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Sprinkleranlagen in Parkgaragen bleiben erste Wahl

02.03.2016 - Sprinkleranlagen schützen Parkgaragen nachweislich vor Bränden und sind in vielen Fällen auch in den Garagenverordnungen der Bundesländer vorgeschrieben. Doch in manchen Bundesländ...

Sprinkleranlagen schützen Parkgaragen nachweislich vor Bränden und sind in vielen Fällen auch in den Garagenverordnungen der Bundesländer vorgeschrieben. Doch in manchen Bundesländern wie Baden-Württemberg und Hessen haben jetzt maschinelle Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) als Alternative zu den Sprinklern Einzug in die überarbeiteten Garagenverordnungen gehalten. Erfolgsweg oder Irrfahrt? Insider bezogen beim 3. Experten-Forum des bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e. V. im Rahmen der diesjährigen Messe Feuertrutz Stellung. Sie kamen mehrheitlich zu dem Schluss, dass automatische Wasserlöschanlagen in Parkgaragen nicht ersetzbar sind, Jet-Ventilationssysteme für Belüftung und kontrollierten Rauch- und Wärmeabzug aber eine passende Ergänzung für einen umfassenden Brandschutz darstellen, der auch dringend nötig ist. Laut bvfa-Statistik brannte es im vergangenen Jahr 42 Mal in Parkgaragen mit 60 Verletzten und hohen Sachschäden an Fahrzeugen und Gebäuden.

Die Wirksamkeit von Sprinklern ist unbestritten, das zeigt Dr.-Ing. Reinhold Herbst, Technischer Fachreferent Sprinkler im bvfa, gleich am Anfang des Experten-Forums anhand von Praxisversuchen auf: Ein Feuer in einer Parkgarage ohne Sprinkleranlage greift sehr schnell von einem brennenden Auto auf die benachbarten Fahrzeuge über. Schon nach 10 Minuten stehen zwei weitere Fahrzeuge in Flammen. Ist hingegen eine automatische Löschanlage installiert, bleibt das Feuer auch nach über 50 Minuten noch auf die Ausbruchsstelle beim ersten Auto begrenzt. Diesen entscheidenden Vorteil, die Brandausbreitung zu verhindern, weisen RWA nicht auf, wie Herbst erläuterte: „Die weiterentwickelten RWA mit Jet-Ventilatoren sorgen dafür, dass der Rauch schnell aus der Garage abgeleitet und nach draußen geführt wird – doch sie können Brände nicht eindämmen oder gar löschen. Daher sind sie kein adäquater Ersatz für die Sprinkler.“

Stellt die neue „Entweder-Oder“-Regelung in den überarbeiteten Richtlinien der verschiedenen Bundesländer daher eine Gefahr für die Erreichung der Schutzziele nach der Musterbauordnung dar? Dipl.-Ing. Knut Czepuck (Ministerialrat im Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen) kann kein Nicht-Funktionieren der derzeitigen Regelungen erkennen: „Allerdings sollte man aufmerksam beobachten, was passiert, denn jede Lösung hat ihren Zweck und ihren Anwendungsbereich und sollte entsprechend eingesetzt werden.“

Für Prof. Hans-Joachim Gressmann (Leitender Branddirektor i. R., Gressmann BrandschutzConsult Braunschweig) ist die Sachlage klar: „Sprinkleranlagen sind in Parkgaragen unverzichtbar und nicht durch RWA ersetzbar. Jet-Ventilationssysteme können eine Unterstützung sein, um die Angriffswege für die Feuerwehr von Rauch freizuhalten. Das ist für die Einsatzkräfte ein sehr wichtiges Kriterium, denn bis diese eintreffen, sind die Räume meistens bereits komplett verraucht. Als Feuerwehrmann wünsche ich mir daher beides, eine frühzeitige Brandbegrenzung und für den Löschangriff ausreichende Sicht bis zum Brandherd. Eine Lösung, bei der nur durch die Entrauchung ein Brand unterdrückt werden kann, habe ich noch nicht gesehen.“

