Brandschutz

Zur Neufassung der DIN VDE 0833-2 für Brandmeldeanlagen

09.06.2022 - Im Juni 2022 wurde die gesamte Anwendungsnorm DIN VDE 0833-2 neu veröffentlicht, die die zuletzt gültige Fassung vom Oktober 2017 berichtigt. Ein Beitrag von Bastian Nagel und Sascha Puppel.

Die DIN VDE 0833-2 gilt als eine der wesentlichen Anwendungsnormen, wenn es um den Aufbau und Betrieb von Brandmeldeanlagen (BMA) geht. Die zuletzt gültige Fassung vom Oktober 2017 wurde im Jahr 2019 berichtigt. Zudem wurde im Mai 2020 der Entwurf für eine Änderung A1 veröffentlicht; eine verabschiedete Fassung dieser Änderung fehlte jedoch bisher. Im Juni 2022 wurde die gesamte Anwendungsnorm nun neu veröffentlicht. Doch was hat sich in der vorliegenden Fassung geändert und warum? Und wirken sich die Neuerungen auf den Arbeitsalltag von Planern, Errichtern und Betreibern aus? Ein Beitrag von Bastian Nagel und Sascha Puppel.

Bei der neuen Fassung handelt es sich weniger um eine Überarbeitung der Norm, als vielmehr um eine für den Markt wichtige Konkretisierung sowie eine Zusammenführung der einleitend genannten Dokumente.

Berichtigung: Punktförmige Wärme­melder
Als neue Berichtigung ist in das Dokument eine  weitere Korrektur in Tabelle 1 eingeflossen: Über eine Anpassung der Fußnoten innerhalb dieser Tabelle wird deutlich, dass punktförmige Wärmemelder der Klassen B bis G ausschließlich für die Einrichtungsüberwachung (früher: Objektüberwachung) geeignet sind. Diese Festlegung war bereits in der Fassung vom Juni 2009 enthalten und wurde durch den Arbeitskreis nun wieder aufgegriffen.

Änderungsstriche erleichtern Orientierung
In der neuen Fassung der Norm kennzeichnen Änderungsstriche am linken Seitenrand die Veränderungen gegenüber dem bisherigen Stand der Norm. Als „bisheriger Stand“ ist in diesem Kontext die Fassung aus dem Jahr 2017 inkl. Berücksichtigung der Berichtigung vom Jahr 2019 zu verstehen. Die Änderungsstriche sind somit nach folgender Systematik angebracht:

  • Texte, die seit 2017 in der Norm stehen, haben keinen Änderungsstrich.
  • Inhalte, die sich aus der Berichtigung vom Oktober 2019 ergeben, sind bereits gültig und haben deshalb ebenfalls keinen Änderungsstrich.
  • Änderungen, die sich aus dem Entwurf der Änderung A1 sowie der zugehörigen Einspruchsberatung ergeben, waren bislang noch nicht gültig und sind deshalb mit einem Änderungsstrich versehen.
  • Änderung bei der Datierung von Normenverweisen haben einen Änderungsstrich in der entsprechenden Zeile zur Folge (z. B. DIN 14675-1:2020-01 statt DIN 14675-1:2018-04).
  • Auch redaktioneller Anpassungen im normativen Text sind mit einem Änderungsstrich gekennzeichnet.
  • Gestrichene Texte sind ebenfalls mit einem Änderungsstrich gekennzeichnet.

Berichtigung 1
Wie eingangs bereits beschrieben, ist die Berichtigung vom Oktober 2019 vollständig in die neue Fassung der DIN VDE 0833-2 eingeflossen.

Die Berichtigung korrigiert nicht nur eingeschlichene Fehler, sondern aktualisiert vielfach Ausgabestände anderer tangierenden Normen. Insbesondere durch die Aufteilung der DIN 14675 aus 2012 in zwei Teile im April 2018 wurde hier die Gelegenheit genutzt, die normativen Verweise auf den jeweiligen Teil zu konkretisieren. Somit beziehen sich zahlreiche Korrekturen auf die Änderung des Verweises von „DIN 14675“ in „DIN 14675-1“ in Verbindung mit geänderten Kapitelnummern und Anhängen.Ebenso wurde kleinere Änderungen von Begriffen in Verbindung mit tangierenden Normen vorgenommen.

