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Thomas Quante im Interview über sichere Wege zur Energieeffizienz

07.03.2023 - GIT SICHERHEIT sprach mit Thomas Quante, CEO von Bosch Building Technologies. Das Gespräch fand auf der „Bosch Connected World“ in Berlin statt, einem internationalen Branchenevent für Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Im Interview verrät er, wie der Gebäudesektor global zu mehr Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Sicherheit beitragen kann, welche branchenweiten Allianzen sich jetzt formieren und was es braucht, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein.

GIT SICHERHEIT: Herr Quante, auf der Bosch Connected World geht es um die Verbindung von Künstlicher Intelligenz und dem Internet der Dinge, also AIoT, um digitale Transformation. Wenn wir den Rahmen ganz groß spannen: Die BCW findet vor dem Hintergrund des Klimawandels, der Energieknappheit und des Ringens um Nachhaltigkeit statt. Wie positioniert Bosch Building Technologies sich hier?

Thomas Quante: Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Komfort sind für uns als Lösungsanbieter für kommerzielle Gebäude und Industrieanwendungen zentrale Themen. Menschen sollen sich in Gebäuden und kritischer Infrastruktur sicher und wohl fühlen. Gebäude können einen großen Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen leisten – die unserer Kunden und auch unsere eigenen. Das alles auch angesichts zunehmender Berichtspflichten für Unternehmen in puncto ESG-Reporting…


… sprich das Unternehmens-Reporting über Environment, Social und Governance, also die Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Corporate-Governance-Berichtspflichten.

Thomas Quante: Richtig. In Sachen E-Mobilität haben wir uns als Gesellschaft bereits auf einen sehr guten Weg gemacht, klimafreundlicher unterwegs zu sein. Jetzt richtet sich der Blick verstärkt auf den umweltfreundlichen Betrieb von Gebäuden und Anlagen. Auch hier ist die Energiebilanz sehr wichtig, um den CO2-Footprint zu verringern. Immerhin stammen 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen aus dem Gebäudesektor.


Wie sieht das konkret aus?

Thomas Quante: Ein Beispiel: Menschen sollen sich auch an ihren Arbeitsstätten wohlfühlen. Gleichzeitig hält das hybride Arbeiten allerorts Einzug. Es gilt also, Gebäude und Arbeitsräume so zu gestalten, dass sie energieeffizient und nachhaltig sind, wenn Mitarbeitende zum Beispiel nur noch zwei oder drei Tage pro Woche ins Büro kommen. Idealerweise werden deren Arbeitsräume nicht mehr durchgängig geheizt, sondern nur noch dann, wenn es notwendig ist.

All diese Überlegungen haben übrigens auch dafür gesorgt, dass wir mit unserem Bosch-Geschäftsbereich Building Technologies an einen neuen Standort ziehen werden. Dahinter steht ein ganz neues Konzept, das hybrides Arbeiten vereinfacht und uns so gerade auch für neue Mitarbeitende noch attraktiver als Arbeitgeber macht. Die Fläche in unserer zukünftigen Niederlassung – die CO2-neutral ist – beträgt dann nur noch 60% der bisher beanspruchten Fläche. Statt fester Büros bieten wir künftig auch Co-Working-Spaces für diejenigen an, die nur noch selten im Büro sind.


Was ist generell das große Ziel, die Mission hinter dem Engagement von Bosch Building Technologies für mehr Nachhaltigkeit?

Thomas Quante: Wir wollen bei unseren Kunden, genau wie auch bei uns selbst, den Energiebedarf und die daraus resultierenden Emissionen minimieren, dadurch Kosten einsparen und die Umwelt schonen. Das alles ganz nach unserer Mission „Gebäudelösungen für ein besseres Leben“. Damit begegnen wir dem steigenden Bedarf an Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz.


Welche konkreten Beispiele können Sie nennen?

Thomas Quante: Einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralstellung leistet die „Energy Platform“ von Bosch Building Technologies – unsere umfassende, cloudbasierte Anwendung mit Echtzeitanalyse von Energiedaten. Sie ist schon in über 120 Bosch-Werken und -Standorten weltweit im Einsatz und optimiert den Energieverbrauch der gesamten Bosch-Gruppe. Wichtig für unsere Unternehmensstrategie sind auch die Übernahmen von erfahrenen Gebäudeautomations-Unternehmen: Climatec aus den USA sowie die GFR und Hörburger in Deutschland. Diese gehören seit 2015, 2019 bzw. 2021 zur Bosch-Familie. Mit diesem starken Team, deren Kernkompetenzen und Lösungen, sind wir auf dem besten Weg, den Betrieb von Gebäuden weiter zu optimieren. 

