Management

Geutebrück: Gesamtvertriebsleiter ­Joachim Platten im Interview

20.02.2012 - Das Familienunternehmen Geutebrück setzt auf evolutionäre Innovationsprozesse, denn, so meintGesamtvertriebsleiter JoachimPlatten, erst der Mehrwertfür den Kunden macht ein Bündel ...

Das Familienunternehmen ­Geutebrück setzt auf evolutionäre ­Innovationsprozesse, denn, so meint Gesamtvertriebsleiter ­Joachim Platten, erst der Mehrwert für den Kunden macht ein Bündel Technik zu einem ­sinnvollen Produkt. Mit anderen ­Worten: Innovation darf kein ­Selbstzweck sein. Dieser Ansatz des Video-Sicherheitsspezialisten hat sich seit über 40 Jahren ­bewährt - und zwar weltweit: Etwa zwei Drittel des Jahres­umsatzes stammen heute aus dem internationalen Geschäft. ­Matthias Erler von GIT-SICHERHEIT.de hat sich mit Joachim ­Platten unterhalten.

Herr Platten, Geutebrück hat letztes Jahr seinen 40. Geburtstag gefeiert. Im gleichen Jahr wurden Sie neuer Gesamt­vertriebsleiter. Was hat Sie damals dazu be­wogen, zu Geutebrück zu kommen?

Joachim Platten: Für mich war entscheidend, dass Geutebrück auf eine lange Tradition zurückblickt und gleichzeitig innovative Technik anbietet. Die Branche selbst befindet sich in einem spannenden Übergang von Analog zu Digital. Das alles verbindet sich bei Geutebrück zu einer anregenden Atmosphäre und einer überall spürbaren Aufbruchsstimmung.

Sie wurden als Manager angekündigt, der seine Hauptaufgaben im immer stärker werdenden internationalen Engagement des Unternehmens sieht. Können Sie das bestätigen?

Joachim Platten: Geutebrück ist ja bereits stark international - wir bewegen uns auf die 70 % des Gesamtgeschäfts zu und wachsen international am schnellsten. Wir haben natürlich auch einen starken Vertrieb in Deutschland und freuen uns über unseren hohen Marktanteil. Allerdings ist Deutschland für uns heute, wie in anderen global auftretenden Unternehmen, ein Land unter vielen in denen wir aktiv sind. Ich sehe meine Hauptaufgabe in der Stärkung und Unterstützung unserer Töchter in Europa und weltweit, denn wir haben im Ausland noch nicht so starke Strukturen wie in Deutschland.

Wo sind Sie im Ausland besonders stark ­vertreten bzw. wo wachsen Sie hauptsächlich?

Joachim Platten: Auf Europa bezogen sind wir in Spanien und Frankreich sehr gut aufgestellt. Österreich, Schweiz und die Beneluxstaaten bedienen wir direkt von Windhagen aus. Genau so wichtig sind für uns Türkei, Middle East und die GUS-Staaten - dort vor allem Russland. Unsere Tochter in den USA wächst ebenfalls sehr stark: Wir haben dort in 2011 den Umsatz verdreifacht. Im pazifischen Raum wachsen wir vor allem in Australien. Insgesamt konzentrieren wir uns aber weniger auf einzelne Länder, sondern schaffen Schwerpunkträume, in denen wir unsere Präsenz verstärken.

Wie wichtig bleibt Deutschland für Sie?

Joachim Platten: Deutschland ist nach wir vor unser Kernland und unser größter Markt, auf dem wir über 30 % unseres Umsatzes erwirtschaften. Deshalb bauen wir auch hier unsere Organisation aus. In Augsburg haben wir gerade ein neues Büro mit drei Außendienstmitarbeitern eröffnet. Von hier betreuen wir Bayern und Baden-Württemberg. So sind wir näher an Endkunde und Handel. Die regionale Präsenz ist ein wichtiger Teil unserer Vertriebsstrategie.

...mit dem Ziel, weiter zu wachsen.

