Brandschutz

vbbd: Interview mit Lars Oliver Laschinsky

28.10.2011 - Vor über zehn Jahren haben Brandschutzbeauftragte den Verein der Brandschutzbeauftragten in Deutschland (vbbd) gegründet, um sich bei der alltäglichen Arbeit gegenseitig zu unterst...

Vor über zehn Jahren haben Brandschutzbeauftragte den Verein der Brandschutzbeauftragten in Deutschland (vbbd) gegründet, um sich bei der alltäglichen Arbeit gegenseitig zu unterstützen. Inzwischen ist der vbbd mit annähernd 700 Mitgliedern die größte und wichtigste Berufs- und Interessenvertretung der Brandschutzbeauftragten in Deutschland. Eines seiner Ziele ist es, die Aus- und Fortbildung der Brandschutzbeauftragten auf ein einheitliches Niveau zu stellen. Außerdem werden die Mitglieder praxisnah unterstützt. Mitglieder sind hauptsächlich Brandschutzbeauftragte, aber auch Aus­bildungsanbieter und viele im Brandschutz tätige Fachverbände und Firmen. GIT-SICHERHEIT.de sprach mit dem 1. Vorsitzenden des vbbd, Lars Oliver Laschinsky.

GIT-SICHERHEIT.de: Herr Laschinsky, der Brandschutzbeauftragte im Unternehmen hat einen durchaus anspruchsvollen und wichtigen Job. Er hat im Idealfall eine Stabsstelle im Unternehmen, die - ohne insoweit weisungsbefugt zu sein - eine Beratungsfunktion für Brandschutzfragen innehat. Sind Sie zufrieden mit diesem System und der Praxis des Brandschutzes in den Unternehmen?

Lars Oliver Laschinsky: Der Brandschutzbeauftragte sollte zentraler Ansprechpartner für alle Fragen des Brandschutzes in einem Unternehmen sein. Viele Entscheidungen zu Bautätigkeiten, Investitionen und Entwicklungen im Unternehmen betreffen auch den Brandschutz, werden jedoch durch andere betriebliche, finanzielle oder technische Vorgaben beeinflusst. Wieviel Brandschutz über die gesetzlichen Mindestvorgaben hinaus in einem Unternehmen geschaffen wird, ist auch eine Frage der Unternehmenskultur und kann nur durch den Unternehmer selbst entschieden werden. Der Brandschutzbeauftragte hat in Vorbereitung zu dieser Entscheidung fachlich zu beraten und die Entscheidungskriterien sachlich darzustellen. Daher empfehlen wir Unternehmern und Brandschutzbeauftragten ausdrücklich die Bestellung als zentrale Stabsstelle mit ausschließlicher Beratungsfunktion.

Der Brandschutzbeauftragte kann ja ein Mitarbeiter des Unternehmens sein - es kann aber auch ein Externer bestellt werden. In welchem Verhältnis bewegt sich das eigentlich?

Lars Oliver Laschinsky: Der „Brandschutzbeauftragte" ist in seiner Bezeichnung nicht geschützt oder reglementiert. Vielfach wird die Funktion z.B. auch innerhalb der Arbeitssicherheit durch Sicherheitsingenieure oder im Rahmen der überbetrieblichen Betreuung wahrgenommen, ohne dass ein Brandschutzbeauftragter explizit bestellt wird. Eine statistische Erfassung der ausgebildeten und tätigen Brandschutzbeauftragten kann daher nicht erfolgen. Zahlen zu den in Deutschland tätigen Brandschutzbeauftragten gibt es leider nicht. Ob ein Mitarbeiter oder ein externer Berater zum Brandschutzbeauftragten bestellt wird, hängt von vielen Faktoren ab. Dabei müssen zahlreiche Vor- und Nachteile abgewogen werden: Tätigkeit und Einbindung in betriebliche Prozesse des eigenen Mitarbeiters zu fachspezifischen Kenntnissen und Erfahrungen des externen Beraters, Aus- und Fortbildung eines Mitarbeiters zu Routine und betriebsübergreifenden Synergieeffekten des externen Beraters, Mehrbelastung durch Brandschutzaufgaben des eigenen Mitarbeiters zu Kosten des externen Beraters, ständige Verfügbarkeit des Mitarbeiters am Standort zu regelmäßiger Besichtigung eines externen Beraters etc.. Eine generelle Empfehlung ist daher nicht zu treffen. Eine gründliche Abwägung kann nur im Einzelfall vorgenommen werden.

Wer wird eigentlich typischerweise Brandschutzbeauftragter?