Mit der Gründung der Bosch Climate Solutions GmbH als Beratungsunternehmen helfen wir zudem anderen Unternehmen mit unserem Know-how auf dem Weg zur CO2-Neutralität. Bosch Climate Solutions ist inzwischen Teil von Bosch Building Technologies. Es gibt schon rund 30 Referenzkunden, darunter namhafte Unternehmen wie Trumpf, Würth, Kistler und Chiron.

In Summe bietet Bosch Building Technologies ein umfassendes Leistungsportfolio: von der Beratung bis hin zur konkreten Umsetzung durch unser Systemintegrator-Geschäft und der Betreuung über den gesamten Lebenszyklus.


Auf der Light + Building 2022 gab es erste Einblicke in die digitale Service Suite „Nexospace“. Was ist der Kern dieses Angebots, welche konkreten Services sind das?

Thomas Quante: Mit der cloudbasierten Plattform Nexospace betreiben wir eine Daten-Autobahn – und diese Autobahn stellen wir mittlerweile auch Dritten zur Verfügung. Es geht um die zielgerichtete Auswertung von Sensordaten für ein komfortables und ganzheitliches, digitales Management kommerzieller Gebäude. Unter dem Namen Nexospace werden erstmals sämtliche IoT-gestützte Servicelösungen für Gebäudemanagement gebündelt. Die aggregierte Datenanalyse aus allen Systemen der Gebäudetechnik zeigt dabei Verbesserungspotenziale auf und sorgt darüber hinaus für reibungslosere Betriebsabläufe. 

Wir sind hier bereits mit drei Services gestartet: Der „Nexospace Fire System Analyzer“ ermöglicht einen schnellen Überblick zum Zustand der Brandmeldeanlagen von jedem Ort aus. Ein Cockpit zeigt den aktuellen Systemstatus, das digitale Betriebsbuch und den Plan für künftige Austauschaktivitäten an und erleichtert so die Investitionsplanung. Für die effiziente Gebäudeautomation gibt es den „Nexospace Performance Optimizer“ zur stetigen Analyse von Leistungs- und Verbrauchsdaten aus der Gebäudetechnik, der sich noch in der Pilotphase befindet. Der „Nexospace Cyber Security Guard“ dient als Schutz für windowsbasierte Sicherheitssysteme vor Viren und anderer Malware, also als Service zur Vermeidung möglicher Cyberangriffe.


Bedeutet das künftig: „iPad statt Schraubendreher“?

Thomas Quante: (lacht) Das könnte man denken. Tatsächlich sind wir mitten in der digitalen Transformation und es gilt auch, die gesamte Mannschaft auf diese Reise mitzunehmen. Deswegen ist die Kombination wichtig: erfahrene Service-Technikerinnen und -Techniker, die zum Beispiel eine komplizierte Instandsetzung vornehmen können, und ausgewiesene digitale Spezialistinnen und Spezialisten. 


Bei allem Bemühen um Nachhaltigkeit für Ihre Kunden: Wie steht es aktuell um den eigenen ökologischen Fußabdruck von Bosch?

Thomas Quante: Natürlich gilt es bei allen Initiativen, zunächst auch im eigenen Haus anzufangen. Bei Bosch arbeiten wir intensiv an Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität. Und das mit vier Hebeln: Erstens eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz – dafür steht bis 2030 ein jährliches Budget von 100 Millionen Euro zur Verfügung. Der zweite Hebel ist „New Clean Power“, womit Bosch die regenerative Energieerzeugung aus eigener Produktion ausweiten und bis 2030 400 Gigawattstunden jährlich selbst produzieren will. Drittens der Einkauf von grünem Strom. Und der vierte Hebel: Kompensationsmaßnahmen nur für unvermeidbare Emissionen. 


Zurück zu Ihrem Angebot für den Gebäudesektor. Arbeiten Sie auch mit anderen Partnern zusammen, um diese komplexen Herausforderungen zu meistern?