Zusätzlich zu der oben bereits vorgestellten Änderung in Tabelle 1 hinsichtlich der Verwendung punktförmiger Wärmemelder wurde in dieser Tabelle bereits mit der Berichtigung 2019 eine Anpassung bzgl. der maximalen Raumhöhe beim Einsatz von Flammenmeldern gemäß DIN EN 54-10 vorgenommen. Diese sind bis zu einer Raumhöhe von 26 Meter in Abhängigkeit der Klasse und der Anordnung geeignet und nicht wie zuvor definiert bis 45 Meter.

In der Abbildung zur Überwachung von Treppenräumen hatte sich ein kaum bemerkbarer Fehler durch die Vertauschung von Kleiner- und Größer-Zeichen (<>) eingeschlichen, welche nun korrigiert wurde. Auch die Legende der Abbildung wurde in diesem Kontext angepasst.

Aufgrund der Neustrukturierung von linienförmigen Wärmemeldern nach DIN EN 54-22 wurden, auf Basis der Übersicht im Anhang G der Norm, im Kapitel 6.2.7.2.2 zur Zweimeldungsabhängigkeit die „Mehrpunktförmigen Wärmemelder“ durch „linienförmige nicht integrierende Wärmemelder“ ersetzt. Linienförmige Wärmemelder (LWM) untergliedern sich in lineare Wärmemelder und mehrpunkförmige Wärmemelder.

Im Kapitel 6.2.7.9 zur Projektierung von Sheddächern wurde die Anforderung, dass die zu installierenden Melder bzw. Ansaugöffnungen „mit einer Reihe“ von diesen auszustatten sind, gestrichen.

Die Anordnung von linienförmigen, nicht integrierenden Wärmemeldern wird im Kapitel 6.2.7.13 beschrieben. Bei der Umsetzung einer Zweimeldungsabhängigkeit Typ B ist hier nicht mehr eine Reduzierung der Überwachungsflächen aus Tabelle 2 um 30 % ausreichend, sondern diese sind um 50 % zu verringern.

Flammenmelder sind gemäß den Definitionen aus dem Kapitel 6.2.7.14 zu realisieren. Diesbezüglich wird nun beschrieben, dass bei einem Brandausbruch mit einer zu erwartenden Rauchentwicklung IR- oder UV-Melder und zusätzliche Rauchmelder eingesetzt werden müssen. Im Ausgabestand der Norm aus 2017 ist hier noch ein „sollte“ zu finden. Selbstredend ist hier zudem beschrieben, dass eine Zweimeldungsabhängigkeit der Brandkenngrößen „Flamme“ und „Rauch“ nicht zulässig ist, da mit dem nahezu zeitgleichen Auftreten beider Detektionsgrößen in der Brandentstehungsphase nicht unbedingt zu rechnen ist.

Die Änderung der Begriffsdefinition „Netzausfallüberbrückungszeit“ in „Überbrückungszeit“ wurde ebenso berücksichtigt.

Eine Konkretisierung wurde bei der Berechnung der Überbrückungszeit im Falle einer vorhandenen Netzersatzanlage und der somit umzusetzenden Überbrückungsdauer von vier Stunden vorgenommen. Zuvor wurde hier die Berücksichtigung des Faktors 1,25 bei Überbrückungsdauern von unter 24 Stunden definiert. Da bei den für BMA typischen Überbrückungszeiten von 4, 30 und 72 Stunden nur die 4 Stunden unterhalb von 24 Stunden liegen, wurde hier der Faktor 1,25 nun direkt für die relevanten 4 Stunden Überbrückungsdauer definiert.

Aufgrund der schwierigen Umsetzungsmöglichkeiten bei Geräten mit fest verbundenen Anschlussleitungen gemäß der harmonisierten EN 50575 (Starkstromkabel und -leitungen, Steuer- und Kommunikationskabel - Kabel und Leitungen für allgemeine Anwendungen in Bauwerken in Bezug auf die Anforderungen an das Brandverhalten), wurde nun klargestellt, dass diese kein Bauprodukt im Sinne dieser Norm darstellen.

Die Definitionsänderung von „Anzeige- und Betätigungseinrichtung“ in „Anzeige- und Bedieneinrichtung“ wurde an zahlreichen Stellen umgesetzt.

Änderung A1
Die weiteren Änderungen gegenüber der vorherigen Fassung der Norm resultieren aus dem eingangs erwähnten Entwurf für die Änderung A1 sowie der entsprechenden Einspruchsberatung. Mit der Änderung A1 sollte zum einen eine Angleichung an die Muster-Lüftungsanlagenrichtlinie (M-LüAR) und zum anderen eine Klarstellung hinsichtlich der Alarmierungsfunktion von BMA erreicht werden.

