Safety

Ergänzungen der LASI-Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung

18.03.2019 - Die nächste Novellierung der Gefahrstoffverordnung lässt noch auf sich warten. Aber schon jetzt hat der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) seine Leitli...

Die nächste Novellierung der Gefahrstoffverordnung lässt noch auf sich warten. Aber schon jetzt hat der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) seine Leitlinien zur Umsetzung dieser Verordnung aktualisiert. Sie dienen dazu, Betrieben und Behörden eine verlässliche Grundlage für ihr Handeln im Zusammenhang mit der Gefahrstoffverordnung zu geben. Deren Abschnitt zu Fragen des ­Umgangs mit Asbest wurde jüngst ergänzt. Wir befragten Bertram Hörauf, dem derzeitigen, turnusge­mäßen Vorsitzenden des Lasi zu den Hintergründen und zum Stand der Dinge.

GIT SICHERHEIT: Herr Hörauf, Sie aktualisieren regelmäßig Ihre Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung. Wie steht es um die Novellierung der Gefahrstoffverordnung selbst?

Bertram Hörauf: Die letzte Novellierung der Gefahrstoffverordnung im Jahr 2016 diente vordringlich der Harmonisierung der Einstufungs-, Kennzeichnungs- und Verpackungsanforderungen für gefährliche Stoffe mit den Vorgaben des europäischen Chemikalienrechts. Schon damals wurde deutlich, dass die Bestimmungen der Verordnung für krebserzeugende Gefahrstoffe, insbesondere für Asbest, einer Neuorientierung bedürfen. Vor diesem Hintergrund beantragten die Vertreter der Länder in der Frühjahrssitzung 2016 im Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) die Einsetzung eines Beraterkreises zur Prüfung des Novellierungsbedarfes der Gefahrstoffverordnung. Dieser Beraterkreis, dessen Konstituierung einvernehmlich von allen Mitgliedern des AGS unterstützt wurde, wird voraussichtlich in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Gefahrstoffe im Mai dieses Jahres seinen Bericht und seine Empfehlungen vorlegen. Ich gehe davon aus, dass unmittelbar nach Vorlage dieses Berichts das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) die Arbeiten zur Neugestaltung der Gefahrstoffverordnung aufnehmen wird.

Könnten Sie bitte noch einmal den Hintergrund und die Aufgaben der „Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung“ erläutern?

Bertram Hörauf: Bereits seit mehr als 20 Jahren gibt der Lasi, der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, seine Publikationsreihe der Lasi-Veröffentlichungen – abgekürzt LV – heraus. Ein zentrales Anliegen dieser Handlungsanleitungen ist die Implementierung einheitlicher Grundsätze und Standards für die Aufsichtstätigkeit der Arbeitsschutzbehörden der Länder. Die LV 45, die „Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung“, soll die Umsetzung der Gefahrstoffverordnung auf der betrieblichen Ebene durch fachliche Erläuterungen der Verordnung in Form von eines Frage-Antwort-Katalogs unterstützen. Gleichzeitig dient die LV 45 aber auch als inhaltlicher Handlungsrahmen für die Aufsichtstätigkeit der Arbeitsschutzbehörden der Länder beim Vollzug der Gefahrstoffverordnung.

Wo liegt der größte Aktualisierungsbedarf dieser Lasi-Veröffentlichung?

Bertram Hörauf: Als Auslegungs- und Konkretisierungshilfe zu den Vorschriften der Gefahrstoffverordnung orientiert sich die LV 45 grundsätzlich an der geltenden Verordnung. Daraus folgt, dass jede Verordnungsänderung eine entsprechende Anpassung der Leitlinien zur Folge hat. Es kann aber auch eine Entwicklung eintreten, die eine Ergänzung der bestehenden Leitlinien erfordert. Dann bedarf es einer Aktualisierung der LV 45, auch wenn am eigentlichen Verordnungstext keine Änderung erfolgt ist.

. . . und eine derartige Notwendigkeit sahen Sie, als Sie mehrere neue Leitsätze zur Asbestproblematik in die LV 45 aufnahmen und diese als 3. überarbeitete Auflage im Herbst 2018 veröffentlichten?

Bertram Hörauf: Der Lasi beobachtet schon seit längerer Zeit mit Sorge die außerordentlich hohe Anzahl an berufsbedingten Krebserkrankungen in Deutschland. Berufskrebs ist bei uns die arbeitsbedingte Todesursache Nummer 1. Für einen Großteil dieser Erkrankungen sind Expositionen durch Asbest am Arbeitsplatz verantwortlich. Obwohl die Herstellung und Verwendung von Asbest in Deutschland bereits 1993 verboten wurde, ist es bisher noch nicht zu einem Rückgang der asbestbedingten Erkrankungen gekommen. So waren allein im Jahr 2016 mehr als 1.500 Todesfälle aufgrund einer asbestbedingten Berufskrankheit zu beklagen. Die Anzahl der anerkannten Neuerkrankungen aufgrund von Asbestexpositionen liegt seit Jahren beständig über 3.500 Fällen. Es wurde deshalb von unserer Seite begrüßt, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit dem Nationalen Asbestdialog eine neue Sensibilisierung für diese Thematik angestoßen hat. Die Diskussionen im Rahmen des Nationalen Asbestdialoges haben vor Augen geführt, dass für alle Beteiligten – Bauherren, Handwerker und Aufsichtsbehörden – eine Klarstellung, welche Tätigkeiten an asbesthaltigen Materialien als zulässig oder unzulässig im Sinne der Gefahrstoffverordnung einzustufen sind, eine besondere Bedeutung besitzt. Die mit der Neufassung der LV 45 veröffentlichten Leitsätze sollen zu der gewünschten Präzisierung beitragen und eine verlässliche Grundlage für ein einheitliches Handeln der Arbeitsschutzbehörden der Länder bieten.

Welche wichtigen Leitsätze zum Umgang mit Asbest haben Sie in die Ergänzung 2018 der LV 45 eingearbeitet?

Bertram Hörauf: In der Aufsichtspraxis hat sich in vielen Einzelfällen die Beurteilung als schwierig erwiesen, welche praktischen Arbeiten unter die Beschränkungen und Verbote nach Anhang II Nr. 1 der Gefahrstoffverordnung fallen. Die neu in die LV 45 aufgenommenen Leitsätze konkretisieren hierzu fallbezogene Beurteilungen. Beispielhaft sei genannt:

  • Pflichten bei der Prüfung und beim Ausbau asbesthaltiger Brandschutzklappen
  • Konkretisierung der Begriffe „Abbruch“, „Instandhaltung“ und
  • Erläuterung der Begriffe „Verbot des Wiedereinbaus“, „Verbot der Überdeckung“ sowie „keine Arbeit an asbesthaltigen Teilen“


Auf der Grundlage dieser Erläuterungen kann im Rahmen von Betriebs- und Baustellenüberprüfungen eine eindeutige Entscheidung getroffen werden, ob eine dort ausgeführte Tätigkeit den Ausnahmetatbeständen des genannten Anhangs II Nr. 1 der Gefahrstoffverordnung zuzuordnen ist oder ob es sich um eine illegale Arbeit handelt. Damit stellen die neuen Leitsätze der LV 45 eine wichtige Unterstützung für die behördliche Vollzugspraxis in diesem anspruchsvollen Aufgabenbereich dar.

Kontakt

Hessisches Ministerium für Soziales und Integration

Sonnenberger Str. 2/2a
65193 Wiesbaden

+49 611/817-0