Thomas Quante: Das geht definitiv nicht alleine. Wir sind fest davon überzeugt, dass es eine enge Zusammenarbeit auch mit anderen Anbietern braucht. Mit aktuell 45 Partnern entwickeln wir gerade ein offenes, domänenübergreifendes und cloudbasiertes Ökosystem. Dabei geht es um die Kombination und Integration aller Gebäudesysteme, Dienste und Softwarelösungen aus verschiedensten Anwendungsgebieten. Durch KI-basierte Analyse aller Datenpunkte generieren wir belastbare, auditierbare Daten für das bereits angesprochene ESG-Reporting und identifizieren hiermit gleichzeitig Optimierungspotenziale für unsere Kunden. 


Wie steht es um die „Hardware“-Produktstrategie von Bosch Building Technologies?

Thomas Quante: Wir sind auch hier sehr breit aufgestellt und dadurch in einer guten Ausgangslage. Wir bieten Brandschutzsysteme, Sprachalarm, professionelle Audio- Kommunikationssysteme sowie Video-, Alarm- und Zutrittssysteme.

Beim wichtigen Thema KI profitieren wir massiv von einer übergreifenden Zusammenarbeit. „Leverage the power of Bosch“ nennen wir das. Wir sorgen schon jetzt für herausragende KI-Innovationen und tun das auch weiterhin. Nehmen wir zum Beispiel den Bereich Brandschutz und unser Produkt Aviotec…


…Ihre videobasierte Brandfrüherkennung.

Thomas Quante: Genau. Damit gehen wir schon jetzt weit über die regulatorischen Regelungen hinaus. Ein weiteres Beispiel aus dem Bereich Videosysteme: Denken Sie an die Security-Operatoren und ihre enorm herausfordernde Arbeit, bei der Überwachung den Blick auf das Wesentliche zu behalten. Zu viele Falschalarme können hier leicht für eine Desensibilisierung sorgen. Unsere KI-gestützten Systeme helfen hingegen, die wirklich relevanten Dinge zu erkennen und so für eine effiziente Sicherung von Gebäuden oder Perimetern zu sorgen. 


An dieser Stelle sei erwähnt, dass Bosch Building Technologies beim „GIT System Test Video Analytics 2022“ im Wettbewerb mit namhaften Marktbegleitern sehr gut abgeschnitten hat. Die KI-basierte Videoanalyse mitsamt den Kameras arbeiteten hervorragend…

Thomas Quante: …was mich natürlich nicht überrascht. Genau deswegen vertrauen unsere Kunden in so vielen unterschiedlichen Projekten auf uns, auch ganz besonders in vielen Objekten der kritischen Infrastruktur. 


Für ambitionierte Projekte und Vorhaben braucht es engagierte Leute – was tut Bosch für die Unternehmenskultur, für das Miteinander aller Kolleginnen und Kollegen?

Thomas Quante: Das ist für uns schlichtweg das entscheidende Thema für die Sicherung unserer Zukunft. Wir wollen in der Branche gerade auch bei den jungen Talenten immer das bevorzugte Unternehmen sein – egal ob wir mit anderen Großunternehmen oder mit Mittelständlern im sportlichen Wettbewerb stehen. Wir haben wirklich eine Menge zu bieten, vor allem einen tollen Purpose, Gebäudelösungen für ein besseres Leben. Wir unterhalten Kooperationen mit Universitäten im In- und Ausland und veranstalten Hackathons. Eine Vielzahl digitaler Talente entwickelt bei solchen Events zusammen neue Lösungen für eine bessere Zukunft, wobei wertvolle Kontakte zwischen ihnen und unserem Unternehmen entstehen. Erfreulich ist, dass wir bei diesen Events immer mehr Frauen begrüßen dürfen. 


Was bieten Sie außerdem beim Werben um die besten Talente?

Thomas Quante: Sehr viel! Zum Beispiel auch eine hohe Flexibilität, was Arbeitszeit und -ort angeht. Bei uns kann sogar eine gewisse Anzahl von Tagen fern des Heimatstandorts im Ausland gearbeitet werden. Im Mittelpunkt steht auch hier das Wohlbefinden der Menschen, in dem Fall unserer Mitarbeitenden, um letztlich auch bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. 

Gleichzeitig wollen wir unsere Arbeitsplätze vor Ort so attraktiv wie möglich gestalten, so dass Mitarbeitende auch gerne wieder physisch zusammenkommen. Denn im direkten Kontakt entstehen oftmals die besten Ideen. Live zu erleben ist das übrigens auch hier, auf der Bosch Connected World. Die Gespräche, Ideen und Verbindungen, die sich hier ergeben, sind durch nichts zu ersetzen. 


