Security

KI und Videosicherheit: Eneo-Produktmanager Uwe Höppner im Interview mit GIT SICHERHEIT

29.06.2022 - Eneo kündigt für den Sommer die Einführung einer neuen Produktserie an. Die neuen Kameras und Rekorder sind mit einer Reihe von AI-basierten Funktionen ausgestattet, die deutlich mehr können als herkömmliche Videoanalyse.

GIT SICHERHEIT: Herr Höppner, wie bewerten Sie die Anwendungsfelder und Poten­ziale von AI in der Video­sicherheits­technik?

Uwe Höppner: AI oder Künstliche Intelligenz hebt die klassische Videoüberwachung und mit ihr die gesamte Physical Security auf ein neues Level. Erstens weil die Technologie einen neuen Grad der Automatisierung in klassischen Sicherheitsanwendungen ermöglicht und die Objektsicherheit verbessert. Und zweitens weil die Algorithmen die Flut der Daten zu Informationen von großem Mehrwert verdichten, von denen Anwender in mehrerlei Hinsicht profitieren. Intelligente Kameras „veredeln“ die auflaufenden Daten zu Informationen, die fundierte Entscheidungen möglich machen. Sie machen die Stellschrauben sichtbar, über die Prozesse effizienter organisiert, Werbung und Marketing optimiert, Service verbessert und Umsätze gesteigert werden können. Nicht erst am Monats- oder Quartalsende, sondern hier und jetzt, in Echtzeit.


Wir sprechen also nicht mehr über Kameras, Rekorder und Videomanagement, sondern Business Intelligence Tools, die unter anderem auch die Videoüberwachung erledigen?

Uwe Höppner: Nein, Videosicherheit ist und bleibt die Kernaufgabe auch von AI-basierten Systemen. Und „Business Intelligence“ (BI) ist ein schillernder Begriff, der leicht falsche Erwartungen weckt. Zwar gibt es Hersteller in unserer Branche, die im Zusammenhang von AI-basierten Lösungen von „Business Intelligence“ (BI) sprechen. Ich glaube aber, man sollte das „große Besteck“, also BI-Lösungen, wie sie in Industrie und Logistik gang und gäbe sind und die Daten aus unzähligen Quellen zusammenführen, von den Analyse-Tools unterscheiden, die AI-Kameras aus dem Security-Bereich den Anwendern an die Hand geben. Von daher würde ich bei einer Reihe von AI-Funktionen lieber von Smart Security sprechen und im Zusammenhang mit AI-basierten Verhaltensanalysefunktionen den Begriff Retail Intelligence verwenden – auch weil es auf Denglisch besser klingt…

Aber im Ernst, wenn ich hier zwei weitere Schlagwörter ins Spiel bringe, dann deshalb, weil wir hier auf einem anderen und weiteren Feld unterwegs sind. Unter Smart Security verstehe ich solche Funktionen, die mit Videosicherheit im engen Sinne zu tun haben, aber insofern über klassische Überwachung hinaus gehen, als hier sozusagen der Schritt von reaktiver zu proaktiver Sicherheit vollzogen wird. Bei den AI-Kameras unseren neuen IN-Serie, die wir im Sommer einführen werden, sind das Funktionen wie intelligente Bereichsüberwachung, Detektion von Objekten, Klassifizierung von Personen- und Fahrzeugen, Personendichtemessung und automatische Gesichtserkennung. Was proaktive Sicherheit meint, lässt sich anhand der Gesichtserkennung und Personendichtemessung gut verdeutlichen. Ein Gastronom oder Einzelhändler kann mit Hilfe der Gesichtserkennung sein Hausrecht effizient und wirksam durchsetzen, weil die Kamera einen automatischen biometrischen Echtzeitabgleich der internen Blacklist mit den Daten aus dem Überwachungsbereich durchführt, sodass Personen mit Hausverbot, bereits am Eingang identifiziert und abgewiesen werden können. Potenzielle Gefährdungen werden so im Vorfeld abgewendet.

Die AI-basierte Messung der Personendichte ist dagegen ein großes Thema für Eventsicherheit und Brandschutz, aber natürlich auch mit Blick auf die Durchsetzung von pandemiebedingten Abstandsregeln relevant. Hier können kritische Werte für bestimmte Bereiche definiert werden. Bei Erreichen dieses Wertes wird ein Alarm ausgelöst und die Personen in dem Bereich beispielsweise per Durchsage informiert. Der entscheidende Punkt ist auch hier, dass der Algorithmus an Bord der Kameras Anwender in die Lage versetzt, kritische Situationen zu entschärfen noch bevor sie entstehen. Und das ist qualitativ etwas anderes als die Prävention, Vorfallsaufklärung und Beweissicherung, wie wir sie von der klassischen Videoüberwachung kennen. 


Die Technologie unterstützt Sicherheitsverantwortliche also dabei, tiefer in das Geschehen auf der Fläche einzugreifen und Gefährdungen abzuwenden als bisher. Sie sprachen aber auch von „Retail Intelligence“ und Verhaltensanalysen, könnten Sie das bitte erläutern?

Uwe Höppner: Bei diesem Thema muss ich vorausschicken, dass diese speziellen AI-Funktionen nicht auf Einzelhandelsanwendungen beschränkt sind, sondern natürlich auch für andere Branchen und Bereiche geeignet sind. Aber für Einzelhändler zahlen sich diese Funktionen besonders aus, weil AI-Kameras in Echtzeit wertvolle Informationen über das Besucherverhalten auf der Verkaufsfläche liefern. Mit der Heatmap-Funktion können die Kameras unserer IN-Serie beispielsweise die Aktivität im Überwachungsbereich mit einem selbsterklärenden Farbschema visualisieren, sodass ich mit einem Blick die Kundenhotspots von den schwach frequentierten Bereichen auf der Verkaufsfläche unterscheiden kann. Diese Erkenntnisse kann ich für die Produktplatzierung und Werbung nutzen. Und mit dem intelligenten Warteschlangen- und Wartezeitmanagement kann ich das Einkaufserlebnis verbessern, weil die Kamera mich informiert, sobald sich im Überwachungsbereich eine Warteschlange bildet. Außerdem kann ich ein Limit für Wartezeiten definieren. Wird es überschritten, werde ich benachrichtigt und kann die Öffnung einer weiteren Kasse veranlassen. Darüber hinaus kann die Gesichtserkennungsfunktion unserer IN-Kameras im Rahmen der biometrischen Zutrittskontrolle eingesetzt werden ebenso wie die Zufahrt zum Betriebsgelände über die integrierte Nummernschilderkennung kontrolliert werden kann.


Und wie tief müssen Kunden für eine Sicherheitslösung mit künstlicher Intelligenz in die Tasche greifen?

Uwe Höppner: Ich kann natürlich nur über unsere IN-Serie sprechen, die kurz vor der Einführung steht. Natürlich sind AI-basierte Produkte preislich höher angesiedelt, als Produkte mit herkömmlicher Videoanalyse. Dennoch sind wir in der Lage, unseren Kunden auch mit den neuen Kameras und Rekordern ein sehr attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Vor allem wenn man bedenkt, dass Videotechnologie mit künstlicher Intelligenz nun nicht mehr einfach nur eine Investition in Security und Safety darstellt, sondern einen wichtigen Beitrag zur Messung und Steigerung des Geschäftserfolges leisten kann und damit einen handfesten Mehrwert schafft.
 

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Rückblick auf die BHE-GIT-Podiumsdiskussion

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