Lars Oliver Laschinsky: Nach meiner Erfahrung aus der Praxis gibt es im Wesentlichen zwei Wege: Oftmals führen die gestiegenen beruflichen Anforderungen an den Brandschutz, z.B. in der Gebäude- und Betriebstechnik oder dem Facility-Management, zu der Entscheidung die bestehende Zuständigkeit für den Brandschutz durch eine Ausbildung zum Brandschutzbeauftragten grundsätzlich auf eine solide Basis zu stellen. Die zweite Gruppe sind Sicherheitsingenieure, Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder Betriebsbeauftragte für Gefahrstoffe, Umweltschutz o. ä., die ihr Fachwissen gezielt im Bereich des Brandschutzes erweitern möchten, um durch die zusätzliche Qualifikation diese Aufgaben mit abdecken zu können.

Herr Laschinsky, Ihr Verband befasst sich ja unter anderem mit der Ausbildung von Brandschutzbeauftragten. Wie ist es damit in Deutschland bestellt?

Lars Oliver Laschinsky: Die Ausbildung von Brandschutzbeauftragten ist in Deutschland, anders als z.B. in Österreich, weder verbindlich geregelt, noch kontrolliert. Die Bandbreite der Ausbildung zum Brandschutzbeauftragten reicht von der studienbegleitenden Qualifizierung an Universitäten oder Fachhochschulen, über Fachlehrgänge und -seminare der Berufsgenossenschaften, etablierten Bildungseinrichtungen und Sachverständigenorganisationen bis hin zum Feuerwehrmann, der etwas über Brandschutz erzählt. Die Qualität der Ausbildungen schwankt daher stark von Anbieter zu Anbieter, Brandschutzbeauftragter ist nicht gleich Brandschutzbeauftragter. Dieser wird allerdings nicht an dem gemessen, was er gelernt hat, sondern an dem, was von einem Brandschutzbeauftragten erwartet werden kann. Dieses Risiko geht also immer zu Lasten des bestellten Brandschutzbeauftragten. Hier müssen Mindestanforderungen an Aus- und Fortbildung gestellt werden, damit der Brandschutzbeauftragte seine Aufgaben zuverlässig, fachlich richtig und vollständig erfüllen kann.

Welchen Beitrag leistet Ihr ­Verband insoweit?

Lars Oliver Laschinsky: Der Verein der Brandschutzbeauftragten in Deutschland hat 2009 zusammen mit der Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes (vfdb), dem Werkfeuerwehrverband Deutschland und dem VdS die vfdb-Richtlinie zur Bestellung, Aufgaben, Qualifikation und Ausbildung von Brandschutzbeauftragten aktualisiert und der Entwicklung anderer den Brandschutz betreffenden Vorschriften angepasst. Dabei ist diese Richtlinie mit einem Musterlehrplan aus 64 Unterrichtseinheiten als Mindestanforderung für die Ausbildung des Brandschutzbeauftragten zu verstehen und soll helfen, eine bundeseinheitliche Regelung für den Brandschutzbeauftragten zu schaffen. Hier wird auch auf eine regelmäßige Fortbildung zur Aktualisierung und Erweiterung des Fachwissens Wert gelegt. Sie hat zwar keine unmittelbare Rechtswirkung, aber sie entspricht dem Stand der Technik und ist in Fachkreisen anerkannt und etabliert. Vielfach wird von Aufsichtsbehörden und den Feuerversicherern die Qualifizierung nach dieser Richtlinie gefordert.

Der vbbd bietet ja selbst auch Fortbildungsveranstaltungen an?

Lars Oliver Laschinsky: Wir veranstalten 2012 die inzwischen 11. Fachtagung für Brandschutzbeauftragte. Diese zweitägige Tagung mit über 140 Teilnehmern dient mit verschiedenen Vorträgen zum betrieblichen Brandschutz der regelmäßigen Fortbildung der Brandschutzbeauftragten. Als ideeller Träger unterstützen wir fachlich auch den Feuertrutz-Kongress für den baulichen, technischen und organisatorischen Brandschutz in der Gestaltung der Kongressthemen zum betrieblichen Brandschutz.

Welchen Einfluss nimmt der vbbd auf die normative Entwicklung im Bereich Brandschutz und im Zusammenhang mit dem Brandschutzbeauftragten?

Lars Oliver Laschinsky: Zusammen mit dem EIPOS-Institut der TU Dresden hat der vbbd ein Forschungsprojekt zur Evaluierung der vfdb-Richtlinie hinsichtlich der Erfüllung der Praxisanforderungen an Brandschutzbeauftragte initiiert. Inhalt wird eine fundierte Betrachtung sein, inwieweit die Ausbildung der Brandschutzbeauftragten in der Praxis tatsächlich den Anforderungen eines Brandschutzbeauftragten entspricht. Gleichzeitig möchten wir auf wissenschaftlicher Basis Anforderungen an Ausbildungsträger der Brandschutzbeauftragtenausbildung ableiten, um auch hier Mindeststandards formulieren zu können.