Gestatten Sie uns zuletzt eine private Frage: Wie gestalten Sie Ihre sicher spärlich bemessene freie Zeit, um wieder Kraft zu tanken?

Thomas Quante: (lacht) Ich bin nun seit jetzt 28 Jahren „beim Bosch“ und genieße es noch immer. Privat verbringe ich gerne Zeit mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern. Außerdem gehe ich gerne mit meinem Hund an die frische Luft. Mehr brauche ich nicht. 


Vielen Dank für das Gespräch. 


WinDays 2023


Bosch Connected World 2022

Die Bosch Connected World hat es sich seit 2014 zur Aufgabe gemacht, AIoT und digitale Transformation in den Vordergrund zu rücken. Mit ihrer Konferenz, der Ausstellung und den zahlreichen Vernetzungsmöglichkeiten entwickelt sich die jährliche Veranstaltung stetig weiter, so auch am 9. und 10. November 2022 in Berlin. Auch online konnte an dem Event teilgenommen werden.

Konferenzteil
Die Besucher hatten die Möglichkeit, auf vier Bühnen Keynotes, fachbezogene Breakout-Sessions, Podiumsdiskussionen, Expertengespräche und -interviews sowie Workshops zu verfolgen. Das Programm konzentrierte sich auf die nächste Welle der digitalen Transformation und den Wandel zu digitalen OEMs. In einer Vielzahl von Sitzungen wurden Strategien, Best Practices und Fallstudien zu intelligenten, vernetzten und nachhaltigen Produkten und Lösungen vorgestellt, die durch AIoT ermöglicht werden. Nachhaltiges Handeln durch Energie- und Ressourceneinsparung war zentraler Aspekt in allen Sessions.

Hybride Ausstellung
In der Hybrid-Ausstellung präsentierten sich Bosch und mehr als 80 KI- und IoT-Unternehmen sowie innovative Start-ups auf 6.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche in Berlin und „unzähligen” Quadratmetern online. Das neudeutsch genannte „Ökosystem”, bestehend aus Bosch, seinen Kunden und Partnern, traf sich, um Produkte, Software und Dienstleistungen im Bereich AIoT zu präsentieren. Dazu gehörten Bereiche wie Gebäude, Energie, Logistik, Fertigung, Mobilität, Smart Life und Transport.

Keynote: CEOs von Bosch und BMW
In der Eröffnungs-Keynote sprachen Stefan Hartung, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, und Oliver Zipse, Vorsitzender der BMW-Geschäftsführung, über die Zukunft der Mobilität – wie Digitalisierung, Elektrifizierung und Nachhaltigkeit die Branche verändern. Oder auch, was die etablierten Unternehmen von Mobilitäts-Start-ups lernen können und umgekehrt. Andrew Ng, Gründer & CEO von Landing AI und einer der bekanntesten KI-Experten weltweit, gab einen Einblick, wie Künstliche Intelligenz als disruptive Technologie den digitalen Wandel nicht nur in der Mobilität vorantreibt.

Nachhaltiger Lebenszyklus von Gebäuden
Verbesserungen im Gebäudebetrieb können enorme Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Mieter, Nachhaltigkeit, Effizienz und Sicherheit haben. Zu den Hauptthemen der Sondersitzung „Nachhaltiger Gebäudelebenszyklus“, die von Thomas Quante, CEO von Bosch Building Technologies, geleitet wurde, gehörten Gebäudeautomation, Sicherheit und Energieeffizienz. Das Auditorium erhielt Hinweise, wie modernste AIoT-Technologie helfen kann, Energieeffizienzziele zu erreichen. In Podiumsdiskussionen und Vorträgen wurde diskutiert und dargestellt, inwieweit die Themen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit bereits in der Immobilienbranche angekommen sind – mit der Antwort, dass man hier noch ganz am Anfang stehe. Und dass das Thema ESG noch nicht klar genug interpretiert werde. Nach einigen Antworten und Praxisbeispielen schloss diese Session die Building-Lifecycle-Diskussion mit einer ganzheitlichen Perspektive auf den Gebäudebetrieb ab – und mit einer Präsentation des neuen Bosch-Angebots Nexospace durch Chief Architect Andreas Mauer.

Kontakt

*Bosch Building Technologies

Robert-Bosch-Ring 5-7
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