Security

Glutz verstärkt sein Engagement in Deutschland

01.06.2017 - Der Schweizer Schließtechnik-, Beschläge- und Zutrittsanbieter Glutz ist seit 1863 auf dem Markt. Am bekanntesten ist das Traditionsunternehmen in der Schweiz mit Produkten und Lös...

Der Schweizer Schließtechnik-, Beschläge- und Zutrittsanbieter Glutz ist seit 1863 auf dem Markt. Am bekanntesten ist das Traditions­unternehmen in der Schweiz mit Produkten und Lösungen aus dem Premium-Segment. Aber auch international ist es präsent – u.a. in Großbritannien und Singapur sowie in Österreich und Deutschland. Gerade auch den deutschen Markt nimmt Glutz jetzt verstärkt ins ­Visier – unter anderem durch Spezialisierung auf Pflege und Wohnen. Matthias Erler von GIT SICHERHEIT sprach darüber mit Alexander Bradfisch, seit Anfang des Jahres CEO des Unternehmens.

GIT SICHERHEIT: Herr Bradfisch, bevor wir uns näher mit Märkten und Produkten, Zielsetzungen und Strategien befassen: Sie sind seit Anfang des Jahres neuer CEO bei Glutz. Geben Sie unseren Lesern ein kleines Portrait von sich?

Alexander Bradfisch: Ich war zunächst bei einem Automobilzulieferer tätig – wo ich in der Planung und im Controlling des Vertriebs bald verantwortlich für mehr als 70 Standorte war. Dort konnte ich Erfahrungen in vielen Bereichen sammeln, die mir auch heute bei Glutz zugutekommen. Danach war ich die letzten zehn Jahre lang praktisch durchgehend in der Baubranche tätig. Zuletzt war ich bei Bosch mit Verkauf und Installation von Sicherheitssystemen in Baden-Württemberg befasst, außerdem bei Geze, mit internationaler Ausrichtung meiner Aufgaben.

Was begeistert Sie an diesen Aufgaben, die die Bau- und Sicherheitsbranche betreffen?

Alexander Bradfisch: Ich beschäftige mich gern mit der Frage, wie der Kunde das Gebäude nutzt, in dem er lebt und arbeitet – und wie er größtmöglichen Komfort daraus ziehen kann. Daran schließt sich die Frage, wie man diese Themen bei den verschiedenen Gewerken bestmöglich vermarktet. Was mir auch wichtig ist: Als Anbieter nicht als der Günstigste am Markt auftreten zu müssen. Mir geht es immer um Nutzenargumentation und Differenzierung durch bestimmte Leistungsmerkmale, um qualitativ hochwertige Produkte mit großem Anspruch. Da ist Glutz keine Ausnahme. Diese Affinität für Leistung hängt wohl auch damit zusammen, dass ich aus einer Familie von Leistungssportlern komme – ich selbst spiele Tennis, Handball und fahre Motorrad – und bin ein fürchterlich schlechter Verlierer…

Dann lassen Sie uns mal über Ihre neue Wirkungsstätte sprechen, dem Unternehmen Glutz. Das ist in der Schweiz ja ein traditionsreiches und nach zwischenzeitlich problematischen Zeiten heute wieder führendes Unternehmen für Schließ- und Zutrittstechnik. In welchen Märkten sind Sie mit welchen Produkten am stärksten?

Alexander Bradfisch: Glutz kommt aus der Schließ- und Beschlagtechnik. Das Unternehmen ist in der Schweiz für Schlösser und manuelle Beschläge schon lange bekannt und stark vertreten. In einigen Landesteilen erreichen wir eine Marktdurchdringung von bis zu 50 Prozent. Einem starken Markttrend folgend, hat Glutz sein Sortiment zunehmend um funkbasierte Zutrittskontrollsysteme ergänzt und sich weiter vom Wettbewerb differenziert. Das ging einher mit der Überwindung der von Ihnen angesprochenen Krise – vor allem durch eine optimierte Fertigung. Glutz ist heute sehr erfolgreich, gerade durch die Verbindung von manueller und elektronischer Technik. Nach wie vor bewegt sich Glutz im höherpreisigen Premiumsegment. Neben der Schweiz sind Großbritannien, Deutschland und Österreich unsere wichtigsten Märkte – in Großbritannien geht es hauptsächlich um elektronische Zutrittssteuerung, in Deutschland und Österreich sind wir zum Beispiel stark im gehobenen Wohnbau und in Projekten des Betreuten Wohnens.