Joachim Platten: Unser oberstes Ziel ist es als Familienunternehmen unabhängig zu bleiben und gleichzeitig zu wachsen. Deshalb streben wir ein organisches Wachstum an, das wir durch den Ausbau der Distribution fördern. Unsere Partnerschaft mit Errichtern, Systemintegratoren und Handel intensivieren wir deutlich. Parallel bringen wir dem Endkunden unsere Botschaft und unsere teilweise erklärungsbedürftigen Produkte näher. Um hier Aufmerksamkeit zu generieren sind viel persönlicher Einsatz und direkte Ansprache nötig. Wir nennen das „Marketing zu Fuß". Dazu zählen Besuche und Veranstaltungen, bei denen wir zusammen mit unseren Vertriebspartnern unsere technischen Vorteile präsentieren.

Sie erwähnten gerade die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit den Errichtern und anderen Partnern. Können Sie uns noch etwas näher erläutern, wie man sich das vorstellen muss?

Joachim Platten: Zum einen entwickeln wir in Ausschreibungsprozessen eine gemeinsame Lösung für den Anwender. Zum anderen fragen wir uns non stop: Wie kommunizieren wir unsere Lösungen aktiv? Diese Kombination von passivem und aktivem Verkauf unterstützt unser Wachstumsziel. Deshalb reden wir mit dem Planer, zeigen ihm, welche Möglichkeiten es gibt und erarbeiten mit ihm eine möglichst einfache Lösung zum Nutzen des Kunden. Eine Lösung, die ihm wirklich weiterhilft. Wenn wir die latenten Bedürfnisse des Kunden erkennen können wir Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen. So heben wir uns von der Masse ab. Denn: Wenn man keine Begeisterung wecken kann, wird man austauschbar...
Geutebrück betont gerne, dass es das verkauft, was der Kunde braucht - unabhängig von technischen Modeerscheinungen.

Was braucht der Kunde denn?

Joachim Platten: Überzeugen kann ein Produkt mit zwei Dingen: Zunächst muss es das Leben einfacher machen - hinsichtlich der Bedienung zum Beispiel. Und dann muss es sich amortisieren. Uns kommt es darauf an, dem Kunden erst etwas anzubieten, wenn sich für ihn ein Mehrwert ergibt.

Geben Sie uns ein Beispiel?

Joachim Platten: Ein Beispiel ist unser H.264CCTV-Verfahren: Die reine H.264-Kompression alleine bringt es nicht. Aber mit H.264 optimiert für CCTV entsteht ein Mehrwert für den Kunden.

Wie möchten Sie sich mit Ihrer Produkt­philosophie gegen die Großen auf der einen Seite und gegen die billigen No-Names
auf der anderen Seite behaupten?

Joachim Platten: Geutebrück bewegt sich ja im Premiumbereich. Unser Spielfeld sind etwa 30 Prozent des gesamten CCTV-Marktes. Bei einem Gesamtvolumen von 350 Millionen Euro bleibt ein potentielles Auftragsvolumen von ca. 120 Millionen. In diesem oberen Segment geht es um komplexe Systeme. Hier wollen wir unsere Bekanntheit erhöhen und unseren Marktanteil steigern. Wir sind der zuverlässige Problemlöser, der ein funktionierendes Gesamtsystem liefert. Dafür bieten wir Soft- und Hardware an einschließlich Top-Kameras; Technik, für die wir gerade stehen.

...dennoch sind Ihre Produkte offen für andere Systeme.

Joachim Platten: Unsere Lösungen sind selbstverständlich offen für Systemintegration. Das ist Kern unserer Politik der offenen Schnittstellen. Drittanbieter können sich z. B. mit ihrem Zutrittskontrollsystem anhängen - wir haben eine eigene Abteilung, die sich mit dieser Thematik befasst. So weit Videosicherheit betroffen ist bekommt unser Kunde leistungsstarke Lösungen aus einer Hand. In übergreifenden Anwendungen helfen wir ihm, sein Optimum über Anbindung von Drittsystemen zu erreichen.

