Security

Video-Management: Wie man Kameras auf Herz und Nieren testet

20.04.2012 - Im Interview spricht Ulrich Heißler von SeeTec über heutige Anfor­derungen an Kameras, wie die ­Kamera-Tests funktionieren - und wie Videomanagement von morgen aussehen muss.
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Im Interview spricht Ulrich Heißler von SeeTec über heutige Anfor­derungen an Kameras, wie die ­Kamera-Tests funktionieren - und wie Videomanagement von morgen aussehen muss.

Herr Heißler, Ihre Leute bei SeeTec sind Software-Entwickler für Video-Management, sie beschäftigen sich jedoch auch ganzheitlich mit dem Thema „Videosicherheit auf IP-Basis": In Ihrem „Hardware Competence Center" werden nämlich auch Kameras und Videoserver auf Herz und Nieren getestet. Im Ergebnis können Kameras und Videoserver optimal in die SeeTec-Software integriert werden. Wann und wie kam es zu der Entscheidung, dieses Competence Center zu bauen und einzurichten?

Ulrich Heißler: Wir konnten vor einigen Jahren eine Stadt in der Schweiz als Kunden gewinnen. Mit Hilfe der Überwachung sollte willkürlicher Vandalismus auf ein Minimum reduziert werden. Natürlich haben wir in unserer Betreuung entsprechende Kameras empfohlen, die auch montiert wurden. Kurz nach Anbringung wurde jedoch deutlich, dass die verwendete Hardware den gestellten Anforderungen nicht gewachsen war. Da die Videoaufzeichnungen bei schlechten Lichtverhältnissen durch ein starkes Rauschen beeinträchtigt waren und die aufgezeichneten Bewegungen ab einer gewissen Geschwindigkeit nur noch verschwommen wiedergegeben wurden, waren die Bilder für eine Tätererkennung unbrauchbar. Aus dieser Erfahrung heraus sagten wir uns: Wir müssen eine Kamera und ihre Eigenheiten genau kennen, bevor wir sie empfehlen. Wenn das Bild schlecht ist, fällt das immer auf uns zurück, auch wenn wir dies als Softwarehersteller nur bedingt beeinflussen können. Es gab damals ja auch bereits Testberichte, aber diese Berichte basierten auf Tests mit Standbildern. Wir wollten ein realistisches und praxisnahes Szenario mit bewegten Bildern schaffen. So kamen wir auf die Idee, die von uns verwendeten Kameras unter identischen Voraussetzungen mit unserer Software zu testen, um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. 2007 entstand aus diesem Gedanken heraus das Competence Center. Seitdem ist unsere Datenbank kontinuierlich gewachsen. Neben dem Mehrwert für unsere Kunden bedeutet das Competence Center für uns auch eine Demonstration unseres Know-Hows. Wir sind nicht nur im Bereich der Software auf dem neuesten Stand, sondern verfügen auch über erhebliche Hardwarekenntnisse, die unseren Kunden zu Gute kommen.

Als exklusiver Medienpartner veröffentlicht GIT SICHERHEIT die jeweils neuesten Ergebnisse der Kameratests. Zusätzlich stehen diese Erkenntnisse den SeeTec-Partnern zur Verfügung - und ermöglichen somit eine optimale Hardware-Auswahl. Warum ist „die richtige Kamera" denn eigentlich so wichtig für ein Sicherheitsprojekt - oder anders gefragt: wann habe ich die „richtige" Kamera?

Ulrich Heißler: Das hängt ganz von dem Projektziel und den Anforderungen an den Kamerasensor ab. Bei Unterführungen beispielsweise benötigt der Kunde eine Kamera, die sich gut und schnell auf Gegenlichtsituationen einstellen kann. Bei der Aufnahme von schnellen Abläufen ist es wichtig, dass die Kamera Details klar darstellt. Tag/Nachtkameras werden vor allem in lichtempfindlichen Bereichen verwendet. Im Handel hingegen sind die Lichtverhältnisse meist sehr gut. Hier muss man darauf achten, dass ein ausreichender Digitalzoom vorhanden ist. Die verwendete Hardware muss immer nach den gegebenen Verhältnissen ausgesucht werden.

Wenn Kameras gut zur SeeTec-Software passen - unter welchen Umständen passen sie dann auch zur Software anderer Anbieter?

Ulrich Heißler: Die meisten Hersteller von IP Videomanagement-Software führen eine Standardintegration durch, um die aufgezeichneten Bilder lediglich anzuzeigen und zu archivieren. Dabei sind diese Integrationen häufig sehr oberflächlich gehalten. SeeTec hingegen integriert im Regelfall die gesamte Funktionstiefe einer Kamera. Das bedeutet für uns zwar eine intensive Qualitätssicherung und damit einen gewissen Mehraufwand, aber das Ergebnis rechtfertigt die Anstrengungen. So unterstützen wir in SeeTec Funktionen wie Multistreaming, Multicast, den Einsatz von VCAMs und die verschlüsselte Übertragung von Informationen über https/3DES/SSL.

