Brandschutz

KI von Bosch schützt Aachener Dom

07.02.2023 - Mehr als 50 Aviotec-Kameras von Bosch mit Bilderkennungssoftware und Frühwarnsystem sollen im Aachener Dom erkennen, wenn Flammen entstehen, Rauch auf­steigt oder Einbrecher kommen.

Anfang 2023 geht eine neue Brandmelde- und Alarmanlage im Aachener Dom in den Betrieb. Mehr als 50 Aviotec-Kameras von Bosch mit Bilderkennungssoftware und Frühwarnsystem sollen künftig erkennen, wenn Flammen entstehen, Rauch auf­steigt oder Einbrecher kommen. Das System verwendet spezielle Techno­logien, um Lichtquellen wie Kerzen von einer realen Brandgefahr unterscheiden zu können – und trägt so zum Erhalt des Unesco-Weltkulturerbes bei.

Paris, 18:20 Uhr am 15. April 2019: ein verheerender Brand bricht in der fast tausend Jahre alten Kathedrale Notre-Dame aus und zerstört wertvolle Teile des historischen Bauwerks. Das, so sie Hoffnung von Dombaumeister Helmut Maintz beim Vorort-Pressetermin Anfang Dezember, sollte sich im Aachener Dom nach Möglichkeit niemals ereignen. So wurde für Maintz, der Ende Januar 2023 aus dem Dienst ausscheidet, die Erneuerung des Brandschutzes noch einmal zu einer echten Herzensangelegenheit. Nicht nur himmlischen Beistand erhielt er dabei auf finanzieller Seite vom Karlsverein-Dombauverein – und in Sachen Technik durch das Unternehmen Bosch, in Form des videobasierten Brandschutz- und Sicherheitssystems Aviotec, das zum ersten Mal in einem historischen Sakralbau zur An­wendung kommt.
 

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Brandschutz neu denken

Dombaumeister Maintz weiß um die Gefahren in dem mehr als 1200 Jahre alten Gebäude: „Altäre, Gestühl, Orgeln, Schränke und Paramente sind aus Holz oder Textilien gefertigt und können dementsprechend schnell brennen.“ Voller Sorge sei er vor der Erneuerung des Brandschutzes gewesen: „Die Dachstühle sind durch eine Brandmelde- und Feuerlöschanlage gut geschützt – die meisten Innenräume waren das bis dato jedoch nicht.“ 

In einer Kulturstätte wie dem Aachener Dom, den Kaiser Karl der Große in den Jahren 795 bis 803 errichten ließ, müsse der Brandschutz, so Maintz, völlig neu gedacht werden. Kirchturmhoch die Herausforderungen: Hohe Gewölbedecken, Denkmalschutz, goldenes Mosaik, altes Gemäuer und Gemälde – herkömmliche Brandmeldetechnik wollte sich für die Verantwortlichen einfach nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung fügen. Es musste also eine technische Sonderlösung her für Maintz, die Aachener Dombauhütte und das Inge­nieurbüro Plan Ing als Konzeptentwickler.

Eine intelligente, videobasierte Branderkennung, von der Plan Ing Projektplaner Ralf Wolters schon gehört und gelesen hatte, sollte der richtige Ansatz sein. Mittels künstlicher Intelligenz können dabei Flammen und Rauch, auch aus großer Entfernung, erkannt werden. Aviotec sorgt für die nötige Sicherheit auch unter Bedingungen, bei denen herkömmliche Rauchmelder an ihre irdischen, sprich physikalischen Grenzen stoßen: Die Technologie arbeitet zuverlässig bei außergewöhnlichen Gebäudegrundrissen, wie im Fall einer Kirche eben auch bei sehr hohen Decken und anspruchsvollen Lichtverhältnissen. 

Um die 50 Kameras sollten, so sah es die Planung und eine 3D-Simulation vor, zur flächendeckenden Erfassung benötigt werden. Jede Kamera ist mit einem eigenen Rechner ausgestattet, der mittels Algorithmen Ereignisse erkennt – und wenn es brennt, Alarm gibt.

Bei der Realisierung wurden die Kamerastandorte vor Ort akribisch festgelegt, alles unter Beachtung der Auflagen des Denkmalschutzes. Sogar die Farben der Kameras wandelte Bosch auf Wunsch der Verantwortlichen und zur Erfüllung der besonderen Auflagen in ein Mattschwarz um. So fügen sie sich unauffällig in die Umgebung ein.

Brände vermeiden, das heißt auch Brandursachen abschaffen. So wurde bei dem Projekt, das ein Volumen von insgesamt rund einer Million Euro aufweist, auch gleichzeitig die Erneuerung des über 40 Jahre alten Leitungsnetzes vorgenommen. Um die 20 Kilometer halogenfreie Kabel und Leitungen mit verbessertem Brandschutzverhalten wurden verlegt – sowie neue Verteiler mit speziellen Brandschutzschaltern. Ein LWL-Backbone-Netz dient künftig als Basis für eine moderne, energiesparende Gebäudetechnik.


