Management

Keine Angst vor den Großen

Im Gespräch mit Jan Meiswinkel über die Vision von Integration und Interaktion

15.01.2010 - Advancis ist bekannt für sein Sicherheits- und Gebäude-Managementsystem WinGuard. Dieses ständig weiterentwickelte Eigenprodukt wird über Integratoren, OEM-Partner und in Ausnahmef...

Advancis ist bekannt für sein Sicherheits- und Gebäude-Managementsystem WinGuard. Dieses ständig weiterentwickelte Eigenprodukt wird über Integratoren, OEM-Partner und in Ausnahmefällen auch direkt vertrieben. Das seit 15 Jahren bestehende Unternehmen versteht sich dabei vor allem als Berater und System­integrator. Regina Berg-­Jauernig von GIT SICHERHEIT hat sich mit Jan Meiswinkel unterhalten. ­Gemeinsam mit Firmengründer ­Hartmut Nöll ­leitet er als Mitinhaber die Geschäfte des Unternehmens.

GIT SICHERHEIT: Herr Meiswinkel, Sie feiern in diesen Tagen Ihr 15-jähriges Firmenjubiläum. Ich erinnere mich an Ihre Präsentation von WinGuard auf der Security in Essen im Jahre 2000. Wie haben Sie es geschafft, ein Unternehmen mit mittlerweile 26 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp 3 Mio. € aufzubauen?

J.Meiswinkel: Bis zu diesem Zeitpunkt war das Unternehmen im Grunde eine One-Man-Show von Hartmut Nöll, den ich damals kennenlernte. Wir erkannten beide die Potenziale des Anderen und haben das Unternehmen dann gemeinsam als gleichberechtigte Gesellschafter noch mal regelrecht neu nach vorne gepusht und kontinuierlich weiter ausgebaut.

Was waren aus Ihrer Sicht die Erfolgskriterien?

J.Meiswinkel: Ein wesentliches Erfolgskriterium ist sicherlich, dass wir sehr unterschiedliche Charaktere und Kompetenzen im Hause haben. Das gilt für den Vertrieb, das Projektmanagement, die Entwicklung und zeigt sich nicht zuletzt auch in der unterschiedlichen Besetzung der Geschäftsführung und damit auch der Gesellschafterstruktur. Darin liegt, glaube ich, unser Erfolgsgeheimnis.

Und in der Qualität Ihres Produkts...?

J. Meiswinkel: Ja. Bei uns nimmt die Entwicklungsleitung wesentlichen Einfluss auf das Produkt. Das ist vielleicht ein Unterschied zu ­an­deren Unternehmen, bei denen ausschließlich an markt- und projektorientierten Kriterien bestimmt wird, wie die Weichen für das Produkt gestellt werden. Für uns ist dieser maßgebliche Einfluss der Informatiker und Ingenieure auf die Weiterentwicklung und somit auf die Qualität des Produktes sehr wichtig. Das Unternehmen Advancis ist zu 100% das Produkt WinGuard. D.h. wir konzentrieren uns auf Sicherheits- und Gebäudemanagementsysteme und machen nicht noch andere Dinge „mit". So positionieren wir uns auch im Markt. Der schnelle Erfolg, den der Vertrieb möglicherweise sucht, wird durch die eher strategisch ausgerichtete Entwicklungsabteilung auf fruchtbare Weise ausgebremst. Wir glauben, dass dieser Mix auch Grundlage für den Erfolg des Unternehmens ist.

Gab es auch schwierige Zeiten?

