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GIT-Interview mit Wolfgang Waschulewski über die Lage des deutschen Wach- und Sicherheitsgewerbes

09.03.2013 - GIT-Interview mit Wolfgang Waschulewski über die Lage des deutschen Wach- und Sicherheitsgewerbes. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen Wolf...

GIT-Interview mit Wolfgang Waschulewski über die Lage des deutschen Wach- und Sicherheitsgewerbes. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen Wolfgang Waschulewski wechselte am 1. April 2008 als Geschäftsführer in die familiengeführte Kötter Unternehmensgruppe. Zuvor war er zuletzt Geschäftsführer der Vereinigten Sicherheitsunternehmen (VSU) in Köln und Länderpräsident der Securitas Deutschland Holding. Er ist einer der erfahrensten Sicherheitsfachleute der Branche. Zu seinen Zielen, Erwartungen und Plänen befragte ihn Heiner Jerofsky, wissenschaftlicher Schriftleiter der GIT SICHERHEIT.

GIT SICHERHEIT: Herr Waschulewski, wir gratulieren Ihnen zu Ihrer neuen Aufgabe. Sie sind als Geschäftsführer in die Kötter Unternehmensgruppe eingetreten, die bundesweit 12.000 Mitarbeiter beschäftigt und mit Kötter Security zu den großen traditionsreichen Sicherheitsunternehmen in Deutschland zählt. Auch als Präsident des BDWS stehen Sie mit Ihren Aufgaben im Fokus der Öffentlichkeit. Welche Ziele haben Sie für die Sicherheitsbranche?

W. Waschulewski: Wir haben in den letzten Jahren einiges getan, um die Qualität der Dienstleistungen unserer Mitgliedsunternehmen deutlich zu verbessern. Hierzu gehören die DIN 77 200 „Anforderungen an Sicherungsdienstleistungen“, die Einführung einer Sachkundeprüfung und des Ausbildungsberufs. Seit geraumer Zeit sind wir sehr intensiv daran, die tariflichen Grundlagen für das Wach- und Sicherheitsgewerbe zu verändern. Hierzu gehören Spartentarifverträge für den Bereich der Flughafensicherheit, der Sicherungsposten bei Gleisbauarbeiten oder für Geld- und Wertdienste.

Im Mittelpunkt unserer aktuellen Aktivitäten steht die Frage, einen gesetzlichen Mindestlohn im Rahmen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes einzuführen. Wir wollen damit unsere Unternehmen – und vor allem deren Beschäftigten – auf die in den nächsten Jahren zu erwartende Arbeitnehmerfreizügigkeit vorbereiten. Wenn uns dies nicht gelingt, droht die Erosion unserer jahrzehntelang gewachsenen Tarifstrukturen. Wir wollen aber nicht nur am Mindestlohn gemessen werden. Diese reicht sicher nicht für die Entlohnung einer qualitativ hochwertigen Dienstleistung aus. Das müssen wir noch stärker als bisher betonen.

Wir kennen uns schon aus den 80er Jahren aus Ihrer Zeit bei der Deutschen Sicherheits AG. Sie hatten schon damals, im Konsens mit den Sicherheitsbehörden, außergewöhnlich moderne Technik und hochwertige Dienstleistung angeboten. Die letzten 20 Jahre hat sich der Markt stark verändert. Können Sie auch heute noch zu diesen hohen Qualitätsanforderungen stehen und ist ein solch hohes Niveau heute noch wirtschaftlich tragfähig?

W. Waschulewski: Natürlich stehe ich auch heute noch zu den hohen Qualitätsanforderungen, auch wenn es schwieriger geworden ist, dies auf dem Markt zu verkaufen. Die Zahl der Kunden, die auf Grund ihrer Sicherheitsbedürfnisse und ihrer Sicherheitsphilosophie sehr hohe Qualitätsanforderungen an das Sicherheitsunternehmen und deren Beschäftigte haben, nimmt leider nicht zu. Dabei gilt es auch zu bedenken, dass auch unsere Kunden in einer schwierigen Wettbewerbsposition stehen und deshalb permanent darüber nachdenken, wie sie die Dienstleistung Sicherheit (noch) preiswerter einkaufen können.

