für das Präsidium und den Vorstand mit seinen 14 Referaten quasi das Rückgrat der vfdb. Als Beispiel für unsere Forschungsaktivitäten möchte ich unser erstes größeres Projekt erwähnen, das die vfdb als Konsortialführer vom Bundesforschungsministerium (BMBF) übertragen bekommen hat. An dem Vorhaben unter dem Namen EVA waren acht Partner beteiligt. Dabei ging es um das Risiko Großveranstaltungen – Planung, Bewertung, Evakuierung und Rettungskonzepte. Die Förderung erfolgte durch das BMBF im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ als Teil der High-Tech-Strategie der Bundesregierung. Der Projektträger für EVA war das VDI-Technologiezentrum. Inzwischen gibt es sieben große Forschungsprojekte, an denen die vfdb beteiligt war oder es noch ist. Über unsere Forschungsprojekte gibt es ebenso wie über die anderen Aktivitäten ausführlich Auskunft auf unserer Homepage vfdb.de Nicht vergessen möchte ich auch, dass unsere Expertise immer wieder von Institutionen und Behörden gefragt ist, wenn es um Beurteilung und Einschätzung von Themen der Gefahrenabwehr geht. Dazu gehören natürlich auch unsere Öffentlichkeitsarbeit mit Auftritten auf Fachmessen und Tagungen und Stellungnahmen unserer Experten zu aktuellen Themen.

Was wünschen Sie sich denn zum 70. Geburtstag der vfdb?

Anja Hofmann-Böllinghaus: Ganz allgemein wünsche ich uns, dass wir auch zukünftig immer unserer Rolle als technisch-wissenschaftliche Instanz in den Bereichen Schutz, Rettung und Sicherheit gerecht werden können. Kurzfristig gesehen hoffe ich, dass wir die Interschutz 2021 gemeinsam mit der Deutschen Messe AG zum innovativsten, aktuellsten und größten Branchenereignis der Welt machen können. Mittel- und langfristig wäre es unser Ziel, Strukturen für die Forschung, Entwicklung und Etablierung digitaler Anwendungen in der Gefahrenabwehr – ähnlich wie in der Rettungsrobotik – zu schaffen. Hier sind wir auf einem guten Weg – beispielsweise beim Aufbau des Deutschen Rettungsrobotik-Zentrums (DRZ) in Dortmund. Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt soll die Entwicklung von Technologien zur schnelleren und sicheren Rettung – insbesondere in „menschenfeindlichen“ Umgebungen vorantreiben. Die vfdb gehört zu den Verbundpartnern, unser Präsident Aschenbrenner ist Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Vereins DRZ e.V.

 

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