J. Meiswinkel: Die Zeiten sind im Grunde genommen immer herausfordernd. Das liegt daran, dass unser Geschäft einfach unglaublich schnelllebig ist. Nirgends sonst gilt das in so hohem Maße wie bei Software für Sicherheitsan­wendungen. In anderen Bereichen ist das ganz anders. Dort können Produkte meist jahrelang unverändert auf dem Markt bleiben. Wir haben deshalb unseren Entwicklungsprozess auf ­„Scrum" - ein Vorgehensmodell der agilen Softwareentwicklung - umgestellt. Bei diesem „beweglichen" Modell spielt die Kundennähe eine wichtige Rolle. Unsere Arbeit am Produkt ist ­daher ein iterativer Prozess, aus dem in kurzen Zyklen ein neues Release hervorgeht. So können wir die nötige Weiterentwicklung des Produktes eng mit dem Kunden abstimmen. Da die Schwierigkeit in unserem Geschäft oftmals darin besteht, die benötigte Funktionalität und das optimale Bedienkonzept schon im Vorfeld einer Produkteinführung genau zu definieren, wissen unsere Kunden das sehr zu schätzen.

Das hat natürlich organisatorische Aus­wirkungen auf Ihren Vertrieb?

J. Meiswinkel: Ja. Wir verstehen uns deshalb im Vertrieb nicht als klassische Verkäufer, sondern eher als Berater. Durch diesen Consultingansatz - wir verkaufen auch nichts „drum herum" - können wir sehr flexibel reagieren und letztlich den Nutzen für den Kunden generieren. Im Ausland ist diese Denkweise bereits ganz üblich. Dort fragt man weniger danach was ein Produkt kostet, sondern danach, wann man die Investition, durch die Abbildung und die Unterstützung der Prozesse im Unternehmen, wieder eingespielt hat.

Was treibt Sie persönlich eigentlich am ­meisten bei der Arbeit an?

J. Meiswinkel: Letzten Endes hat es mich persönlich immer angetrieben, Lösungen für besondere Anforderungen zu finden. Dabei geht es auch darum, große und größte Systeme bauen zu können. Das war für uns anfangs noch schwierig. Heute bekommen wir größere Aufgaben, nicht nur da wir bekannter geworden sind, sondern auch da wir durch unsere Unabhängigkeit dem Kunden die Nachhaltigkeit der Investition in Bezug auf einen späteren Um- und Ausbau garantieren.

Haben Sie dabei so etwas wie eine Vision oder ein Leitmotiv, von dem Sie sich lenken lassen?

J. Meiswinkel: Die Vision ist die vollständige Integration und die automatisierte Interaktion der Gebäude- und Sicherheitstechnik sowie die Vernetzung mit anderen übergeordneten Einrichtungen wie Einsatzleitsystemen. Das Leitmotiv ist dabei immer das Schaffen von Sicherheit - die Welt ein bisschen sicherer zu machen, indem wir Menschen schützen und Objekte jeder Art überwachen, ist bei aller Wirtschaftlichkeit mit der ein Unternehmen vorgehen muss, ein wichtiger Antrieb und vermittelt ein gutes Gefühl bei der Arbeit.

An welchen Lösungen arbeiten Sie zurzeit am intensivsten?

J. Meiswinkel: Wir arbeiten zum Beispiel an der weiteren Integration von unterschiedlichsten Videosystemen in unseren offenen Videomanager. Eine wesentliche Rolle spielen dabei für uns Analysesysteme. Die Synchronisation von Ereignissen im Gebäude und auch den entsprechenden Videosequenzen ist dabei sehr wichtig. Das haben wir schon auf der Security 2008 anhand eines großen Casinoprojekts präsentiert. Ein weiteres Beispiel für den Mehrwert, der durch die Synchronisation und Interaktion der angeschlos­senen Systeme generiert werden kann, ist die Überwachung der Datenströme der IT-Landschaft in einem Objekt. Unser System meldet Beispielsweise wenn ein Mitarbeiter laut Zutrittskontrollsystem das Gelände verlassen hat, an seinem Arbeitsplatz aber gleichzeitig Daten abgerufen werden. Darüber hinaus beschäftigen wir uns verstärkt mit mobilen Lösungen wie etwa einem Client für das iPhone. Weitere aktuelle Stichworte sind Smart- und Green Building Technologie.

Was sind Ihrer Meinung nach derzeit die ­besonderen Herausfor­derungen vor denen Sie stehen?