Wie sehen Sie Ihre Marke im Verständnis des Marktes - und wie sieht Ihre Marken­pflege aus?

Joachim Platten: Die Marke ist in der Tat ein zentrales Thema für uns. Wir setzen auf einen einheitlichen Marktauftritt mit einem wieder erkennbaren Gesicht. Dieses Jahr hatten wir das erste Mal bei allen nationalen und internationalen Auftritten das gleiche Erscheinungsbild mit der gleichen Aussage und zwar von kleineren Hausmessen bis zu Großveranstaltungen. Das kam bei unseren Partnern und Endkunden sehr gut an. Okay, vielleicht wirken wir etwas technisch und kühl aber es geht bei uns um Sicherheit - flippige Werbung verbietet sich da. Wir strahlen einfach das aus was wir sind: Bodenständigkeit. Verlässlichkeit. Ein Partner, der auch in 20 Jahren noch da ist.

Viele Hersteller haben einzelne vertikale Märkte für sich entdeckt. Wie sehen dies­bezüglich Ihre Planungen aus?

Joachim Platten: Eine vertikale Strategie kann für uns kein Selbstzweck sein - sie ist nur dann sinnvoll, wenn sie einen Mehrwert für den Kunden bewirkt. Mit dieser Motivation konzentrieren wir uns auf bestimmte Themenbereiche. So haben wir uns gerade im Bereich Logistik personell verstärkt und dafür einen eigenen Vertriebsprozess mit endkundengerichteten Informationen installiert. Diesen Markt möchten wir gemeinsam mit einigen Errichtern vorantreiben. Wir streben hier an, Marktführer zu werden. Durch eine solche Spezialisierung hängen wir nicht von Ausschreibungen ab, sondern bekommen Nachfrage direkt vom Kunden. Andere Märkte haben wir in diesem Sinne bislang noch nicht definiert, möchten uns aber weiterer ausgewählter Branchen annehmen. Wir werden jeweils nicht nur reine Sicherheitstechnik, sondern einen Mehrwert mit Problemlösungen anbieten: Hier geht es um Einsparmöglichkeiten beim Kunden - etwa durch die Optimierung von Prozessen.

Wie sehen Sie langfristig Ihre Chancen, die Unabhängigkeit von Geutebrück zu ­wahren - ist nicht auch in Zukunft mit einer Konzentration in der Branche zu rechnen?

Joachim Platten: Die Branche besteht aus sehr vielen Mittelständlern und ein paar ganz großen Unternehmen. Eine stärkere Konzentration ist eigentlich bei den Errichtern zu beobachten. Aus unserer Sicht sind unsere Chancen gut, weil wir mit klaren Konzepten arbeiten und eine maßvolle Wachstumsstrategie verfolgen, so dass wir Investitionen immer aus der eigenen Tasche bezahlen können. Obendrein investieren wir kontinuierlich in die Innovation von Produkten, so dass wir immer mindestens mit dem Markt Schritt halten. Last but not least: Einer unserer großen Vorteile ist - trotz aller traditionellen und konservativen Neigungen - der Wille zur stetigen Erneuerung. Wir sind eine verschworene Gemeinschaft - und solange das so ist, bleiben wir auch unabhängig.

Sie blicken offenbar ausgesprochen ­optimistisch in die Zukunft - trotz Finanz-, Euro- und sonstigen Krisen?

Joachim Platten: Krisen machen uns nicht bange. Diskussionen, wie etwa um Griechenland, schaffen zwar eine gewisse Verunsicherung - aber so etwas gibt es immer. Wichtig ist aus unserer Sicht, eine gute Balance zu halten: Man darf nicht zu sehr von einem bestimmten Segment abhängen. Unser Blick in die Zukunft fällt deshalb zuversichtlich aus. Wir wollen immer etwas schneller und agiler sein als andere - so entsteht die nötige Grundspannung für die Gestaltung der Zukunft.

Herr Platten, herzlichen Dank für das Gespräch.