Angleichung an die Muster-­Lüftungsanlagenrichtlinie (M-LüAR)
Kap. 6.1.3.1 der DIN VDE 0833-2 enthält eine Liste von Bereichen, die in die Überwachung mit einbezogen werden müssen. Zu diesen Bereichen zählen auch Klima-, Be- und Entlüftungsanlagen. Während in der Fassung vom Oktober 2017 unter diesem Punkt Klima- und Lüftungszentralen sowie Zu- und Abluftkanäle zusammengefasst waren, trifft die Neuausgabe hier eine Unterscheidung: Die Aufstellräume für Klima-, Be- und Entlüftungsanlagen sind grundsätzlich zu überwachen, die Zu- und Abluftkanäle jedoch nur, wenn dies im Brandschutzkonzept explizit gefordert wird. Möglichen Diskussionen zwischen Fachfirmen und bspw. Prüfsachverständigen hinsichtlich unter Umständen auftretender Abweichungen von der Muster-Lüftungsanlagenrichtlinie kann somit vorgebeugt werden, da die Abweichung mit Bezug auf §85a MBO bzw. der entsprechenden Paragrafen der LBO durch die neue Formulierung bereits in den Genehmigungsunterlagen enthalten ist.

Klarstellung zur Alarmierungs­funktion von BMA
Hinsichtlich der Klarstellung zur Alarmierungsfunktion von BMA wurden in Kapitel 3 einige Begriffsdefinitionen aufgenommen. Auch erfolgten Ergänzungen und Änderungen in den Abschnitten 6.3.1 und 6.4.4 der Norm. Durch diese Änderungen soll deutlich werden, dass Brandmeldeanlagen durchaus Aufgaben von Alarmierungsanlagen übernehmen können, jedoch nicht in jedem Fall mit Alarmierungsanlagen gleichzusetzen sind.

Ob Brandmeldeanlagen mit Alarmierungsfunktion als Alarmierungsanlage zählen oder nicht, mag auf den ersten Blick als unwichtig erscheinen. Sie wirkt sich allerdings insbesondere auf die Anforderungen an den Funktionserhalt aus. Aufgrund unterschiedlicher Interpretationen des Regelwerks wurden hier in der Vergangenheit häufig kostenintensive Maßnahmen umgesetzt, die zur Schutzzielerfüllung gar nicht erforderlich waren.

Anforderungen an einen Funktionserhalt der Alarmierungsfunktion ergeben sich nur dann, wenn mit der BMA eine Alarmierungsfunktion realisiert wird, die baurechtlich gefordert ist und im Brandfall funktionsfähig sein muss. Wird die Alarmierungsfunktion aus anderen Gründen, beispielsweise aufgrund arbeitsschutzrechtlicher Anforderungen, realisiert, gelten die Anforderungen an den Funktionserhalt aus den entsprechenden Leitungsanlagenrichtlinie nicht automatisch.

Es zeigt sich also, dass die Anforderungen an die Alarmierung objektspezifisch klar definiert werden müssen. Um diese Festlegung auf bauordnungsrechtlich verbindliche Beine zu stellen, sollte sie im genehmigten Brandschutznachweis erfolgen. Der genehmigte Brandschutznachweis…

  • gibt die Möglichkeit, die baurechtlichen Anforderungen objektspezifisch zu konkretisieren und dabei nach §85a MBO auch Abweichungen von Technischen Baubestimmungen zu ermöglichen.
  • ist für den Anlagenplaner der BMA, den Errichter sowie den Betreiber der Anlage verbindlich.
  • dient als bauordnungsrechtliche Basis für das Brandmelde- und Alarmierungskonzept und somit für die qualifizierte Planung der Anlage.
  • stellt in prüfpflichtigen Gebäuden die Grundlage für die Sachverständigenprüfung dar.

Wie aus einem Erfahrungsaustausch zwischen Prüfsachverständigen und Vertretern der obersten Bauaufsichten im Oktober 2021 deutlich wurde, gehen die obersten Bauaufsichtsbehörden davon aus, dass die Alarmierung im gesamten Gebäude, beziehungsweise bei Hochhäusern entsprechend den bauordnungsrechtlichen Anforderungen der Hochhausrichtlinie im jeweils betroffenen Geschoss wirksam sein muss, wenn eine Alarmierung bauordnungsrechtlich gefordert wird und Vorgaben zur Aktivierung der Alarmierung in einzelnen Bereichen (Alarmierungsmatrix) fehlen.