Erfreulicherweise haben wir seit vielen Jahren eine relativ stabile Sicherheitslage in Deutschland. Das Bewusstsein für die Gefährdungen hat deshalb in weiten Kundenkreisen abgenommen. Aber auch die Beziehungen zu unseren Kunden haben sich verändert. Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit, waren die Sicherheitsverantwortlichen in den Unternehmen DIE Entscheider. Dies hat sich im Laufe der Jahrzehnte immer mehr verändert; heute dominiert der Einkauf auch bei der Dienstleistung Sicherheit. Damit wird zwangsläufig der Preis und nicht die Qualität in den Blickpunkt der Überlegungen gerückt.

Wenn man die Brancheninformationen des BDWS liest, sind Umsatz und Mitarbeiterzahl im Wach- und Sicherheitsgewerbe doch auf Wachstumskurs. Wo sehen Sie für diese Dienstleistungsbranche Probleme, mittelfristig Entwicklungsmöglichkeiten und neue Märkte?

W. Waschulewski: Die Zeiten hoher Wachstumsraten gehören der Vergangenheit an. Natürlich gibt es immer Unternehmen, die erfolgreicher als Konkurrenten auf dem Markt agieren. Insgesamt hat die Zahl der Beschäftigten in den letzten Jahren nur unwesentlich zugenommen. Immer mehr Technik kommt zum Einsatz und verdrängt teilweise die personelle Dienstleistung. Damit lassen sich die auch heute noch leichten Umsatzzuwächse erklären.

Marktchancen ergeben sich natürlich immer dann, wenn ein Unternehmen sich nicht mit über 3.000 Wettbewerbern herumschlagen muss. Dies ist beispielsweise im Bereich der Flughafensicherheit, der maritimen Sicherheit, aber auch im Bereich neuer Dienste bei den Justizvollzugsanstalten der Fall. Der in Berlin unter großer medialer Aufmerksamkeit gestartete Wachschutz an Neuköllner Schulen wird sicher nicht der letzte Auftrag in diesem Bereich sein. Immer mehr Kommunen haben Probleme mit gewalttätigen Jugendlichen oder Vandalismus. In Baden-Württemberg setzen mehr als 20 Kommunen private Sicherheitsdienste als sog. City-Streifen ein. Der Rückzug der Polizei aus der Fläche wird auch in anderen Regionen Deutschlands dazu führen, dass unsere Branche noch präsenter in der Öffentlichkeit tätig sein wird.

Universelle Sicherheitsdienste umfassen heute kundenorientierte Serviceleistungen aus vielen Bereichen, die sich weit von dem Wachmannimage entfernen. Wie sieht nach Ihrer Meinung das zukünftige Berufsbild aus? Welche Kernkompetenzen sollten mindestens vorhanden sein? Sehen Sie auch Chancen für mehr Ausbildungsplätze?

W. Waschulewski: Die Kernkompetenzen für die Beschäftigten unserer Branche haben sich in den letzten 25 Jahren kaum verändert. Sie sind schon in der ersten Verordnung für die IHK-Geprüfte Werkschutzfachkraft niedergelegt: Umgang mit Menschen und moderner Technik notwendige Rechtskenntnisse, sowie Dienstkunde des zu bewachenden Objektes. Selbstverständlich haben sich die konkreten Anforderungen erhöht. Auf Grund der Heterogenität unserer Dienstleistung ist es nicht einfach, von DEM Berufsbild zu sprechen. Sie wissen selbst, dass zahlreiche Aufgaben mehr mit Service denn mit reiner Sicherheit zu tun haben. Weiteren Bedarf sehe ich im Bereich der Ausbildungsplätze. Wir haben deshalb als Verband frühzeitig begonnen, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen.

Sie setzen sich weiterhin für die Einführung eines zweijährigen Ausbildungsberufes „Servicekraft für Schutz und Sicherheit“ ein. In welchen Punkten soll sich dieses Berufsbild von der IHK-Geprüften Fachkraft für Schutz und Sicherheit bzw. von der Geprüften Schutz- und Sicherheitsfachkraft unterscheiden?

