Safety

Arbeitsschutz: Neue Lösung hilft Unfällen vorzubeugen

01.03.2012 - Sicherheitsrelevante Vorfälle von vornherein zu vermeiden, anstatt nur Lehren daraus zu ziehen: diesen Ansatz verfolgt SAP mit seiner neuen Incident-Management-Lösung. Der DSAG-Arb...

Sicherheitsrelevante Vorfälle von vornherein zu vermeiden, anstatt nur ­Lehren daraus zu ziehen: diesen Ansatz verfolgt SAP mit seiner neuen
Incident-Management-Lösung. Der DSAG-Arbeitskreis Environment, Health & Safety (EH&S) war von Anfang an in die Entwicklung eingebunden. Eine Zusammenarbeit mit Beispielcharakter.

„Vorbeugen ist besser als heilen", lautet ein altes Sprichwort. Wie in vielen Überlieferungen liegt auch in diesem Satz mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Dazu passt eine Schätzung aus dem Bereich des Arbeitsschutzes, die besagt, dass es nach ca. 50.000 bis 70.000 Beinahe-Unfällen zu einem tatsächlichen Ereignis mit tödlichem Ausgang kommen kann. Vor- und Zwischenfälle mit oder ohne Personenschäden lassen sich zwar bereits seit längerem IT-gestützt erfassen, doch die Prozesse des sogenannten „Ereignismanagements" (Incident Management) griffen bisher meist erst, nachdem ein Unfall oder ein sicherheitsrelevanter Vorfall stattgefunden hatte. Daraus wurden dann im Idealfall Konsequenzen gezogen und erkannte Gefahrenquellen beseitigt.

Mitarbeiter zur Meldung motivieren
Warum also nicht Informationen aus den vielen Ereignissen sammeln, die bislang ohne gravierenden Zwischenfall von den unmittelbar Betroffenen registriert wurden? Die Schwierigkeit dabei besteht oft darin, die Mitarbeiter zu motivieren, beobachtete oder aktiv erlebte Beinahe-Unfälle in einem System zu erfassen. „Falls z. B. immer wieder ein bestimmter Fluchtweg oder eine Feuerwehrzufahrt zugeparkt wird, muss jeder, der dies beobachtet, die Möglichkeit haben, eine entsprechende Meldung zu erfassen, die dann automatisch an die zuständigen Stellen weitergeleitet wird", gibt Wolfgang Bock vom Produktmanagement SAP EHS Management bei der SAP AG ein konkretes Beispiel.

Dass ein IT-gestütztes Ereignismanagement über die vermeintlich klassischen Branchen hinaus von Bedeutung ist, bestätigt Stephan Eisenacher, Sprecher des DSAG-Arbeitskreises EH&S: „Wir erkennen einen klaren Trend, dass neben Branchen wie Öl und Gas, Bergbau und die chemische Industrie auch zunehmend Handelsunternehmen, der Dienstleistungssektor und selbst Beratungsunternehmen sich für das Ereignismanagement interessieren." Kein Wunder! Der Druck steigt, generell mehr für die Sicherheit der Mitarbeiter zu tun. Auch weil die gesetzlichen Vorgaben für den Arbeitsschutz über alle Branchen hinweg immer strenger werden.

Bei der Prävention ansetzen
Bislang bestand der Ansatz des Ereignismanagements darin, die gesetzlichen Regularien zu erfüllen. Doch das ging den SAP-Spezialisten nicht weit genug. „Die alte Lösung hat angesetzt, nachdem ein Unfall geschehen war und dokumentiert werden musste. Wir wollten jedoch Prozesse anbieten, die helfen, Unfälle zu vermeiden. Jeder Beinahe-Unfall soll daher von einem Mitarbeiter so einfach wie möglich zu erfassen sein", beschreibt Wolfgang Bock den neuen Ansatz. Ein konkretes Beispiel können Pappkartons sein, die im Treppenhaus gestapelt werden und dadurch eine Brandgefahr darstellen, oder Mitarbeiter rutschen an einer bestimmten Stelle des Gebäudes immer wieder aus, ohne dass etwas passiert. All dies sollte gemeldet werden. Zudem müssen bei einem Unfallereignis mit mehreren Aspekten (z. B. mit Personenschaden und gleichzeitigen Auswirkungen auf die Umwelt) verschiedene Stellen mit zum Teil sehr unterschiedlichen Formularen informiert werden, z. B. die Berufsgenossenschaft, die Gewerbeaufsicht oder das Umweltmanagement. Dafür war das bisherige System nicht flexibel genug. Das wurde geändert.

Die Sicherheitskultur fördern
Der Anspruch von SAP ist es, mit einem neu aufgesetzten Ereignismanagement die Sicherheitskultur in den Unternehmen zu fördern und das Meldewesen zu vereinfachen. Dazu tragen nun u. a. übersichtlich aufgebaute Bildschirmmasken bei. Über einen integrierten Formularprozess mit Adobe Interactive Forms lässt sich ein Ereignis ohne direkte Systemverbindung erfassen und per E-Mail oder mit einem mobilen Endgerät an das SAP-System übermitteln. Außerdem wurden die Abläufe stark verbessert und vereinfacht, um den Informationsfluss übersichtlich zu gestalten. „Verschiedenste Informationsströme lassen sich jetzt kanalisieren, um z. B. Unfallmanager, fachliche Vorgesetzte und Werksleiter gleichzeitig über ein Ereignis zu informieren", fasst Wolfgang Bock zusammen. Zusätzlich können Berichte erstellt werden, anhand derer auch das Management die erhobenen Vorfall- bzw. Unfallzahlen in bestimmten Bereichen abrufen kann. Die Ergebnisse können dann beispielsweise zu der Entscheidung führen, ein neues Sicherheitsprogramm aufzusetzen oder Unterweisungen durchzuführen.