Funktionserhalt muss verstanden werden
Nur wenn die dargestellten Festlegungen im Brandschutznachweis getroffen wurden, kann im Zuge der Fachplanung der BMA die Umsetzung des Funktionserhalts schutzzielorientiert ausgearbeitet werden. Hierfür ist jedoch auch das richtige Verständnis des Wortes „Funktionserhalt“ im Sinne der MLAR erforderlich. So ist es zur Sicherstellung des Funktionserhalts der Alarmierungsfunktion (sofern gefordert) beispielsweise nicht zwingend erforderlich, ein Brandschutzgehäuse für die Brandmelderzentrale oder Leitungsanlagen mit integriertem Funktionserhalt vorzusehen. Vielmehr muss die Funktion der Anlage in den Bereichen, in denen sie im Brandfall erforderlich ist, sichergestellt werden. Dies wird insbesondere auch aus den Abschnitten 6.4.4.3 und 6.4.4.4 der DIN VDE 0833-2 deutlich: Dort werden Hinweise zur Sicherstellung des Funktionserhalts bei Anlagen mit Ringleitungstechnik dargestellt sowie darauf hingewiesen, dass auch andere Lösungen möglich sind, sofern die Schutzziele eingehalten werden.

Informationspapier als Hilfestellung
Um die Inhalte der in die neue Fassung eingearbeiteten Änderung A1 näher zu erläutern, wird durch die Verbände BHE, ZVEI, VdS und ZVEH mit Veröffentlichung der Norm ein zusätzliches, gemeinsames Informationspapier veröffentlicht. Dieses Erläuterungspapier enthält unter anderem ein Entscheidungsdiagramm, aus dem die grundsätzliche Notwendigkeit von Maßnahmen an den Funktionserhalt abgeleitet werden kann (siehe Abbildung).

Ausblick
Die neue Fassung der DIN VDE 0833-2 stellt im Großen und Ganzen lediglich eine Zusammenfassung der bisher veröffentlichten Dokumente aus den letzten fünf Jahren dar. Dennoch wird deutlich, dass bei bauordnungsrechtlicher Vorgabe insbesondere beim Thema „Alarmierung“ klare Angaben im Brandschutznachweis erforderlich sind, um Diskussionen und unterschiedliche Interpretationen insbesondere zur Notwendigkeit des Funktionserhalts zu vermeiden. Es bleibt zu hoffen, dass die neue Norm nun  zu einem besseren Verständnis hinsichtlich der Umsetzung des Funktionserhalts von Brandmeldeanlagen bei allen Beteiligten führt. Hier ist unter anderem der Einsatz von Brandschutzgehäusen zu erwähnen, deren Notwendigkeit objektspezifisch beurteilt werden muss und in die vielen Fällen auch nicht erforderlich ist.

Aufgrund der bloßen Konkretisierung ohne inhaltliche Änderungen wird empfohlen, die neue Norm ab sofort anzuwenden, auch wenn formal eine Übergangsfrist bis zum 30.11.2022 eingeräumt wird. Gleichzeitig ist der DKE-Arbeitskreis weiter aktiv, denn es wird bereits an einer umfassenden Überarbeitung der Norm gearbeitet. Im Zuge dieser Überarbeitung stehen insbesondere der Abgleich mit den übrigen Anwendungsnormen DIN 14675-1, VDE 0833-1 und VDE 0833-4 sowie die Erarbeitung einer einheitlichen Vorlage für das Brandmelde- und Alarmierungskonzept im Fokus. Hierzu in diesem Zusammenhang wurde im DKE ein separater Arbeitskreis gebildet, dessen Ziel es ist, unter anderem, eine einheitliche Überschriftenstruktur für die einzelnen Anwendungsnormen zu schaffen.

Zu den Autoren:

Sascha Puppel ist geschäftsführender Gesellschafter sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Sicherheitstechnik und Sicherheitskonzepte im Sachverständigen- und Planungsbüro Sascha Puppel GmbH mit Sitz in Erkelenz und Berlin. Er ist Mitglied in zahlreichen Normungsgremien, Arbeitskreisen und Fachausschüssen.

Bastian Nagel ist Spezialist für Bauordnungsrecht, Normen und Richtlinien bei Hekatron Brandschutz und Vorsitzender des DKE-Arbeitskreises für die Erarbeitung der DIN VDE 0833-2 sowie des Arbeitskreises für die Konsolidierung der Anwendungsnormen.

Kontakt

Sachverständigen- und Planungsbüro Sascha Puppel GmbH

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