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Trends in der Gasmesstechnik: Technologieführer im Gespräch

23.05.2012 - Gas kommt von Chaos. Das ist ganz wörtlich zu verstehen - denn in der Tat kommt das Wort Gas von diesem griechisch-lateinischen Wort für ­Auflösung und Durcheinander. Wer hier Klar...

Gas kommt von Chaos. Das ist ganz wörtlich zu verstehen - denn in der Tat kommt das Wort Gas von diesem griechisch-lateinischen Wort für ­Auflösung und Durcheinander. Wer hier Klarheit sucht und suchen muss, weil viele Gase brennbar, giftig und erstickungsgefährlich sein können, ­bedient sich der Gasmesstechnik. Dafür gibt es stationäre und tragbare Geräte, die ständig weiterentwickelt werden. GIT-SICHERHEIT.de hat sich
in der Branche nach den wichtigsten Trends umgehört - mit den Technologieführern sprachen Matthias Erler und Steffen Ebert.

Die Anwendungsgebiete der Gasmesstechnik sind mehr als zahlreich: Man findet sowohl mobile als auch stationäre Messgeräte überall in Industrie und Chemie, in Umwelt- und Energiewirtschaft, in Laboratorien und im Zivilschutz bis hinaus zur Offshore-Plattform. Die rechtzeitige Warnung vor gefährlichen Gasen ist nicht selten lebenswichtig und sehr häufig zum Schutz der Gesundheit von Mitarbeitern erforderlich. Nationale und europäische Grenzwerte bilden einen Rahmen zulässiger Grenzwerte.

Die Gasmesstechnik arbeitet mit Sensoren, von denen die meisten nach dem katalytischen Prinzip arbeiten. Außerdem gibt es Sensoren aus Halbleitern, andere Gasmesstechniken nutzen den Umstand, dass die Wärmeleitfähigkeit bestimmter Gase höher liegt, als die der Luft. Zudem gibt es unter anderem Infrarot- und Ultraschall-Gasdetektoren.

Technik und Handling, Dokumentation
Auch wenn die Produktlebenszyklen in der Gasmesstechnik vergleichsweise lang sind, wie Werner Tilling von Industrial Scientific feststellt, arbeiten die Ingenieure an vielen Fronten gleichzeitig. Hört man sich bei den Herstellern um, wird deutlich: Es wird gleichzeitig an den Messverfahren selbst und deren Genauigkeit weiterentwickelt, an Mehrgasmess- und multifunktionalen Systemen - aber auch an Konzepten die, die Integration in das gesamte Sicherheitsmanagement betreffen: Service, Dokumentation und Ortung tragbarer Geräte sind beispielsweise wichtige Aspekte.
„So wenig Knöpfe wie möglich" sollen es sein, so Stefan Denker von Dräger, denn selbsterklärende Systeme verbesserten nicht nur die Bedienungsfreundlichkeit, sondern reduzierten auch den Schulungsaufwand für die Mitarbeiter. Den darin steckenden ökonomischen Aspekt unterstützt auch ein weiterer Trend, den Denker ausmacht: das Bestreben, möglichst gleiche Plattformen für verschiedene Aufgaben bereitzustellen. So soll ein Gerät, das für personenbezogene Überwachung geeignet ist, möglichst auch für Freigabemessungen zum Beispiel bei der Reinigung von Behältern, oder für die Bereichsüberwachung eingesetzt werden können. Das hat den Vorteil, dass nicht ­für ­­­­­
j­edes­­­­ Einsatzgebiet ein neues Gerät einschließlich Schulung benötigt wird.

Zubehör und Vernetzung
Der Weg zur übergreifenden Verwendbarkeit der Grundeinheit führt über das Zubehör, so Stefan Denker: Das reicht von Pumpen und Schläuchen für Tanks bis hin zu Bereichsüberwachungsgeräten, die sich untereinander kabellos zu einem ­Sicherheitsnetzwerk verbinden. Wird an einer Stelle ein Problem gemeldet, können auf diese Weise andere Bereiche mitgewarnt werden.

Die Vernetzung ermöglicht weitere Adaptionsmöglichkeiten, wie ­Stefan Denker an einem Beispiel zeigt: An einen Alarm lassen sich bestimmte Folgen knüpfen - schon bevor erst in der Leitstelle Bescheid gesagt wird, so dass diese bestimmte Maßnahmen einleiten kann: So können z. B. automatisch Lüfter und Schweißgeräte abgeschaltet werden, um die Verbreitung und etwaige Explosionen zu verhindern.