Wo sehen Sie für Glutz die besten Möglichkeiten, weiter zu wachsen?

Alexander Bradfisch: Wir denken hier vor allem daran, Nischen zu besetzen. Denn unsere Wachstumsstrategie besteht darin, unser Geschäft von der Konjunktur der Baubranche abzukoppeln.

Welche Nischen haben Sie da im Auge?

Alexander Bradfisch:
Das sind vor allem Geschäftsfelder, die sich daraus ergeben, dass wir uns in einer alternden Gesellschaft befinden. Unabhängiges Leben im Alter – und zwar in der eigenen Wohnung –ist ein starker Wunsch und entsprechend wichtiger Trend. Auch Wohnen auf Zeit ist eine Nische, die uns interessiert. Denn hier geht es um Objekte mit mehreren oder vielen Nutzern – also braucht man ein Schließsystem mit Nutzerverwaltung. Hier können wir mit vielen Vorteilen unserer Lösungen überzeugen – so kann man etwa bei Abwesenheit per Code dem Briefträger Zugang gewähren. Noch wichtiger ist aber, dass wir in Bestandsgebäude ganz unproblematisch Funklösungen einbauen können. Es wird mehr saniert und renoviert als neu gebaut – hier sehen wir deshalb das größte Potential.

…in der Schweiz wie international…

Alexander Bradfisch: Ja. Wobei in der Schweiz sicher irgendwann eine Grenze erreicht ist. Vor allem die internationalen Märkte werden für Glutz wichtiger. Gerade in Deutschland streben wir in diesen Nischen einen Marktanteil im einstelligen Prozentbereich an – allein das wäre bereits eine Vervielfachung unseres bisherigen Umsatzes.

Wird sich das auf Ihr Portfolio auswirken?

Alexander Bradfisch: Da wir als Komplettanbieter in der Nische auftreten, wird es auch starke Auswirkungen auf unser Portfolio geben. Wenn ich zum Beispiel den Betreiber einer Pflegeeinrichtung als Komplettanbieter überzeugen möchte, muss ich das Thema Türen und Fenster komplett abdecken können – und alle Anforderungen welche die Einrichtung mit sich bringt verstanden haben und lösen können. Bestimmte Türen müssen etwa stärker gesichert sein, andere sind nur für das Personal – und auch Interventions-Teams müssen zeitunabhängig in die Wohnung können, ohne mit einem großen Schlüsselbund hantieren zu müssen. Ähnliches gilt für Pflege- und Reinigungskräfte. Es geht also um Produkte – aber auch darum, Prozesse verstanden zu haben. Dazu gehören in der Umsetzung viele Details, wie die grundsätzliche Automation des Haupteingangs oder die jederzeitige Überprüfung der Fensterzustände, also ob sie offen oder geschlossen sind. Bedürfnisse verstehen und Nutzen bieten – das ist für uns wichtiger als das bloße Preisargument.

Das erfordert sicher auch eine technische Aufrüstung Ihres Portfolios…?

Alexander Bradfisch: Dazu arbeiten wir mit strategischen Partnern zusammen. Das sind beispielsweise Hersteller im Bereich Funk, aber auch solche von Fingerprint-Systemen, eventuell auch Handvenenscannern. Es geht aber auch um die Integration von Einbruch- und Brandmeldeanlagen und weiterer benachbarte Gewerke. In der Pflege und im Krankenhaussegment ist beispielsweise die Anbindung an die Schichtplanung wichtig – hier muss man die Schnittstellen bedienen können. Das Pflegepersonal kann mit Hilfe digitaler Badges ihre Leistungen genauer abrechnen – all das hängt eng mit der Zutrittskontrolle zusammen. Ähnlich ist es im gehobenen Wohnungsbau. Unsere Lösung zeigt per App an, ob Türen geschlossen oder geöffnet sind – oder sie informiert per Email, wenn der Zusteller ein Paket hinterlegt hat. Das funktioniert auch umgekehrt: Der Zusteller bekommt einen Code, mit dem er die Briefkastenanlage öffnen und ein zu verschickendes Paket entnehmen kann. Zusammengefasst formuliert: Wir verkaufen Nutzen – und zwar im Zusammenspiel mit unseren Partnerprodukten.

