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Sick: Train Inspection Monorails zur Kontrolle des Ringtunnels des Large Hadron Colliders

09.01.2012 - Sick: Train Inspection Monorails zur Kontrolle des Ringtunnels des Large Hadron Colliders. Er liegt 100 m unter der Erde, hat eine Länge von 27 km und ist der größte Teilchenbeschl...

Sick: Train Inspection Monorails zur Kontrolle des Ringtunnels des Large Hadron Colliders. Er liegt 100 m unter der Erde, hat eine Länge von 27 km und ist der größte Teilchenbeschleuniger weltweit. Hier im europäischen Kernforschungszentrums CERN in Meyrin bei Genf, arbeiten Einschienen-Inspektions-Züge. Die Aufgabe dieser „Train Inspection Monorail“, kurz „TIM“ genannt, ist die Kontrolle des Ringtunnels des Large Hadron Colliders vor und nach Versuchen zur Elementarteilchenforschung. Automatisiert und abgesichert werden die autonomen, fahrerlosen TIM mit Laser-Lichtschranken, Encodern, Barcodelesern und Sicherheits-Laserscannern von Sick.

Am CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire) wird „grenzunterschreitende“ Forschung betrieben, denn der Ringtunnel des Teilchenbeschleunigers Large Hadron Collider (LHC) verläuft sowohl unter Landesteilen der Schweiz als auch unter französischem Territorium.

Aufgabe der gewaltigen Anlage ist es, Antworten auf die Fragen nach dem Urknall, nach der Dunklen Materie sowie nach der Entstehung und den Bestandteilen des Universums zu liefern. Hierzu werden – grob vereinfacht – zur Teilchengruppe der Hadronen gehörende Protonen wie mit einem Brennglas zu zwei Teilchenstrahlen gebündelt, die jeweils fast mit Lichtgeschwindigkeit aufeinander zurasen und in insgesamt vier Forschungsstellen zur Kollision gebracht werden.

Die gewaltigen Kollisionen der sub-atomaren Partikel erzeugen Energie und Temperaturen, die es seit den ersten Augenblicken des Universums nicht mehr gegeben hat. Sie verwandeln die Materie zunächst in Hochenergie, die sich dann im Millionstel eines Milliardstel-Bruchteils einer Milliardstel- Sekunde wieder zu verschiedenen, super-symmetrischen Teilchen verdichtet, die – wie das Higgs-Boson – von theoretischen Physikern zwar bereits seit über 40 Jahren angenommen werden, die aber bei keinem Versuchen bisher je gesehen oder nachgewiesen wurden.

Mit der gewaltigen Kollisionsenergie, die der mehrere Milliarden Euro teure LHC erzeugen kann, und der ebenso gewaltigen Detektoren- und Rechnertechnik soll das jetzt möglich werden.

Tunnel(augen)blicke mit TIM

Trotz oder vielleicht gerade wegen all der für die Grundlagenforschung erforderlichen Hightech sind Anlagen wie der LHC nicht als Plug & Play –Lösungen betreibbar, die man einmal installiert und in Betrieb nimmt und danach nur noch ab und zu überprüft. „Der gesamte LHC verläuft in einem ihn umgebenden Tunnel, der in insgesamt acht Sektoren unterteilt ist“, erklärt Thierry Feniet, von der Abteilung Technischer Support, Handling und Engineering im CERN. Er ist verantwortlich für alle elektrischen, elektronischen und steuerungstechnischen Aspekte der TIM. „In den Zeiten, in denen keine Versuche durchgeführt werden und die Protonenstrahlung nicht in Betrieb ist, sind die Sektoren über insgesamt acht Zugangsstellen für Wartungsarbeiten und Reparaturen erreichbar. Wir mussten daher eine Lösung entwickeln, die uns zuverlässig über den Zustand in den einzelnen Tunnelsektoren informiert.“