Sie bemühen sich als Verband ja auch um eine gesetzliche Bestimmung zur Bestellung von Brandschutzbeauftragten für alle Bereiche von Industrie bis Krankenhaus. Wie ist hier die Situation derzeit?

Lars Oliver Laschinsky: Der Brandschutzbeauftragte ist der einzige Betriebsbeauftragte, der zwar in den Rechtsvorschriften erwähnt und zum Teil im Baurecht sogar verbindlich gefordert wird, zu dessen Qualifikation und Aufgaben der Gesetzgeber jedoch keine Aussagen trifft. Daher ist es seit über zehn Jahren ein wichtiges Anliegen des vbbd, eine verbindliche Festlegung herbeizuführen. Dies ist noch ein langer, weiter Weg, aber mit der derzeitigen Tendenz des staatlichen Regelwerkes besteht vielleicht in absehbarer Zeit die Möglichkeit, den Brandschutzbeauftragten in einer der erst 2010 neu geschaffenen TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen" untergeordneten technischen Regel zu definieren.

Sie unterstützen Ihre Mitglieder auch bei der Erfüllung tagesaktueller Brandschutzaufgaben. Können Sie uns einmal ein praktisches Beispiel nennen bei dem dieses Angebot zum Tragen kam?

Lars Oliver Laschinsky: Ein seit Jahren erfolgreiches Angebot für aktuelle Fragen und Probleme aus der Praxis des Brandschutzes ist das durch den vbbd betriebene Brandschutzforum. Diese Plattform ist eine unabhängige, unkomplizierte und kostenlose Informationsquelle für den Brandschutzbeauftragten. Unter „brandschutzforum.net" werden Fragen und Probleme inzwischen von über 1.000 Brandschutzbeauftragten, Fachplanern und Sachverständigen im Brandschutz meist innerhalb kurzer Zeit fachlich beantwortet. Ein Angebot, welches übrigens nicht nur unseren Mitgliedern vorbehalten ist.

Ende September haben Sie einen Kommentarband zu den Richtlinien bezüglich des Brandschutzbeauftragten veröffentlicht. Können Sie uns dazu noch etwas sagen?

Lars Oliver Laschinsky: Das durch den Verein der Brandschutzbeauftragten in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Feuertrutz-Verlag und dem VdS herausgegebene Fachbuch erläutert und kommentiert die vfdb-Richtlinie 12-09/01:2009-03 praxisnah und leicht verständlich. Mit diesem Buch möchten wir die bestehenden Vorschriften und Regelungen nicht ergänzen oder erweitern, sondern die Anwendung der vfdb-Richtlinie im Zusammenhang mit den bestehenden technischen und organisatorischen Pflichten kommentieren. Wir möchten mit unseren Empfehlungen einerseits Arbeitgeber, Unternehmer und Gebäudebetreiber in die Lage versetzen, ihre Pflichten im Brandschutz durch die Bestellung eines beratenden Brandschutzbeauftragten wahrzunehmen. Andererseits möchten wir die erforderliche Qualifikation, Aus- und Fortbildung eines Brandschutzbeauftragten näher beschreiben, damit er die an ihn gestellten Erwartungen zur Beratung, Organisation und Überwachung im betrieblichen Brandschutz auch erfüllen kann.

Welche weiteren Projekte sind in nächster Zeit vom vbbd zu erwarten?

Lars Oliver Laschinsky: In Zuge der europäischen und internationalen Vereinheitlichung werden viele Vorschriften, Normen und technische Anforderungen geändert oder neu geschaffen. Hier versuchen wir die Interessen der Brandschutzbeauftragten und der von ihnen betreuten Unternehmen zu vertreten und in der Arbeit zu unterstützen. Jüngstes Beispiel ist die Änderung der 1995 mit der BGV A8 eingeführten Sicherheits-, Fluchtweg- und Brandschutzzeichen durch die ISO-Norm 7010. Eine generelle Gefährdungsbeurteilung im Rahmen einer Abschlussarbeit im Studiengang Security & Safety Engineering der Hochschule Furtwangen soll im Auftrag des vbbd die Frage klären, ob die in den Betrieben bekannten „alten" europäischen Kennzeichnungen beibehalten werden können oder wann sie gegen die „neuen" internationalen Zeichen ersetzt werden sollten. Insgesamt möchten wir künftig in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Institutionen unseren Mitgliedern mehr grundsätzliche Hinweise und Arbeitshilfen geben, damit sie ihre Aufgaben und Tätigkeiten rechtssicher erfüllen können.

Herr Laschinsky, besten Dank für das Gespräch.

Kontakt

Institut Laschinsky / vbbd

Magdeburger Str. 2
45549 Sprockhövel

+49 2324 916976
+49 2324 916977