J. Meiswinkel: Neben dem eben schon genannten Aspekten geht es darum, Flexibilität des Unternehmens und Wachstum verbinden zu können. Das funktioniert durch flache Hierarchien und sehr innovative Strukturen der Zusammenarbeit. Offene Tools und Schnittstellen sind hier von Bedeutung, vor allem aber - gerade in der Finanzkrise - Nachhaltigkeit und Investitionsschutz. Uns kommt zugute, dass wir heute als Unternehmen schuldenfrei sind. Wir können dadurch auch eventuelle schwierige Zeiten gut durchstehen und solide und neutral wirtschaften. Das ist für uns wichtig, um das Vertrauen in den Schutz der Investition für unsere Kunden langfristig darstellen zu können. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass wir nur mit Partnern wachsen können, die ihrerseits unterstützt werden müssen. Solche Partnerschaften entstehen allerdings nicht von heute auf morgen - das gilt umso mehr, je weiter man sich von seinem Standort entfernt. Wir haben deshalb sehr viel Arbeit in unser Partnerkonzept gesteckt. Wir setzen vor allem auf kontinuierlichen Know-how-Transfer und eine Schulungsverpflichtung inklusive regelmäßiger Online-Schulungen zur Auffrischung.

Können Sie uns bitte einmal Ihr Partnerprogramm skizzieren?

J. Meiswinkel: Lediglich 5-10% der Projekte realisieren wir direkt selber - vor allem dann, wenn es sehr viele unbekannte Faktoren gibt. Wenn wir in der Branche sattelfest sind, können wir Dritte einbinden und unterstützen. Unsere Kunden sind zu 90% die Integratoren. Diesen bieten wir in unserem Partnerprogramm „Certified WinGuard Integrator" (CWI) Unterstützung beim Marketing, im Vertrieb, bei der Projektrealisierung sowie anschließend beim Support. Durch den engen Kontakt und die regelmäßigen Schulungen, wissen wir das Produkt im Markt durch die Partner gut vertreten.

In welchen Branchen sehen Sie für die Zukunft das größte Potential?

J. Meiswinkel: In der momentan geschwächten Wirtschaftslage sind öffentliche Aufträge von besonderer Bedeutung, darunter fallen z.B. Justizvollzuganstalten. Wir bearbeiten gerade einen Auftrag für zwei große JVAs - und zwar so, dass daraus eine Branchenlösung entsteht. Eine Besonderheit sind hier die Zellenkommunikation und das automatische Lokalisieren von Einsatzkräften. Letzteres lässt sich mit Hilfe von Lokalisierungspunkten im Gebäude sehr dynamisch auf einem virtuellen Grundriss darstellen - auch über Stockwerke hinweg. Das Ganze kann zum Schluss wie in einem Film betrachtet werden. Dieses System ist während des Projekts entwickelt worden - so arbeiten wir auch bei Casinos oder im Bereich Parken. Wegen dieser Form von Applikationsverständnis haben wir keine Angst vor den Großen.

Ihre Exportquote liegt momentan bei ca. 25%. Inwieweit werden Sie Ihre Aktivitäten international ausbauen?

J. Meiswinkel: Die Exportquote ist uns noch zu gering. Unser Ziel ist es, nächstes Jahr deutlich höher zu kommen - mindestens auf 30-40%. Im Jahre 2012 hoffen wir international größer als in Deutschland zu sein. Um das zu erreichen, haben wir in Stefan Bange einen Mitarbeiter, der ausschließlich als Business Developer für das internationale Geschäft tätig ist. Schon heute sind wir Marktführer in Luxemburg und in Österreich. Ganz konkret suchen wir derzeit Partner in Frankreich und England um dort eigene Advancis-Niederlassung zu gründen. Darüber hinaus möchten wir über unser internationales Partnerprogramm „Advancis Solution Provider" (ASP) noch weitere Partner für Joint-Venture gewinnen. Aus technischer Sicht sind durch mittlerweile 23 unterstütze Sprachen inklusive der Möglichkeit der „right-to-left"-Umstellung für den arabischen Raum die Voraussetzungen dafür bereits gegeben.

Herr Meiswinkel, besten Dank für das Gespräch.

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