Dabei herausgekommen sind die Train Inspection Monorail – kurz TIM. Die Züge, die auf einer an der Tunneldecke hängenden Schiene fahren, bestehen aus mehreren Modulen für die Rechnertechnik, für die Stromversorgung sowie die Kameras und die Überwachungssensorik für jede Fahrtrichtung. „Der erste TIM fährt mit einer Geschwindigkeit von etwa 3 km/h, die späteren TIM mit reduzierter Baugröße werden 12 km/h erreichen“, sagt Jean-Louis Grenard, ebenfalls von der Handling- und Engineering-Gruppe und zuständig für die Mechanik und Elektromechanik der TIM. „Wir bauen die kleineren TIM 30-30, um mit ihnen auch durch die nur 30 x 30 cm großen Sektoren-Öffnungen in Belüftungs- und Sicherheitstüren hindurchfahren zu können. Im Augenblick betreiben wir ein Fahrzeug, aber wenn die Antwortzeiten aus dem Tunnel verkürzt werden müssen, können wir weitere Fahrzeuge herstellen.“

Über die visuelle Kontrolle hinaus sind die TIM auch in der Lage, Strahlungsniveaus zu messen oder die präzise Ausrichtung von Komponenten im LHC zu prüfen. Damit die TIM dann vor Ort automatisch und unbemannt agieren und von jeder Stelle positionsgenaue Kamerabilder aus den Sektoren an das CERN-Kontrollzentrum senden können, sind sie mit leistungsfähiger Automatisierungs- und Sicherheitstechnik ausgestattet.

„Daher war es sehr hilfreich, sowohl das Know-how als auch die Komponenten aus einer Hand beziehen zu können“, bestätigt Thierry Feniet.

S3000: Sicherheits-Laserscanner für den Kollisionsschutz

Obwohl die TIM im Prinzip nur dann betrieben werden sollen, wenn sich keine Personen im Tunnel aufhalten dürfen, wird es aber auch erforderlich sein, die Fahrzeuge auf die Reise zu schicken, wenn Personen im LHC-Ring arbeiten.

Oberhalb der TIM-Kameras, die die Live-Bilder aus dem Tunnel liefern, sind für jede Fahrtrichtung zwei Sicherheits-Laserscanner S3000 installiert. Die Geräte sind für die horizontale und vertikale Gefahrstellen-, Gefahrbereichs- und Zugangsabsicherung in mobilen und stationären Anwendungen zugelassen.

Die Scanner senden fächerförmig Laserimpulse aus, erfassen die von einer Person oder einem Objekt rückreflektierten Lichtimpulse und errechnen aus den Messdaten der Impulslaufzeit sowie des Remissionswinkels die Entfernung und Position von Objekten. „Beim ersten TIM sind die Überwachungsfelder der S3000 vertikal links und rechts vom Fahrweg ausgerichtet. Auf den TIM 30-30 kommt aus Platzgründen pro Fahrtrichtung nur ein S3000 zum Einsatz. Diese Scanner erzeugen in der jeweiligen Fahrtrichtung des TIM eine geneigte Überwachungsfläche. Durch die Form der Überwachungsfelder werden Personen, aber auch zurückgelassene Gegenstände zuverlässig erkannt“, sagt Jean- Louis Grenard.

Ausgewertet werden die Scannersignale pro Fahrrichtung und Scannerpaar durch eine Sicherheitssteuerung der Baureihe UE410 Flexi. „Die komfortable Verschaltung und intuitive Parametrierung gewährleisteten die einfache Integration der UE410 Flexi in die Steuerung der TIM“, bestätigt Thierry Feniet die Bedienfreundlichkeit der migrationsfähigen, softwarelosen Sicherheitssteuerung. Als sicherer Relaisausgang zum Auslösen eines Not-Stopp kommt jeweils ein Sicherheits-Relais UE10 zum Einsatz.

Permanent und perfekt: Die Positionserfassung der TIM

Für die Überwachung der einzelnen Tunnelsektoren ist es nicht nur wichtig, Live-Bilder von den unbemannten TIM zu erhalten – es kommt auch darauf an zu wissen, wo genau die Bilder aufgenommen wurden. Aus diesem Grund sind die TIM mit verschiedenen, sich ergänzenden Systemen zur Positionsabstimmung ausgerüstet worden.

