Brandschutz

Interview mit Voice of Fire-Referent Michael Ulman

02.09.2015 - In den letzten Jahren haben sich einige Brandkatastrophen ereignet, bei den viele Todesopfer zu beklagen waren zum Beispiel am Flughafen Düsseldorf, im Mont-Blanc-Tunnel und dem G...

In den letzten Jahren haben sich einige Brandkatastrophen ereignet, bei den viele Todesopfer zu beklagen waren – zum Beispiel am Flughafen Düsseldorf, im Mont-Blanc-Tunnel und dem Gotthard-Tunnel. Die Analyse der Ursachen und Möglichkeiten zur Vermeidung haben neue Erkenntnisse gebracht, die ihren Niederschlag in neuen Bauverordnungen fanden. GIT SICHERHEIT befragte dazu Michael Ulmann, Prüfsachverständiger und Brandschutzreferent, der auf dem Symposium Voice of Fire im Oktober dazu referieren wird.

GIT SICHERHEIT: Herr Ulman, Sie werden beim Symposium Voice of Fire am 9.Oktober in Forchheim zum Thema „Funktionserhalt im Brandfall“ sprechen. Geben Sie uns eine kleine Vorschau?

Michael Ulman: Ich werde in diesem Zusammenhang auf unterschiedliche Lösungen aufmerksam machen. Nicht alles muss mit „orangen oder roten E30-Leitungen“ ausgeführt werden, um nur ein Beispiel zu nennen. Ein weiterer Punkt wird, berufsbedingt, die Abnahme nach SPrüfV (Sicherheitsanlagen-Prüfverordnung Bayern) sein. Dabei geht es auch darum, welche Möglichkeiten die Errichterfirma hat, die Prüfung maßgeblich zu beeinflussen.

Wie ist der Begriff des Funktionserhalts im Brandfall genau definiert?

Michael Ulman: Funktionserhalt bedeutet, dass elektrische Leitungsanlagen für bauordnungsrechtlich vorgeschriebene sicherheitstechnische Anlagen so beschaffen oder durch Bauteile abgetrennt sein müssen, dass diese Anlagen im Brandfall ausreichen lange funktionsfähig bleiben. Diese Definition steht in der Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (MLAR).

Was muss im Vorfeld in der Bauphase beachtet werden, um die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten?

Michael Ulman: Zum einen muss das Schutzziel eindeutig definiert werden: Welche Anlagen werden wo benötigt und wie lange müssen diese im Brandfall funktionieren? Zum anderen ist eine qualifizierte Fachplanung unumgänglich – bei Brandmeldeanlagen (BMA) und Sprachalarmanlagen (SAA) durch zertifizierte Fachplaner nach DIN 14675.

Welche Baustoffe sind besonders sicher, gibt es dort neue Entwicklungen?

Michael Ulman: Um Funktionserhalt zu erreichen, gibt es viele Möglichkeiten. Dazu gehören beispielsweise die Ausführung von Leitungsanlagen in Funktionserhalt E30-90 nach DIN 4102 Teil 12. Hierbei werden die Leitungen so ausgeführt, dass sie auch bei direkter Brandbeaufschlagung die Funktion nicht verliert, zum anderen redundante Einspeisungen mittels Leitungen, die voneinander durch Bauteile mit einer Feuerwiderstandsdauer getrennt sind; durch die sogenannte Ringbustechnologie, die bei BMA mittlerweile Standard ist und zunehmend auch bei SAA eingesetzt wird. Hierbei wird die Ringleitung beim Auftrennen aufgrund eines Brandes in Form von zwei Stichleitungen weiter betrieben.

Was muss im Bereich der Brandmeldeanlage beachtet werden?

Michael Ulman: Es muss klar unterschieden werden, ob die BMA auch zusätzlich die Alarmierung übernimmt. Bei gleichzeitiger Alarmierung muss die BMA nach MLAR einen höheren Funktionserhalt erfüllen.

Für welche Bereiche prüfen Sie beim TÜV Süd hauptsächlich?

Michael Ulman: Ich bin baurechtlich anerkannter Prüfsachverständiger für sicherheitstechnische Anlagen, Schwerpunkt Brandmelde- und Sprachalarmierungsanlagen. Der Schwerpunkt meiner Tätigkeit verlagert sich aber immer mehr in die baubegleitende Prüfung während der Ausführung. So können Fehler bereits im Entstehen erkannt und vermieden werden, was nach Fertigstellung in der Regel ein großes zeitliches und finanzielles Problem darstellt. Zudem bin ich Fachreferent für die TÜV SÜD Akademie in den Bereichen Brandschutz und sicherheitstechnische Anlagen.

Wo gibt es nach Ihrer Erfahrung die meisten Probleme, wo werden die meisten Fehler gemacht?

Michael Ulman: Die meisten vermeidbaren Fehler liegen noch in der ungenauen Definition des Schutzzieles. Erst wenn das klar und ausreichend festgelegt ist, kann eine vernünftige Planung und Ausführung erfolgen. Hier hat auch die Zertifizierung nach DIN 14675 dazu geführt, dass sich Fachplaner und Errichter stetig verbessert haben und auf einem hohen Niveau arbeiten. Fehlerhafte Gerätschaften kommen bei meinen Abnahmen äußerst selten vor.

Welche Normen und Gesetze haben sich aktuell verändert?

Michael Ulman: Im Bereich der Sprachalarmierung haben wir seit Oktober 2014 die neue DIN VDE 0833 Teil 4. Änderungen haben sich ergeben u.a. bei der Ausfallsicherheit und den sogenannten Sicherheitsstufen. Auch mit Einführung der neuen Hochhausrichtlinie Bayern in der Fassung von März 2015 ergeben sich baurechtliche Anforderungen an den Einsatz von Sprachalarmierungsanlagen, wo bisher keine gefordert waren.

Was bedeutet dies konkret für die Errichter und Bauherren?

Michael Ulman: Weiterbildung ist das A und O. Die Errichter müssen die aktuelle Normen- und Vorschriftenwelt kennen, um bei der Abnahme keine Schwierigkeiten mit dem TÜV-Sachverständigen zu bekommen. Die Bauherren können maßgeblichen Einfluss bei der Definition der Schutzziele ausüben und damit Art und Umfang sicherheitstechnischer Anlagen mitbestimmen.

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