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Telekom: Großangelegte Tests des "Magenta Drohnenschutzschildes"

23.03.2018 - Als die Deutsche Telekom Ende 2016 ihr Magenta Drohnenschutzschild vorstellte war die Überraschung selbst bei Branchenkennern groß: die Bonner hatten ein innovatives, neues Thema b...

Als die Deutsche Telekom Ende 2016 ihr „Magenta Drohnenschutzschild“ vorstellte war die Überraschung selbst bei Branchenkennern groß: die Bonner hatten ein innovatives, neues Thema besetzt. Nur wenige Eingeweihte wussten, dass es vor der Produkteinführung umfangreiche Tests mit verschiedenen Herstellern und Partnern, u.a. Freihoff Sicherheitsservice Langenfeld unter Ausschluss der Öffentlichkeit gab. In unserem Interview geben Frank Pokropp, Geschäftsführer von Freihoff und Markus Piendl, Drohnenexperte bei der Telekom einen Einblick hinter die Kulissen.

GIT SICHERHEIT: Herr Pokropp, wie kam es zu der Zusammenarbeit mit der Telekom im Bereich des Drohnenschutzes?

Frank Pokropp: Wir arbeiten seit langem sehr intensiv mit der Telekom in klassischen IT, Kommunikations- und Gebäudesicherheitsthemen zusammen. 2015 konnten wir eine Reihe von Projekten im Bereich der Perimeter-Sicherheit mit professioneller Video-Analyse und Detektions-Technologien für unsere Kunden realisieren. Wir und auch die ganze Industrie wähnte sich sicher: Perimeter galten als geschlossen und das Risiko schien minimiert – bis plötzlich kommerzielle Drohnen gesichtet wurden, die vor keinem Zaun, keiner Mauer oder anderen Absperrungen Halt machten.

Herr Piendl, Sie sind Sachverständiger für Sicherheits-Technik. Wie stellte sich die Situation aus Ihrer Sicht dar?

Markus Piendl: Seit Ende 2015 berichteten immer mehr Kunden von unerlaubten Drohnen-Anflügen, die zum Teil für die Betroffenen sehr unangenehme Auswirkungen hatten. In einem Fall ging ein Unternehmen aufgrund erfolgreicher Industriespionage durch Drohnen insolvent.

Was haben Sie unternommen?

Markus Piendl: Es folgte ein erster Test mit drei Anbietern in einem Gewerbegebiet, der nur bedingt aussagekräftig war. Wir entschieden uns gemeinsam mit einigen handverlesenen Partnern wie z. B. Freihoff verschiedene Hersteller auf Herz und Nieren auf einem Flugplatz in Tannheim ausführlich zu testen.

Wie gestaltete sich die Vorbereitung dieser Tests?

Frank Pokropp: Als ich davon erfuhr, dass in Tannheim im laufenden Flugbetrieb gleichzeitig über 20 verschiedene Anbieter von Drohnen-Detektions und Drohnen-Abwehr Lösungen objektiv und herstellerneutral getestet werden sollten, hielt ich für einen Moment die Luft an: das hatte so zu diesem Zeitpunkt niemand national wie international durchgeführt. Ein klasse Ansatz, der einer detaillierte Vorbereitung u.a. durch Profi-Drohnenflieger der Firma www.lech-tec.de Klosterlechfeld bedurfte. Allein die über 15 geflogenen verschiedenen Szenarien, von einem Aufklärungs- bzw. Ablenkungsflug bis hin zu einem Angriff mit simulierter Zuladung hatten es in sich.

Welche Entscheidungsgrundlagen für oder gegen einen Anbieter gab es bei diesen Tests?

Markus Piendl: Für uns war wichtig, wie sich der versprochene Funktionsumfang der Hersteller unter realen Bedingungen darstellen würde. Alle Anbieter wurden simultan den gleichen Rahmenbedingungen aussetzt: Kein Anbieter wusste, wann wie viele Drohnen aus welchen Richtungen und mit welcher Absicht angreifen würden. Ein fairer Vergleich der verschiedenen Anbieter war möglich – wir konnten sehr schnell beurteilen welche Anbieter in der Lage waren die vorab bekanntgegebenen Anforderungen zu erfüllen.

Herr Pokropp, welche Ergebnisse brachten die Tests aus Ihrer Sicht?