Dipl.-Ing. Reinhard Eberl-Pacan (Planer für den vorbeugenden Brandschutz, Architekten + Ingenieure Brandschutz, Berlin-Wilmersdorf) stimmt dem zu: „Nur Entrauchung ohne Brandunterdrückung durch Sprinkler ergibt keinen Sinn.“ Er sieht in den neuen Richtlinien in Baden-Württemberg und Hessen keine sachgerechte Entscheidung, hat aber eine Vermutung, warum sich die Politik generell noch zu wenig mit der Thematik beschäftigt. „Bei Parkgaragen geht es vorrangig um den Sachwertschutz, weniger um den Personenschutz, auf den ein größeres Augenmerk gelegt wird.“ Dennoch spricht auch er den beiden  Brandschutzlösungen spezifische Vorteile zu, die sich gut ergänzen können: „Planer sollten die zusätzliche Nutzung von Jet-Ventilationssystemen im Brandfall mitbedenken.“

Werden Jet-Ventilationssysteme eingesetzt, muss zur Vermeidung von ungewollter Beeinflussung der Sprinkleranlage auf die richtige Ansteuerungsfolge geachtet werden, mahnte Dipl.-Ing. Roger Hofmann (Geschäftsführer von HT-Protect und Obmann des Arbeitskreises Wohnraumsprinkler im bvfa). Auch Czepuck hält diesen Punkt für wichtig: „Bei der Erarbeitung des gesamten Zu- und Abluftkonzeptes im Brandfall ist unbedingt zu beachten, dass der Rauch in die richtige Richtung abgezogen wird und die horizontalen Jet-Ventilationssysteme nicht mehr Luft bzw. Rauch durch den Raum bewegen als durch die Abluftschächte nach außen bzw. Zuluft nach innen gelangen kann. Auch gilt es, die Auswirkungen von RWA auf Wasserlöschanlagen zu beachten, sodass der erzeugte Luft- und Wärmestrom das Auslöseverhalten und die Wirksamkeit der Sprinkleranlage nicht beeinträchtigt.“ Wenn die Brandmeldeanlage in Kombination mit dem Ventilationssystem ein Feuer erkennt, muss bis zu den Löschaktivitäten der Feuerwehr am Brandherd, was in der Regel mindestens 20 Minuten dauert, die zunehmende Rauchmenge in einer vorberechneten Richtung durch das Parkhaus in die Abluftschächte geleitet werden, in denen große Ventilatoren den Rauch hinausbefördern. Die Auswirkungen der zusätzlichen Luftmengen auf das Feuer sind dabei zu bedenken. Neben den Hauptursachen von Bränden in Parkgaragen – 50 Prozent technische Defekte, 30 Prozent Inbrandsetzung – führte Gressmann auch die gestiegene Brandlast als zusätzliche Gefahr an, gegen die wirkungsvoll vorbeugend eingeschritten werden muss: „Durch die inzwischen in den Autos verbauten Kunststoffe entwickeln sich Brände immer heftiger. Früher lag die Brandlast bei 2 MW – inzwischen hat sie sich auf 3 bis 4 MW fast verdoppelt.“

Fazit: Das 3. Experten-Forum war sich mehrheitlich einig: Jet-Ventilationssysteme sind eine Ergänzung, aber keine Alternative zu Sprinklern – und viele Rahmenbedingungen sind noch zu klären. Dr. Wolfram Krause, Geschäftsführer des bvfa, sandte daher ein Signal an die Politik, sich hier verstärkt einzubringen und einheitliche Richtlinien zu schaffen, um Parkgaragen optimal zu schützen. Eine Arbeitsgruppe des CEN TC191 hat im Oktober 2015 einen europäischen Normentwurf vorgelegt, um die technischen Spezifikationen für horizontale RWA in Parkgaragen mit und ohne Sprinklerschutz zu definieren und die negative Beeinflussung der Sprinkleranlage in ihrer Wirksamkeit zu vermeiden. Um die wichtigen Informationen zum Thema „Brandschutz in Parkhäusern“ zu bündeln, hat der bvfa ein gleichnamiges Positionspapier herausgegeben, das zum Download auf der Verbands-Website zur Verfügung steht.

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