Die Benutzerfreundlichkeit erhöhen
Die Runderneuerung des SAP Incident Managements wird vom DSAG-Arbeitskreis sehr begrüßt. „Unser Hauptkritikpunkt war bislang die Benutzerfreundlichkeit. Diese Schwachstelle beseitigt zu sehen, war eines unserer zentralen Anliegen", erläutert Stephan Eisenacher, Sprecher des DSAG-Arbeitskreises EH&S. Darüber hinaus bringt die neue Lösung noch weitere Vorteile: Sie ist webbasiert, für jede Nutzergruppe im Unternehmen frei konfigurierbar und führt den Benutzer intuitiv durch die einzelnen Prozessschritte der Anwendung (guided procedure). „Letztlich soll jeder, der an dem Informationsfluss beteiligt ist, das System ohne Probleme und lange Einarbeitungszeit bedienen können", erläutert Wolfgang Bock. Wichtig sind bei einem Vorfall immer die klassischen Fragen: wer, wann, was, wo? Um den Benutzern die Eingabe so einfach wie möglich zu machen, gibt es sowohl Eingabehilfen als auch die Möglichkeit, die Angaben lediglich als Freitext zu erfassen. Wie in zahlreichen Anwendertests ermittelt wurde, hilft dies vor allem gelegentlichen Benutzern bei der Angabe des Unfallortes oder der Art der Verletzung. Ist die Eingabeprozedur durchlaufen, wird das Dokument weitergeleitet und dem Anwender zurückgemeldet, dass die zuständige Instanz informiert wurde. „Das zeigt dem Erfasser, dass mit seinen Angaben auch etwas passiert. Das ist wichtig für die Akzeptanz der Lösung", weiß Wolfgang Bock.

Von der ersten Stunde an dabei
Umfassendes Feedback war ein wichtiges Kriterium beim Aufbau der neuen Incident-Management-Lösung. Quasi von der ersten Stunde an arbeiteten SAP und der Arbeitskreis EH&S eng zusammen. „Wir wurden frühzeitig informiert, dass im Bereich Ereignismanagement eine Neuerung geplant ist. Zu dem Zeitpunkt war das Tool noch in der initialen Entwicklungsphase", erinnert sich Stephan Eisenacher. Die ersten Screenshots wurden vorgestellt und ausgewählte Unternehmen aus dem Arbeitskreis hatten die Gelegenheit, die Lösung zu begutachten und ihr Feedback zu geben. Im Zuge dessen wurde z. B. angeregt, zu den Freitextfeldern noch zusätzliche kodierte Felder hinzuzunehmen, um so die Auswertung zu erleichtern. Neben der unmittelbaren Einbindung in die Entwicklung der neuen Lösung ist die Planungssicherheit für die DSAG-Mitglieder ein Resultat der direkten Kommunikation zwischen SAP und Arbeitskreis.

„Die Unternehmen wissen nun, dass es im klassischen Unfallmanagement in naher Zukunft ein neues Produkt geben wird und können ihre Projektplanung entsprechend ausrichten", resümiert Stephan Eisenacher zufrieden. Augenblicklich befindet sich das Incident Management im Ramp-Up und nach heutigem Stand sollte es voraussichtlich ab Mitte des Jahres 2011 allgemein verfügbar sein.

Sichtbare Erfolge fördern Engagement
Die Zusammenarbeit zwischen SAP und DSAG-Arbeitskreis beim Thema Incident Management hat fast schon Beispielcharakter für andere Gremien. „In der Produktentwicklung sind zeitnahe Informationen das A und O, sonst bewegt man sich sehr schnell in die falsche Richtung. Gerade was die Bedienbarkeit und Benutzerfreundlichkeit angeht, haben wir mit dem Arbeitskreis lange diskutiert, wo welche Informationen platziert werden sollen", fasst Wolfgang Bock zusammen. Die Mitglieder im Arbeitskreis sehen, dass etwas in vergleichsweise kurzer Zeit passiert. Dadurch sind sie extrem engagiert. Anträge aus der jüngeren Vergangenheit sind dafür gute Beispiele. So wurden z. B. Anforderungen bezogen auf die EU-Chemikalienverordnung REACH (Registrierung, Evaluierung/Bewertung, Autorisierung/Zulassung von Chemikalien) komplett umgesetzt. Ebenso die Möglichkeit, Stoffmengeninformationen automatisiert aus bestehenden Informationen zu ermitteln (Substance Volume Tracking).
Aktuell lohnt sich die Mitarbeit im Arbeitskreis besonders, da zum Thema Gefährdungsbeurteilung (Risk Assessment) eine Neuentwicklung geplant ist. „Auch bei diesem Projekt sind wir von Anfang an in die Entwicklung eingebunden. Wir hoffen nun, dass wir vielleicht bereits beim nächsten Arbeitskreistreffen erfahren, welche unserer Anforderungen in die Gefährdungsbeurteilung übernommen werden", blickt Stephan Eisenacher optimistisch in die Zukunft.