W. Waschulewski: Die Einführung des dreijährigen Ausbildungsberufs Fachkraft für Schutz und Sicherheit ist einer der wichtigsten Meilensteine in der über einhundertjährigen Geschichte unserer Branche. Fast 1.500 junge Menschen haben die Abschlussprüfung erfolgreich bestanden. Über 3.000 werden in diesem Beruf ausgebildet. Dieses Berufsbild ist teilweise mit kaufmännischen und dispositiven Inhalten überfrachtet. Auch können wir für das sehr anspruchsvolle dreijährige Berufsbild nicht immer ausreichende Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Diese sind, das wissen Sie, letztlich immer von den Anforderungen unserer Kunden abhängig.

Wir haben uns deshalb dafür eingesetzt, einen zweijährigen Ausbildungsberuf, die Servicekraft für Schutz und Sicherheit, einzuführen. Diese wird von diesen angesprochenen kaufmännischen Elementen entlastet werden. Sollte dann ein guter Auszubildender den Wunsch haben, eine dreijährige Ausbildung zu absolvieren, so steht ihm dieser Weg jederzeit offen.

Die Geprüfte Schutz- und Sicherheitsfachkraft ähnelt von der Bezeichnung natürlich den beiden vorgenannten Ausbildungsberufen. Auf Grund der vorausgesetzten beruflichen Erfahrung kann die Qualifikation natürlich nicht verglichen werden kann. Wir wissen auch, dass wir mit diesen drei Berufstypen zunächst zu einer Verwirrung in der Branche, aber auch in unseren Kundenkreisen beigetragen haben. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass wir in den vergangenen sechs Jahren die beruflichen Grundlagen für das Wach- und Sicherheitsgewerbe und die Sicherheitswirtschaft insgesamt auf eine völlig neue Grundlage gestellt haben. Nun gilt es, diese Grundlagen im Markt noch bekannter und transparenter zu machen, so dass hoffentlich verstärkt eine qualitativ hochwertige Sicherheitsdienstleistung nachgefragt werden kann.

Sicherheit und Transparenz kommen im sensiblen Bereich Geld- und Wertdienste, heute Bargeldlogistik genannt, besondere Bedeutung zu. Was können Sie tun, um das angeschlagene Image dieser Sparte zu heben? Ist das Bargeldhandling für Ihr Gewerbe noch rentabel? W. Waschulewski: Die Zahl der Unternehmen, die sowohl in der Wach- und Sicherheitssparte als auch in Geld- und Wertdiensten aktiv und erfolgreich tätig sind, wird immer geringer. Die komplexen Anforderungen der Kunden haben dazu geführt, dass sich der Bereich Geld und Wert immer mehr verselbständigt hat. Wir haben dem auch verbandsorganisatorisch Rechnung getragen. Die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste, ursprünglich reiner Wirtschaftsverband, hat sich vor zwei Jahren eine neue Satzung gegeben und ist nun für ihren Bereich auch für die tarifpolitischen Interessen zuständig.

Sie und der Vorstand des BDWS sind für eine Aufnahme des Wach- und Sicherheitsgewerbes in das Entsendegesetz. Das bedeutet die Einführung eines Mindestlohnes für einfache Sicherheitsaufgaben. Was hätte das für Auswirkungen für die Branche und wo sehen Sie die Schmerzgrenze bei Mindestlöhnen?

W. Waschulewski: Die größten Veränderungen gibt es sicher für unsere Mitgliedsunternehmen in den neuen Bundesländern. Es ist müßig, heute, fast 20 Jahre nach der deutschen Einheit auf die Fehler der Vergangenheit hinzuweisen. Es bleibt festzuhalten, dass wir mit unserer Tarifpolitik zu Beginn der 90er Jahre die Weichen nicht richtig gestellt haben. Dies hat in Verbindung mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation in den neuen Bundesländern dazu geführt, dass die Lohnschere zwischen Ost und West in den 90er Jahren nicht geringer, sondern immer größer geworden ist. Als Arbeitgeber sind wir der Auffassung, dass Löhne von 4,50 € für Sicherheitsaufgaben heute nicht mehr zeitgemäß sind. Deshalb sind wir angetreten, im Laufe der nächsten Jahre die Mindestlöhne in den neuen Bundesländern auf 6,00 € anzuheben.