Frank Pokropp: Nach den ersten Testläufen war ich von keinem Anbieter im Bereich der Drohnen-Detektion komplett überzeugt. Entweder wurden Drohnen als Vögel erkannt, Regentropfen nicht gefiltert, es lag keine beweissichere Dokumentation vor, ein konkretes Luftlagebild bzw. eine Offline-Funktionalität der Sensoren war nicht gegeben. Auch war die Fusion von Sensor-Daten aufgrund verschiedener Protokolle nicht möglich. Die berühmte eierlegende Wollmilchsau erschien in Tannheim nicht.

Wie gestalteten sich die Tests jener Anbieter, die Drohnen-Abwehrmaßnahmen präsentierten?

Markus Piendl: Alle Anbieter konnten unter Anwesenheit der Bundesnetzagentur die gestellten Anforderungen im Bereich der elektronischen Störmaßnahmen für Fernsteuer-Technik sowie Satellitennavigation erfolgreich erfüllen.

Frank Pokropp: Klar war für mich zu diesem Zeitpunkt, dass die Drohnen-Abwehr nicht das Problem darstellte – eine professionelle Drohnen-Detektion war und ist der Schlüssel zum Erfolg.

Haben Sie auch Anbieter getestet, die Spoofing- bzw. Hijacking-Funktionalitäten anbieten?

Markus Piendl: Ja, diese Tests brachten aber nicht das gewünschte Ergebnis. Die Wunschvorstellung vieler Kunden, eine erfolgreich detektierte Drohne elektronisch so zu manipulieren, dass diese noch in der Luft unschädlich gemacht werden kann, ließ sich nicht umsetzen.

Frank Pokropp: Ich darf ergänzen, dass rechtliche Themen eine wichtige Rolle spielen. Mal eben einen Drohne übernehmen und ihr eine andere Flugbahn zu verpassen bzw. zu landen mag sicherlich technisch möglich sein – nur: darf ich eine solche Technologie verkaufen und wer haftet im Fall der Fälle? Manchmal ist weniger mehr: Licht ausschalten, Rolls herunterfahren, Schutzperson in Sicherheit bringen und am wichtigsten: den Piloten finden. Dies haben viele betroffene Unternehmen inzwischen verstanden.

Was waren für Sie Herr Pokropp die Lehren aus dem ersten großen gemeinsamen Test mit der Telekom in Tannheim?

Frank Pokropp: Tannheim steht für mich für eine super vorbereitete und durchgeführte Veranstaltung, die eben keine klassische militärische Leistungsschau oder die berühmte ‚Dog-and-Pony-Show‘ darstellte, sondern alle Anbieter an deren individuelle Leistungsgrenzen geführt hatte. Wie auch in der Perimeter-Sicherheit erwies es sich als richtig, die Schwächen eines Sensors mit der Stärke eines anderen im Rahmen einer Multisensor-Plattform intelligent zu kombinieren. Entscheidend war für mich ferner eine professionelle Nachbereitung durchzuführen, um allen Herstellern darzulegen welche Verbesserungen nötig sind, um deren Produkt erfolgreich verkaufen zu können.

Herr Piendl, Sie haben diese Nachbereitungen durchgeführt und mit einem kleineren Kreis von Anbietern die Test wiederholt, richtig?

Markus Piendl: Ja, im zweiten Testdurchgang haben wir uns für die Firma Dedrone aus Kassel als federführenden Partner entschieden. Beeindruckt haben uns besonders die Hardware-Komponenten Dronetracker Multisensor sowie der RF-Sensor. Diese Hardware in Verbindung mit einer exzellenten Lagedarstellung hat uns in der neuen, aktuellen Software-Version überzeugt. Weitere Komponenten sind zum Beispiel Radargeräte von Robin Radar, Frequenzscanner von Rohde & Schwarz und Hochleistungs-Mikrofone von Squarehead. Eine Besonderheit unserer Lösung ist die frühzeitige Erkennung eines Piloten, der den Start einer Drohe vorbereitet – bevor die Drohne startet, also im Moment des Abgleichs der Fernbedienung mit der eingeschalteten Drohne können wir den Standort des Piloten bestimmen.

Herr Pokropp, wie geht es für Sie jetzt weiter bei diesem Thema?

Frank Pokropp: Wir sind daran interessiert, die Installation, Konfiguration, Inbetriebnahme sowie Service und Wartung in Projekten sicherzustellen. Kunden, die über keine eigene Leitstelle oder Sicherheitszentrale verfügen, wollen wir auf unsere DIN EN 50518 zertifizierte Leitstelle aufschalten und beispielsweise mit organisatorischen Maßnahmen unmittelbar nach einer Drohnen-Detektion reagieren. Die Integration eines Drohnenschutzschilds in die Sicherheits-Architektur eines Kunden muss, analog zu Einbruch- und Brandmelde-Technik, selbstverständlich werden.

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