Safety

Sicherheitskonzepte für die Robotik

23.05.2013 - Damit Industrieroboter mit Menschen zusammenarbeiten können, braucht die Geschwindigkeit am Werkzeugarbeitspunkt eine sichere Überwachung. Zur Schaffung der erforderlichen integrie...

Damit Industrieroboter mit Menschen zusammenarbeiten können, braucht die Geschwindigkeit am Werkzeugarbeitspunkt eine sichere Überwachung. Zur Schaffung der erforderlichen integrierten Sicherheitsapplikationen über openSafety stehen von B&R Funktionsbausteine mit TÜV-Zertifizierung zur Verfügung. Sie ermöglichen die einfache, von der verwendeten Steuerungstechnik unabhängige Herstellung erweiterter Sicherheit in Robotersystemen.

Wo in der Industrie Roboter arbeiten, haben wir Menschen keinen Zutritt. Zu langsam sind wir, um auf gefährliche Situationen im schnellen Produktionsablauf rechtzeitig und verlässlich richtig zu reagieren, zu unberechenbar, als dass die Maschine unsere nächste Aktion voraussehen und uns ihrerseits ausweichen könnte. Deshalb arbeiten Roboter meist in geschlossenen Zellen. In aller Regel ist das gut so, denn nur ohne Störungen sind hohe Arbeitsgeschwindigkeiten möglich. Allerdings gibt es Situationen wie den Einrichtebetrieb, in denen Menschen direkt vor Ort müssen, um robotischen Arbeitsabläufen den letzten Schliff zu geben. Auch wäre es für viele Abläufe wünschenswert, dass Mensch und Maschine Hand in Hand - muss heißen Hand in Greifer - arbeiten.

„Eines Tages könnte es Industrieroboter geben, die um sich herum keine trennenden Schutzeinrichtungen, keine Zelle mehr brauchen, um Menschen vor Verletzungen zu schützen", beschrieb Dipl.-Ing. Dr. Gernot Bachler bereits Mitte 2010 die visionäre Zielvorgabe von B&R. Der Ruf „Befreit die Roboter aus ihren Zellen!" wurde laut.

Sicherheit am TCP mit openSafety
Dazu reichen traditionelle Methoden zur Sicherstellung des Schutzes von Menschen wie ein Not-Halt bei Öffnen einer Sicherheitstüre nicht aus. Wichtig ist die Realisierung spezifischer Sicherheitskonzepte für die Robotik, in denen sich die sichere Überwachung der Verfahrgeschwindigkeit nicht nur auf einzelne Achsen bezieht, sondern auf den gesamten Roboter und damit auch auf den TCP (Tool Center Point). Abgeleitet aus den Anforderungen der Normen EN ISO 10218-1 und EN ISO 10218-2 zur Sicherheit von Industrierobotern beziehungsweise von Robotersystemen in Kollaboration mit menschlicher Arbeitskraft schuf B&R als ersten Baustein einer erweiterten Roboter-Sicherheit die Funktion SLS (Safely Limited Speed) am TCP.

Die neue Funktion setzt auf den direkt in die Servoantriebe der Acoposmulti-Familie integrierten erweiterten Sicherheitsfunktionen für die sichere Bewegungssteuerung auf. Bekannt als SafeMC senkten diese die Fehleraufdeckungs- und Reaktionszeit gegenüber Relais-Sicherheitsschaltungen von typischen 80 auf 7 ms, den Anhalteweg um den Faktor 100. Zudem bietet SafeMC mit Smart Safe Reactions wie STO (Safe Torque Off), SBC (Safe Brake Control), SS1 (Safe Stop 1), SOS (Safe Operating Stop), SS2 (Safe Stop 2), SLS (Safely Limited Speed), SMS (Safe Maximum Speed), SDI (Safe Direction) und SLI (Safely Limited Increment) zahlreiche Alternativen zur bloßen Stillsetzung per Not-Halt.

Überwachte kinematische Kette
Zur Sicherstellung einer für den kollaborativen Betrieb auf richtlinienkonforme 250 mm/s begrenzten Geschwindigkeit am Werkzeugmittelpunkt ohne zusätzliche Sensoren ist es erforderlich, zunächst die tatsächliche Geschwindigkeit zu ermitteln. Das geschieht durch Verknüpfung der sicheren Informationen über Status, Position und Geschwindigkeit der einzelnen Achsen mittels kinematischer Transformation.

Aufgenommen von den SafeMC-Modulen in den Acoposmulti-Servoantrieben an den einzelnen Achsen, werden diese Informationen mit dem feldbusunabhängigen, sicherheitsgerichteten Übertragungsprotokoll openSafety zur Sicherheitssteuerung SafeLogic übertragen. Dort erfolgen die Transformation und der Vergleich mit den sicheren Vorgabewerten. Durch sichere Übertragung der entsprechenden Anforderung sorgt die SafeLogic für die Ausführung der Sicherheitsfunktionen direkt in den Antrieben.

TÜV-zertifizierte Funktionsbausteine
Zur Entwicklung der dazu benötigten sicherheitsgerichteten Steuerungsprogramme steht eine Bibliothek mit TÜV-zertifizierten Parameter- und Funktionsbausteinen zur Verfügung. Auf Basis der individuellen Kundenanforderungen werden diese in der sicheren Programmierumgebung SafeDesigner verwendet.

Dabei vergleicht ein sicherer Funktionsbaustein die Geschwindigkeiten aller Gelenke und freigegebenen Werkzeuge mit den festgesetzten Grenzgeschwindigkeiten. Eine sichere Umschaltung ermöglicht die Auswahl von bis zu vier verschiedenen Limits. Ebenso können unterschiedliche Werkzeugabmessungen definiert und mehrere Werkzeugpunkte gleichzeitig verfolgt werden, etwa zur Realisierung einer sicheren Überwachung großflächiger, vom Roboter bewegter Werkstücke. Die Reaktion auf die von diesem Modul ausgegebenen Sicherheitsverletzungen wird in der Sicherheitsapplikation festgelegt, sodass die Verarbeitung vom eingesetzten Robotertyp unabhängig ist.

In einem für jede vernünftige Kinematik geeigneten Parameterbaustein werden die geometrischen Abmessungen des Roboters, das verwendete Einheitensystem und die Zuordnung zwischen Gelenkachsen und dem Roboter-Basisgelenk beschrieben. Ein weiteres Parametermodul dient zur Festlegung der Werkzeugabmessungen in Bezug auf das Koordinatensystem des Werkzeugaufnahmeflansches. Diese werden für die Ermittlung der Geschwindigkeit an den freigegebenen Werkzeugarbeitspunkten benötigt.

Einfachere Sicherheit bringt mehr ­Wirtschaftlichkeit
„Die virtuelle Verdrahtung über PLCopen-konforme und TÜV-zertifizierte Funktionsbausteine im SafeDesigner erleichtert Herstellern und Anwendern von Robotersystemen die Entwicklung der Sicherheitsapplikation", sagt Gernot Bachler. „Die Safely Limited Speed am Werkzeugmittelpunkt ist ein wichtiger Schritt zur Befreiung der Roboter aus ihren Zellen." Vor allem leistet sie einen Beitrag zur Reduktion des Platzbedarfs für die Sicherheit in der Zusammenarbeit mit Robotern und damit zur Wirtschaftlichkeitssteigerung des Roboter-Einsatzes. Funktionen wie Sicherer Arbeitsraum und Sichere Orientierungen werden dies weiter verstärken.

 

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