Sie produzieren in der Schweiz – und auch auf die Produktion beziehen sich Ihre strategischen Überlegungen: Stärkung der Digitalisierung und Automatisierung sind hier die Stichworte?

Alexander Bradfisch: Wir stehen vor der Aufgabe, den Spagat zwischen Variantenvielfalt und Automation der Produktion hinzukriegen. Hat man wenige Varianten und also höhere Stückzahlen je Produkt, sind die Kosten ja geringer. Je mehr Vielfalt es gibt, desto mehr Intelligenz ist in der Produktion nötig – und das muss bereits während der Entwicklung des Produkts berücksichtigt werden.

Gerade bei Beschlägen und Schlössern ist das nicht ganz einfach…?

Alexander Bradfisch: In der Tat gibt es bei Schlössern und Schlosskästen eine enorme Vielfalt von Breiten, Höhen, etc., mit einfacher Falle oder Mehrfachverriegelung – und es gibt enorm viele Designs. Hier versuchen wir zum Beispiel die Zahl der Einzelteile zu reduzieren und möglichst für viele Modelle einsetzbar zu machen. Es ist im Prinzip mit der Entwicklung im Automobilbau zu vergleichen: Viele gleichartige Teile mit höherer Stückzahl schaffen Synergien. Ein weiterer wichtiger Ansatz ist es übrigens, die Produkte so zu entwickeln, dass die Arbeitszeit für die Installation spürbar verringert wird. Das macht es für unsere Installationspartner wirtschaftlich, ein teureres Produkt zu kaufen.

Nun möchten Sie außerdem neue Ländermärkte erschließen – darunter auch den umkämpften deutschen Markt. Wie unterscheidet er sich aus Ihrer Sicht eigentlich von dem der Schweiz? Gibt es andere Präferenzen bezüglich Produktauswahl, Technik oder Service?

Alexander Bradfisch: Für die Schweiz kann man sagen, dass das Geschäft praktisch ausschließlich über den Fachhandel läuft. Anders liegt es z. B. in Großbritannien und Singapur. Dort wird in der Regel direkt an den Endkunden verkauft, d. h., man muss direkt im Projekt überzeugen. So war es etwa bei einem von uns betreuten exklusiven Wohnprojekt nahe dem Buckingham-Palast. Hier hatten wir es unmittelbar mit dem Endkunden, Architekten und Bauleiter zu tun. Das Sicherheitsbedürfnis ist hier sehr groß, das Bestellvolumen geringer – aber der Preis spielte hier eine untergeordnete Rolle. Deutschland und Österreich sind vergleichbar – hier gibt es verschiedene Vertriebskanäle – sowohl über den Handel als auch die Direktbelieferung von Türenherstellern. Deutschland ist allerdings erheblich preissensitiver geworden – das ist eine Herausforderung für uns. Unsere strategische Antwort darauf ist die Spezialisierung auf die Nischen, wie eben erwähnt. Wir möchten nicht in den preissensitiven Massenmarkt, sondern dort Lösungen anbieten, wo qualitativ hochwertige Anwendungen mit großem Nutzen gefragt sind und bezahlt werden. Dazu gehören unterschiedliche Segmente wie der gehobene Altenpflege- und Wohnungsbau, Wohnanlagen, aber auch Privatkliniken mit exklusivem Ambiente sowie Apartments und Boarding Houses, also Wohnen auf Zeit.

Die Technik erlaubt hier einigen Komfort auch für die Verwaltung…

Alexander Bradfisch: Komfort und Sicherheit. Die wochen- oder monatsweise Vermietung lässt sich tatsächlich z. B. mit Tür-Zahlencodes sicher und komfortabel managen. Der Code kann den Zugang für eine bestimmte Zeit gewähren – der Bewohner kann völlig ohne Personal und unabhängig von der Tageszeit ein- und auschecken. Künftig wird es mit Bluetooth-Low-Energy-Übertragung noch mehr Möglichkeiten per App geben. Was die Sicherheit betrifft, differenzieren wir uns übrigens noch auf andere Weise technisch vom Wettbewerb: Wir arbeiten nicht mit Daten auf der Karte. Die Beschläge sind mit dem Netzwerk per W-LAN verbunden und aktualisieren dort ihren Informationsstand über die Zutrittsberechtigungen. Das ist schneller, sicherer und stabiler.

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