Verbesserte Sensoren
Was das Herz des Gasmessgerätes betrifft - die Sensoren -, so arbeitet man vor allem daran, die Langlebigkeit zu erhöhen, wie Stefan Denker von Dräger erklärt. So können etwa katalytische Ex-Sensoren durch bestimmte chemische Substanzen vergiftet werden, so dass sie zunehmend unempfindlicher werden. Beispiele dafür sind Schwefelverbindungen in Raffinerien. Auch wenn Ex-Sensoren mit in Gleitsprays oder Handcremes enthaltenen Silikonen in Berührung kommen, können diese unempfindlich werden. Deshalb, erläutert Denker, arbeite man ständig an neuen Rezepturen, die zu einer höheren Vergiftungsbeständigkeit der Sensoren führen. Sein Unternehmen hat kürzlich Varianten vorgestellt, die drei bis vier Mal so gut der Veränderung widerstehen.

Auch Werner Tilling von Industrial Scientific sieht eine weitergehende Entwicklung neuer Messverfahren - sowohl bei tragbaren als auch bei stationären Geräten - sowie von Mehrgassystemen. Noch etwas dauern werde, so Bernd Rist, Geschäftsführer von Compur Monitors, die Nutzung durchstimmbarer Laser für die Sensortechnik, mit denen vor allem in den USA bereits gearbeitet werde. Diese Technik nutze den Effekt, dass die meisten Substanzen Licht absorbieren - und zwar das Licht einer bestimmten Farbe.

Wichtig ist den Herstellern auch die Weiterentwicklung im Bereich der optischen Überwachungstechnik wie Infrarot, so ergänzt Frank Deinert von MSA Auer. Sie werde kostengünstiger und könne für immer mehr Messaufgaben eingesetzt werden. Sein Unternehmen investiert kräftig in sein Portfolio von Gaswarnsystemen - etwa durch die Übernahme der kalifornischen Firma General Monitors vor anderthalb Jahren.

Zu den aktuell wichtigen Entwicklungsbereichen bei MSA Auer zählt, so Frank Deinert, der Ausbau der Ultraschalltechnik, die insbesondere für das besonders schnelle Aufspüren von Leckagen, kleinsten Rissen in Leitungen, geeignet sei. Es handele sich dabei, erklärt Frank Deinert, - im Vergleich zur „riechenden" (Wärmetönung, elektrochemisch, Halbleiter) katalytischen und „sehenden" optischen (Infrarot) Detektionsmethode - gewissermaßen um eine „hörende" Technik, die sich zunutze mache, dass austretende Gase aus Leitungen und Flanschen wie bei einer undichten Gasflasche Zischgeräusche produziere.

Auswertung der Daten
Als wichtige Entwicklung, die unter anderem in den USA bereits verbreitet ist, nennt Werner Tilling allerdings auch die systematische Auswertung der von den Gasmessgeräten gesammelten Daten. Es sei mit der Erkennung und Dokumentation alleine nicht getan. Sein Unternehmen gehe stattdessen den Weg, die Daten zu übertragen und zentral auszuwerten: Wann ist welches Gas wo detektiert worden? In welcher Konzentration? In diese Technik wolle man stark investieren.

Die Daten, so Werner Tilling, sollen im Ergebnis so ausgewertet und verknüpft werden, dass man feststellen könne, wann etwa in einzelnen Abteilungen Schulungsmaßnahmen fällig sind, um nicht ein Sicherheitsproblem zu bekommen. Man könne anhand der Daten nämlich genau erkennen, ob der einzelne Mitarbeiter sich normgemäß verhält, ob er etwa normwidrig und gefährlicherweise zu lange verbleibt und zögert, wo Messergebnisse andere Maßnahmen indizieren. Wichtiger noch als die Weiterentwicklung der Sensortechnik sei es, vorhandene Daten „die jetzt noch weggeschmissen werden", zielführend auszuwerten.