Feuerwehr an Bord

Videokameras sollen rechtzeitig Bescheid geben, wenn´s brennt? Da gilt es auch dafür zu sorgen, dass die Botschaft bei der Feuerwehr ankommt. Hierfür wurde die Videolösung mit einer speziellen Kopplung direkt auf eine normativ eingebundene Brandmeldeanlage aufgeschaltet. Die „Videosprache“ wird dann in die Sprache der Feuerwehr übersetzt. Löst eine Videokamera Alarm aus, geht dieser bei der Feuerwehr in Aachen ein – ganz so, wie es die Profis brauchen. 

Die Feuerwehrleute erhalten dann schon beim Eintreffen alle wichtigen Informationen sowie über einen Monitor die aktuellen Bilder der auslösenden Kamera. Die Rettungskräfte sind gleich im Bilde, an welcher Stelle im Dom die Gefahr identifiziert wurde – und erhalten auf Anforderung auch Live- und Alarmbilder.


Einbruchmeldung und Vandalismus-Schutz

Dreifaltigkeit kann Aviotec ebenfalls aufweisen: Das System sorgt nämlich für Sicherheit vor Bränden, des Nachts aber auch vor eventuellen Einbrechern und auch vor (neuzeitlichen) Vandalen. Mittels künstlicher Intelligenz analysiert das Videosystem sekundenschnell Bilder und erkennt verdächtige Bewegungen. Sofort werden die zuständigen Stellen alarmiert sowie detaillierte Informationen und Bilder für die eintreffende Polizei geliefert. Während der Öffnungszeiten schützen die Kameras die wertvollen Kunstgegenstände des Doms vor Vandalismus oder Diebstahl, indem sie auch alarmiert, wenn virtuelle Sperrzonen um die Exponate betreten werden. 

Das System unterstützt auch dabei, die vorgegebene Gesamtbesucherzahl einzuhalten: Da sich nur eine begrenzte Anzahl an Besuchern im Dom aufhalten darf, wurden diese bisher von den „Domschweizern“, den Türhütern und Aufsehern in katholischen Kirchen, höchstpersönlich gezählt. Nun kann das die Kamera von Bosch übernehmen, mit ihrem webbasierten „Intelligent lnsights Modul“. Sobald die vorgegebene Besucheranzahl erreicht wurde, werden die Domschweizer über das Smartphone informiert und können weitere Vorkehrungen treffen.

Videobasierte Brandfrüherkennung 

Die wesentlichen Punkte von Aviotec noch einmal in der Übersicht: Mithilfe ihrer integrierten Videoanalyse erkennt die IP-Kamera visuell Flammen und Rauch direkt an der Entstehungsquelle. Gerade bei Räumlichkeiten mit größerer Höhe hat das Vorteile, denn die Kamera kann Brände schneller identifizieren als etwa Brandmelder an der Decke. Die Lösung bietet damit Kunden über die normative Brandmeldetechnik hinausgehende Nutzen:

  • Sehr schnelle Erkennung von Bränden direkt an der Brandquelle, da Rauch Zeit benötigt, um zur Decke hochzusteigen
  • Visuelle Alarmverifikation
  • Abdeckung großer Überwachungsflächen
  • Voll integrierbar in bestehende Brandmelde-, Video- und Evakuierungssysteme
  • Als erstes System seiner Art im Jahr 2017 VdS-zertifiziert

Dank intelligenter KI-Algorithmen in der Videoanalyse erkennt Aviotec ein entstehendes Feuer direkt an der Brandquelle – und vermeidet so Fehlalarme. Für stetig steigende Genauigkeit und Geschwindigkeit werden die Algorithmen permanent weiter verbessert. Zusätzlich zur Flammen- und Raucherkennung bietet die integrierte intelligente Videoanalyse Funktionen für die Sicherheitsüberwachung, die zum Beispiel helfen, unbefugte Personen zu identifizieren und auch komplette Betriebsstätten umfassend vor Risiken und Gefahren zu schützen.


Die Anwendungsbereiche:

  • Hohe Decken
  • Große offene Bereiche
  • Geschützte Außenbereiche
  • Spezialanwendungen
     

Referenzen von Aviotec gibt es in folgenden Umgebungen:

  • Flughäfen und Flugzeughangars
  • Papierverarbeitendes Gewerbe und Druckereien
  • Produktionsbetriebe / Industriehallen
  • Halboffene Räume/ an Gebäude angrenzende Außenbereiche
  • Lagerhallen und Außenlagerflächen
  • Spezialanwendungen (wie im Aachener Dom)

Am Gesamtprojekt beteiligte Firmen 

  • Elektroinstallation: E-line, Baesweiler 
  • Brandmelde- und Alarmanlage: Bosch Building Technologies, Grasbrunn 
  • DV-Technik: Systemhaus X.Cilio, Aachen
  • Schaltschränke: Wagner & Müller, Aachen
  • Steinmetzarbeiten: Steinmetz- und Steinbildhauerei Schwartzenberg, Aachen 
  • Holzbauarbeiten: Holzbau Barthel Korr, Aachen
  • Planung und Koordination: RWI Projekte / Plan ing Ralf Wolters, Aachen 
  • Nebenarbeiten und Gesamtbauleitung: Dombauhütte Aachen – Jochem Brammertz, Adi Radermacher, Angela Schiffer, Helmut Maintz

Kontakt

*Bosch Building Technologies

Robert-Bosch-Ring 5-7
85630 Grasbrunn
Deutschland

+49 89 6290 0
+49 89 6290 281647