Bitte beschreiben Sie uns doch mal, wie genau so ein Testvorgang vor sich geht - wer macht da genau was?

Ulrich Heißler: Viele Kamerahersteller haben bereits von unseren Tests gehört und sind selbst am Abschneiden ihrer Modelle interessiert. Sie senden uns dann die zu testende Hardware zu. Verfügt die Kamera über kein eingebautes oder im Kit enthaltenes Objektiv, Standardmodell. Da die Wahl des Objektivs einen wichtigen Einflussfaktor darstellt und das Ergebnis verfälschen kann, haben wir für diese Fälle ein Referenzmodell. Unser oberstes Ziel ist Neutralität. Aus diesem Grund nutzen wir die Standardeinstellungen der Kameras und testen mit diesen. Wir haben eine standardisierte Testumgebung geschaffen, um vergleichbare Ergebnisse erzielen zu können. Der Hintergrund/ das Testchart ist immer gleich und auch der gefilmte Gegenstand (in unserem Fall: eine sich drehende Puppe) wird nicht verändert. Die ausgesuchte Kamera wird in einem definierten Abstand vor die Puppe montiert. Dann wird zuerst das Lichtsetting überprüft und gegebenenfalls nachkalibriert. Das geschieht direkt am Objektiv, da hier später auch die Messung erfolgt. Der Test beginnt mit einer Lichtstärke von 1000 Lux und fährt automatisch in 12 Schritten auf 0 Lux herunter. Anschließend wird eine Gegenlichtsituation simuliert. Die Videobilder der Testsequenz werden aufgezeichnet und später analysiert. Zu Beginn unserer Tests im Competence Centers haben wir ein Referenzvideo mit der Hardware eines namhaften IP-Kameraherstellers gedreht, das uns nun als Vergleichsmaterial für eine neutrale Einstufung der Hardware dient. Anhand dieses Videos wurden Noten für das Abschneiden der Hardware unter unterschiedlichsten Bedingungen vergeben, die nun als Maßstab für alle folgenden Kameras dienen. Tests in dieser Tiefe sind sehr aufwändig und zeitintensiv - für eine Kamera benötigen die Mitarbeiter des Competence Centers einen kompletten Arbeitstag - und darin ist noch nicht die Ausformulierung des Berichts enthalten.

Wie viele Kameras wurden bis zum heutigen Tag getestet - und welche Ergebnisse waren denn für Sie persönlich am überraschendsten?

Ulrich Heißler: Wir haben bereits über 50 Berichte in unserer Datenbank. Seit Beginn unserer Testreihe konnten wir gravierende Verbesserungen in der Sensorik verzeichnen. Ausgelöst durch die flächendeckende Integration von Kameras bei Mobiltelefonen gab es hier große Entwicklungssprünge. Mittlerweile verfügt sogar jedes Smartphone über einen CMOS-Sensor, der als Bildsensor auch in allen Camcordern und Digitalkameras eingesetzt wird. Früher war die Bildausbeute bei schlechten Voraussetzungen eher mager. Oft gab es viel Rauschen und nicht zu verwendendes Material. Heute sind die Bilder unter denselben Voraussetzungen oft brillant.

Wenn ich die richtige Kamera gefunden habe - wie stelle ich sicher, dass ich mich auch für das richtige Video-Management-Software entschieden habe?

Ulrich Heißler: Für andere Softwarehersteller kann ich nicht sprechen, aber wir sind stets bemüht mit unserer Software nicht nur saubere Bildqualität zu liefern, sondern dem Kunden auch einen ganzheitlichen Lösungsansatz zu präsentieren. Das erstreckt sich von der Beratung beim Hardwarekauf über die Installierung bis zum Support. Wir sind nah am Kunden und für ihn Ansprechpartner in allen Belangen. Obwohl wir seit geraumer Zeit kein Hardware-Distributor mehr sind, verfügen wir dennoch über das nötige Detailwissen, das in unserer kontinuierlichen Arbeit im Competence Center und in unserer Unternehmensvergangenheit begründet ist. Wir arbeiten mit den von uns ausgewählten Herstellern eng zusammen und bieten damit Qualität, die andere Unternehmen gar nicht liefern können.

Ein Blick in die Zukunft: Was muss modernes Video-Management von morgen so alles können?

Ulrich Heißler: In Zukunft wird Video-Management noch größeren Anforderungen ausgesetzt sein. Wichtig werden vor allem umfangreiche Schnittstellen zu Drittanbietern, wie beispielsweise zu Videoanalyse oder Zutrittskontrolle. Damit einhergehend wird auch eine flexible Skalierbarkeit immer wichtiger. Thematisch sehe ich die Zukunft in branchenspezifischen Lösungen. Dabei wird es nicht mehr nur um reine Videoüberwachung gehen, sondern vielmehr um die Unterstützung branchenspezifischer Prozesse. Und da die Aufgaben immer vielfältiger werden und der benötigte Speicherplatz immer größer wird, kommt natürlich auch das Thema „Cloud" nicht zu kurz. Hier hängt die Tauglichkeit natürlich extrem von der verfügbaren Bandbreite ab.

 

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