Dass dies mit schmerzhaften Veränderungen bei unseren Mitgliedsunternehmen und vor allem deren Kunden verbunden ist, liegt auf der Hand. Im Vergleich dazu sind die notwendigen Strukturanpassungen in den westlichen Bundesländern begrenzt. Wenn wir, wie in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern, Löhne haben, die bereits die 8 € im Visier haben, so versteht sich von selbst, dass hier die Lohnerhöhungen deutlich moderater ausfallen müssen. Mit dem erfolgreichen Abschluss eines Mindestlohntarifvertrages ist jedoch die Aufgabe unserer Tarifpolitik nicht beendet. Im Gegenteil, sie geht meines Erachtens auf dieser soliden rechtlichen Grundlage erst weiter.

In diesem Jahr findet vom 7. bis 10. Oktober die Weltmesse für Sicherheit und Brandschutz Security in Essen statt. Unter welchem Motto sollten die Dienstleister dort auftreten? Wie präsentieren sich der BDWS und Kötter Security? Wie sind Ihre Erwartungen und Wünsche an Veranstalter, Aussteller und Besucher?

W. Waschulewski: Der BDWS wird auch im Jahr 2008, wie zu Beginn der Security, mit einem eigenen Stand vertreten sein. Dieser wird vor allem Anlaufstelle für unsere über 700 Mitgliedsunternehmen sein. Gleichzeitig stehen wir interessierten Fachbesuchern aus allen Bereichen der Sicherheitsbranche als Ansprechpartner gerne zur Verfügung. Natürlich sind wir optimistisch, dass die insgesamt zufrieden stellende Entwicklung unserer Branche auch in den nächsten Jahren auf Grund der geschilderten Entwicklungen anhalten wird. Auf Grund unserer großen Aufgaben und unserer letztlich bescheidenen Mittel sind wir jedoch immer auch auf der Suche nach neuen Partnern.

Wir haben uns deshalb an der Karlsruher Messe Safekon im vergangenen Jahr genau so beteiligt, wie an der Public Private Security Anfang dieses Jahres in Hannover. Auf Grund ihrer überragenden Bedeutung in Deutschland und Europa bleibt selbstverständlich die Security in Essen die Nummer 1 auch für unsere Branche. Die Bedeutung, die wir der Messe Essen beimessen, mögen Sie auch daran erkennen, dass ich erst vor kurzem erneut zum stellvertretenden Vorsitzenden des Messebeirats der Security gewählt wurde.

Werden Sie die Geschäfte der Firma Kötter von Essen aus leiten? Der Wohnsitz Ihrer Familie ist bislang Aschaffenburg. Wird mit dem Wechsel Ihrer Tätigkeit nach Essen auch eine Wohnsitzverlagerung stattfinden? Wie schaffen Sie es, Ihren verantwortungsvollen Beruf mit Ihrem Privatleben im nötigen Gleichgewicht zu halten?

W. Waschulewski: Ich habe zumindest einen partiellen Wohnortwechsel durchgeführt und mir eine Wohnung in Essen gemietet. Insider kennen meine heimliche Leidenschaft für die Viktoria aus Aschaffenburg. Seit vielen Jahren setze ich mich ehrenamtlich für diesen Verein ein, der in der Fußball-Oberliga Hessen darum kämpft, in die künftige Regionalliga aufzusteigen. Von meinem neuen Wohnort Essen aus wird es sicher schwieriger, dieser Leidenschaft im gleichen Umfang noch nachzugehen. Ich freue mich auf meine neue Aufgabe, die natürlich auch eine neue Herausforderung sein wird. Daneben arbeite ich natürlich aktiv weiter daran, den Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen als dem einzigen Sprachrohr des Wach- und Sicherheitsgewerbes erfolgreich weiter zu entwickeln.

Wir wünschen Ihnen für Ihre neuen Aufgaben alles Gute, freuen uns weiterhin über gute Zusammenarbeit und danken Ihnen für das offene Gespräch.

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