Zur kontinuierlichen Wegmessung entlang der Fahrschiene verfügt jeder TIM über einen Incremental-Encoder der Baureihe DRS60. Bei diesem können alle Strichzahlen zwischen 1 bis 8.192 realisiert werden. Die differenzielle Abtastung durch das ASIC-Abtastelement im Encoder erreicht eine hohe Störfestigkeit und Signalgüte. „Beim Start des TIM wird der Nullimpuls durch Betätigen des Drucktasters elektronisch zugeordnet“, erläutert Jean-Louis Grenard einen weiteren Vorteil des DRS60. „Das sonst beim anderen Encodern erforderliche mechanische Lösen und Verdrehen des Gebers entfällt.“

Was allerdings auch der DRS60 nicht alleine kann, ist das Ausgleichen von Schlupf an den Antriebsrollen oder betriebstechnisch sich ändernden Rollendurchmessern. „Aus diesem Grund haben wir entlang der Schiene in regelmäßigen Abständen und an genau definierten Stellen spezielle Barcode-Metalltafel angebracht, mit der wir die Fahrzeugposition identifizieren und gleichzeitig einen Plausibilitätsabgleich mit der rotativen Wegmessung durchführen“, sagt Thierry Feniet. Zur Barcodelesung fährt auf jedem TIM ein Scanner CLV450 mit.

„Dabei handelt es sich um ein sehr kompaktes Gerät, das sich für den geringen Montageplatz auf den TIM bestens eignete und gleichzeitig auch bei den für später geplanten, höheren Geschwindigkeiten der Fahrzeuge eine zuverlässige Barcodeidentifikation gewährleistet“, beschreibt Jean-Louis Grenard zwei wichtige Vorteile des Scanners. „Ein wichtiges Argument für den CLV450 war aber auch die hohe Speicherkapazität in Verbindung mit einem besonders leistungsfähigen Decodieralgorithmus. Sollten die Codeetiketten also im Zeitverlauf altern und die Kontraste schlechter werden, können sie dennoch sicher identifiziert werden.“

In die Fahrzeugsteuerung integriert ist der Barcodescanner über eine Anschlussbox CDB420. Sie bietet die Möglichkeit der Aufnahme eines separaten Memory-Moduls für die externe Speicherung der Scanner-Parameter sowie montage- und betriebswichtige Merkmale den transparenten Deckel mit Blick auf die dahinter liegenden LED-Anzeigen und Schalterstellungen oder die Steckverbindung zur Service-Schnittstelle des Scanners.

Triggerung und Feinpositionierung mit Laser-Lichtschranken

Erreicht ein TIM eine Identifikationsstelle, wird der Barcodescanner durch einen Laser-Lichttaster WT9-L aktiviert, wenn dieser die vor dem Metallcode befindliche Halterung der Fahrschiene erfasst. Der Sensor im quaderförmigen Kunststoffgehäuse verfügt über einen sehr kleinen und damit präzisen Lichtfleck. „Hinzu kommt die sehr exakte, einstellbare Hintergrundausblendung, die ein Ansprechen des Sensors durch andere optische Merkmale der Tunnelwandung oder durch die diversen Lichtquellen sicher verhindert“, sagt Thierry Feniet.

Nachdem der Laser-Lichttaster WT9-L dem CLV450 Lesegerät das Erreichen der Identifikationsstelle meldet und der Scanner den Barcode gelesen hat, erfasst ein anderer Laser-Lichttaster der Baureihe WT100L eine spezielle Aussparung am Metall-Barcode. Auf diese Weise wird eine millimetergenaue Nullsetzung des Incremental-Encoders erreicht.

„Entscheidend für die Wahl des WT100L war sein Miniaturgehäuse, das perfekt in die vorgesehene Stelle an den TIM hineinpasste“, sagt Jean-Louis Grenard. „Zudem garantieren der kleine Laserlichtfleck und die hohe Schaltfolge das Erkennen der Referenzmarkierung bei jeder Fahrgeschwindigkeit.“

Teilchenbeschleuniger und TIM startklar

Nach fast zehnjähriger Bauzeit ist der LHC – und damit auch der TIM – startklar. Während für die physikalischen Grundlagenforschung am CERN Kollisionen im Teilchenbeschleuniger erforderlich und notwendig sind, gelingt es mit der automatisierungs- und sicherheitstechnischen Ausrüstung der TIM, die einzelnen Tunnelsektoren positionsgenau zu überwachen und unerwünschte Crash-Szenarien im Tunnel des Teilchenbeschleunigers sicher zu vermeiden.

Theodor Strasser
Sick AG, Stans, Schweiz

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