Ortung tragbarer Geräte
Bei großen Anlagen, wo viele tragbare Gasmessgeräte zum Einsatz kommen, ist die Ortung wichtig, um Maßnahmen ergreifen zu können, um beispielsweise den Mitarbeiter, dessen Gerät die Daten sendet, zu retten. Die Schwierigkeit dabei ist immer die Übertragung, vor allem dann, wenn wegen Beton, Stahl und Metall die Übertragung erschwert wird. Entsprechend abwartend klingt manche Stimme in der Branche. Die von Bernd Rist, Geschäftsführer von Compur, ist vorerst skeptisch. Die Bewährung in der Praxis müsse sich noch zeigen - insbesondere müsse man, je mehr ein Gerät können solle, die Bedienbarkeit noch im Auge behalten.

Peter Osterholz von der Gesellschaft für Gerätebau (GfG) registriert eine starke Nachfrage für Systeme zur Funkübertragung von Messwerten. Zu den wichtigsten Märkten zählten hierbei Industrie und Katastrophenschutz. Messwerte der Feuerwehren könnten während des Einsatzes an die Leitstelle übertragen werden.

Arbeitstägliche Gerätetests
Die Verringerung zulässiger Grenzwerte macht die Überwachung natürlich sicherer - entsprechend verschärfen sich die Anforderungen an die Sensoren. Technik und Normierung gleichen sich stückweise einander an. Dass die Geräte ihre Arbeit ordnungsgemäß erfüllen, ist vom Betreiber regelmäßig, bzw. arbeitstäglich zu testen - und Letzteres setzt sich in immer mehr Branchen durch. Dass dies geschieht, wird wiederum, wie Stefan Denker hinzufügt, immer regelmäßiger seitens Berufsgenossenschaften und Behörden kontrolliert.

Da dies generell und europaweit ein starker Trend ist, wird es für die Betreiber zunehmend wichtiger, die Prüfungen ordnungsgemäß nachzuhalten und zu dokumentieren. Die Dokumentation muss übersichtlich und praktisch vorzunehmen sein. Teststationen sollen möglichst automatisch und möglichst viele Geräte zur gleichen Zeit testen. Zunehmender Zeitmangel in den Betrieben erfordert schnellere Softwareentwicklungen. Die Häufigkeit der Tests macht diese auch zu einem ökonomischen Faktor, wie Stefan Denker erklärt: Das Prüfgas ist nicht ganz billig - insbesondere dann, wenn es um mehrere Hunderte oder gar Tausende Geräte geht. Deshalb optimieren und vereinfachen die Entwickler seines Unternehmens, die Teststationen um die erforderlichen Prüfgasmengen zu verringern.

Auch Peter Osterholz von der GfG sieht einen deutlichen Entwicklungstrend hin zur günstigen, mobilen und einfach zu handhabenden Teststation. Sein Unternehmen bietet ein Gerät an, dass die Testergebnisse im geprüften Gerät selbst sowie in der Teststation auf einer SD-Karte speichert. Diese Daten können über USB auf einen PC übertragen werden und bleiben daher auch bei Verlust des Gaswarngeräts erhalten.

Mit Service in die Zukunft
Eine sehr hohe Produktqualität ist heute von vielen Herstellern zu bekommen, sagt Bernd Rist von Compur Monitors. Es gebe weniger einen Wettbewerb der Systeme und Qualitäten, als einen Preiswettbewerb. Bei Compur setze man daher vor allem auch auf den technischen Service vor Ort und auf sauberes Abklären der jeweiligen Applikation und ihrer Anforderungen. „Wir verkaufen im Grunde mit dem Schraubenzieher", sagt Bernd Rist. Der Preis stehe dann weniger im Vordergrund, wenn Wartung und Service schnell und zuverlässig ­seien.
Das bestätigt Frank Deinert von MSA Auer. Sein Unternehmen habe eine große Service-Abteilung mit Technikern, verteilt auf drei dezentrale Stützpunkte in Deutschland - vor allem auch, weil auf Kundenseite immer mehr Sercice-Personal abgebaut werde. Er sieht einen
klaren Trend zum Full-Service seitens des Herstellers.

Der Blick in die Zukunft verheißt Freundliches. So sieht Peter Osterholz von der GfG durchaus noch Wachstumsmärkte - zum Beispiel im Bereich Biogas. Außerdem registriert er beispielsweise in Osteuropa ein verstärktes Sicherheitsbewusstsein. Werner Tilling von Industrial Scientific sieht indessen keinen Nachfrageeinbruch. Teils - so etwa in Indien - gebe es sogar fantastische prozentuale Zuwächse, aber auch in Deutschland sehe er noch Wachstum. In Europa sei die Finanzkrise jedenfalls total vergessen.

 

 

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